Altersschwindel trifft jeden ab 80

Im Festspielhaus in Bregenz tagen derzeit rund 500 Experten aus dem Bereich Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Im Mittelpunkt steht die Altersmedizin. Laut Experten trifft Altersschwindel jeden ab 80 Jahren. Viele Beschwerden würden aber auch unerkannt bleiben.

Altersschwindel, Schwerhörigkeit, Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken oder Störungen der Riech- und Schmeckfunktion - all das sind Erscheinungen, die mit zunehmendem Alter auftreten. Diese Erkrankungen würden die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken und führten vor allem zum Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben, sagt Wolfgang Elsäßer, Primar der HNO-Abteilung am Landeskrankenhaus Feldkirch und amtierender Präsident der österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde.

HNO-Kongress zum Thema Altersmedizin

Im Bregenzer Festspielhaus findet ein viertägiger Kongress für Hals-, Nasen-, Ohrenspezialisten statt. Rund 500 Teilnehmer sind gekommen.

Altersschwindel weit verbreitet

Rund 30 Prozent der über 70-jährigen Menschen seien vom Thema Altersschwindel betroffen. Ab 80 Jahren sei sogar jeder betroffen, so Elsäßer. „Während Schwindel bei jüngeren Menschen meistens eine klar erkennbare Ursache hat, ist er bei älteren Menschen häufig das Ergebnis körperlicher Veränderungen, alterstypischer Erkrankungen oder Nebenwirkungen verschiedener Medikamente“, informiert Elsäßer aus einem seiner Fachgebiete.

HNO-Arzt

Mathis

HNO-Untersuchung

Zu den alterstypischen Erkrankungen, die die Funktion des Gleichgewichtssystems beeinträchtigen können, gehören Herz-/Kreislauferkrankungen, Gefäßerkrankungen, Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, Parkinson oder aber auch die Altersdemenz.

Schwindel führt zu Unsicherheit

Gerade länger dauernder oder wiederkehrender Schwindel führt zu Unsicherheit beim Gehen und ist oft mit einer Angst vor Stürzen verbunden – mit oft schwerwiegenden Folgen: „Die Reaktionen lassen im Alter nach, erleiden ältere Menschen häufig komplizierte Knochenbrüche. In 20 Prozent der Fälle erholen sich die Betroffenen nicht mehr von den Folgen und werden zum Pflegefall. Andere ziehen sich aus Angst vor einem erneuten Sturz komplett zurück, leiden unter Einsamkeit und werden depressiv. Rückzug bedeutet auch Bewegungsmangel, aber auch Einbuße der Gleichgewichtsorgane“, warnt der Vorarlberger HNO-Experte Dr. Elsäßer.

Auch Verlust des Hörvermögens führt zu Isolation

Auch der Verlust des Hörvermögens führe bei Nicht-Behandlung letztendlich zur Isolation des Patienten, erklärt Peter Franz vom Donauspital in Wien. Frühzeitige Hörtests, rechtzeitig eingesetzte Hörgeräte und bei völligem Hörverlust ein Hörimplantat, schützten davor, so Franz. Völlig unterschätzt sind altersbedingte Schluckstörungen, macht Patrick Zorowka von der medizinischen Universität Innsbruck aufmerksam.

Unerkannte Schluckfunktionsstörung

„Mit zunehmendem Alter nehmen nicht nur Stimmleistung und -belastbarkeit ab, sondern können auch altersbedingte Schluckstörungen eintreten“, erklärt Univ. Prof. Patrick Zorowka von der Medizinischen Universität Innsbruck. „Darunter leiden z.B. über 60 Prozent der Bewohner von Seniorenheimen, was gravierende Gesundheitsfolgen wie Unterernährung (Malnutrition) und die Abnahme der Muskelmasse (Sarkopenie) haben kann; eine Aspiration (Eindringen von flüssigen oder festen Stoffen in die Atemwege) kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie einer Pneumonie (Lungenentzündung) bedingen“, beschreibt der Innsbrucker Experte.

Auch psychosoziale Folgen sind mit Schluckstörungen verbunden, da der Betroffene zunehmend die Gesellschaft anderer und die Öffentlichkeit meidet. Das rechtzeitige Erkennen und Behandeln einer Schluckstörung hingegen kann schwerwiegende und gesundheitsgefährdende Folgen vermeiden.

„In vielen Fällen ist das Bewusstsein einer altersbedingten Schluckstörung schon hilfreich. Durch Anpassung der angebotenen Speisen und Getränke können etwa folgenschwere Komplikationen einer Schluckstörung vermieden werden“, so Zorowka. „Deshalb kommt der Aufklärung und Vermittlung von Hinweisen einer Schluckstörung eine große Bedeutung zu.“ Um die Stimme zu erhalten, rät der Experte daher zu Vorsorgemaßnahmen und Stimmhygiene, auch zu logopädischer Therapie und in Einzelfällen zu operativen Maßnahmen.

Rat zur HPV-Impfung

Das als HPV bekannte Humane Papilloma-virus löst nicht nur Gebärmutterhalskrebs aus, sondern auch verschiedende Kopf- und Halskrebserkrankungen, so Dietmar Thurnher von der medizinischen Universität Graz. Thurnher sagt, dass rund 80 Prozent aller Personen im Laufe ihres Lebens mit dem HP-Virus in Kontakt kommen. Den besten Schutz bietet laut Thurnher die HPV-Impfung, die im Rahmen des Schulimpfprogramms für Kinder bis 14 Jahre gratis ist. Auch wenn ein Patient HPV-positiv ist, kann eine Impfung laut Thurnher noch im Erwachsenenalter Schutz bieten.