Emotionale Debatte über Flüchtlingspolitik

Die jüngsten Abschiebefälle in Vorarlberg sind am Mittwoch im Zentrum der „Aktuellen Stunde“ im Landtag gestanden. Mit Ausnahme der FPÖ treten alle Landtagsparteien dafür ein, dass die Länder in Asylfragen wieder ein Mitspracherecht haben sollen.

Eine gut integrierte Familie um fünf Uhr früh mit einem Großaufgebot der Polizei abzuholen und für die Abschiebung die schwangere Mutter von ihrem dreijährigen Kind und Gatten zu trennen, sei kein Einzelfall mehr, sondern hat laut Adi Gross von den Grünen inzwischen System: „Die ganze Vorgehensweise ist geprägt von einer erschreckenden Unmenschlichkeit.“ Es gäbe Spielräume, betonte Gross, das Innenministerium habe aber jedes Augenmaß verloren. „Humanitäres Bleiberecht gehört also wieder in die Länder.“

Mehr Länderkompetenz gefordert

Nach den jüngsten Abschiebefällen haben sich bei der Landtagssitzung außer den Freiheitlichen alle Parteien für mehr Länderkompetenz beim humanitären Bleiberecht ausgesprochen. Vorausgegangen war eine sehr emotionsgeladene Debatte.

ÖVP will menschliches Vorgehen

Eine Forderung, der sich auch die ÖVP anschließt, wie Martina Rüscher erklärt: „Asylverfahren können und werden auch weiterhin leider in einigen Fällen negativ ausgehen. Dort brauchen wir bei der Umsetzung ein menschliches Vorgehen.“ Eine Politik ohne Menschlichkeit mache Angst: „Das ist nicht die Politik der Vorarlberger Volkspartei.“ Allerdings muss sich laut Rüscher auch die Asylpolitik des Landes immer an geltendem Bundesrecht orientieren.

Scheffknecht: Widerstand als Pflicht

Dass man sich deswegen an dem orientieren müsse, was der Bund entscheidet, gelte aber nicht, meint Sabine Scheffknecht von den NEOS: „Der Meinung bin ich absolut nicht. Und da teile ich die Meinung von Bertolt Brecht, der gesagt hat: ‚Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht‘. Und an diesem Punkt sind wir im Moment.“

Bitschi räumt Fehler bei Abschiebungen ein

Mitnichten, widerspricht die FPÖ, wenngleich Christof Bitschi bezüglich der jüngsten Abschiebefälle in Vorarlberg erstmals Fehler eingesteht. Abschiebungen müssten mit einem hohen Maß an Menschlichkeit durchgeführt werden. „Und es hat beim Vollzug Fehler gegeben. Das Innenministerium hat diesen Fehler korrigiert, hat ihn zugegeben...Wir stehen für Menschlichkeit, wir stehen aber auch dafür, dass der Rechtstaat auch in Zukunft Bestand hat.“ Soll heißen: Asyl und Zuwanderung strikt trennen und alle Asylfragen in Bundeskompetenz belassen.

Auer: Kein Rechtstaat mehr

Sicher nicht, kontert Manuela Auer von der SPÖ. Die türkis-blaue Bundesregierung habe das humanitäre Bleiberecht de facto abgeschafft und die aktuelle Flüchtlingspolitik zeige: „Das ist kein Rechtstaat mehr. Das kann in Österreich, in einer bestehenden Demokratie, von niemandem akzeptiert werden. Hier müssen wir aufstehen und uns wehren.“

Wallner weiter für Bleiberecht als Landeskompetenz

Für Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) steht jedenfalls fest: „Ein dreijähriges Kind von der Mutter zu trennen, eine Familie in der Situation einer Abschiebung auseinanderzureißen, ist falsch und unmenschlich.“ Er wünsche sich „eine stärkere Mitsprachemöglichkeit der Länder, der Gemeinden auch, aber insbesondere der Länder, wenn es um die Frage humanitäres Bleiberecht geht.“

Mit Ausnahme der FPÖ wollen alle Parteien am Donnerstag beschließen, dass die Landesregierung vom Bund wieder eine Mitsprache beim humanitären Bleiberecht einfordern soll.

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