Nach Abschiebungen: Bürger fordern Antworten von Kurz

Ein Schwall an Empörung ist Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag beim Bürgerdialog in Bregenz entgegengeschlagen. Angesichts zweier umstrittener Abschiebungsfälle in Vorarlberg verlangten Bürger und Kommunalpolitiker Antworten von Kurz zum Thema Asyl.

Kurz war mit etwas Verspätung zu einem Bürgerdialog zur Zukunft der EU im Bregenzer Landhaus im Vorfeld der am Nachmittag beginnenden EU-Subsidiaritätskonferenz eingetroffen. Als er wenig später nach seinem Statement zu seinem nächsten Termin aufbrechen wollte, empörten sich mehrere Besucher lautstark - und forderten vom Bundeskanzler einen Dialog. „Wir gehen lieber auf die Straße demonstrieren, wenn Sie hier nicht reden wollen“, rief einer der Zuhörer Kurz zornig entgegen.

Störaktion bei Bürgerdialog

Im Landhaus hat zu Beginn der EU-Konferenz ein Bürgerdialog stattgefunden. Dabei ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen der jüngsten Abschiebungs-Fälle kritisiert worden.

ORF-Redakteur Roman Neugebauer hat die Szene mit seinem Smartphone festgehalten:

Während des Bürgerdialoges stürmte plötzlich die Hohenemser Kommunalpolitikerin Sigrid Brändle (FPÖ und Parteifreie) ans Rednerpult und kritisiert die Bundesregierung für ihre unmenschliche Flüchtlingspolitik.

Der Bundeskanzler stellte sich den Fragen, verteidigte den Rechtsstaat und verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz. Weder würden Politiker noch Demonstranten die Entscheidungen über Asylrecht treffen, sondern Asylrichter. „Die Entscheidung über Asyl ist oft nicht einfach. Ist jemand Christ? Ist jemand homosexuell? Ich weiß nicht, wie man so etwas überprüft. Asylrichter zu sein, ist ein sehr schwerer Job“, stellte Kurz fest. Auch beim humanitären Bleiberecht seien es die Asylrichter, denen die Entscheidung obliege. Abschiebungen seien immer nur das letzte Mittel.

Landhaus innen: Konferenz

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Konferenz im Landhaus in Bregenz

„Mehrheit der Bundesländer anderer Meinung“

Den Wunsch des Landes Vorarlberg nach einem Mitspracherecht beim humanitären Bleiberecht kenne und respektiere er, allerdings sei die Mehrheit der anderen Bundesländer anderer Meinung. Kurz wies auch darauf hin, dass das Mitspracherecht der Länder bereits 2014 - vor dem Antritt der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung - abgeschafft worden sei mit dem Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen. Auch stammten die geltenden Asylgesetze aus der Zeit vor seiner Kanzlerschaft. „Seien Sie sich dessen bitte bewusst“, bat Kurz, bevor man einen Hass gegen ihn persönlich und andere Mitglieder der Bundesregierung entwickle.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

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Bundeskanzler Sebastian Kurz

Auch die grüne Landatagsgeordnete Vahide Aydin attackierte Kurz massiv und ein Bürger hinderte den Kanzler am vorzeitigen Gehen zum nächsten Termin.
Beim anschließenden Besuch der Fachwerkstätten der Lebenshilfe in Schwarzach stellte Kurz dann klar: Das Vorarlberger Bestreben nach mehr Mitsprache beim humanitären Bleiberecht wird vorerst nicht erfüllt.

Subsidiaritätskonferenz in Bregenz

Zu Beginn der Europäischen Subsidiaritätskonferenz in Bregenz fand Montagvormittag im Landhaus ein Bürgerdialog statt. Den Fragen stellten sich sieben Repräsentanten der EU-Kommission und anderer Europäischer Gremien sowie Bundes- und Landespolitiker - mehr dazu in Europa: tolles Projekt oder Ärgernis? und TV-Sendung: Focus Europa - Dialog der Regionen (vorarlberg.ORF.at).

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