Landeshauptleute: Reformpartnerschaft mit Bund

Die Regierungschefs aller Bundesländer haben sich am Freitag in Feldkirch zur Landeshauptleute-Konferenz getroffen. Auf der Abschlusssitzung beschlossen sie ihre „Wunschliste“ an die neue Bundesregierung. Die Landeshauptleute wollen unter anderem die Kompetenzaufteilung mit dem Bund neu regeln.

Zur „Wunschliste“ an die neue Bundesregierung gehört auch das EU-Positionspapier, das in den Medien für einigen Wirbel sorgte, und zwar deshalb, weil die Länder in bestimmten Bereichen wie Bodenschutz und Sozialfragen weniger Einmischung aus der Union fordern. Generell bekennen sich die Länder aber zu einem starken Europa, das vor allem in der Sicherheitspolitik, im Grenzschutz und in der Flüchtlingsfrage eng zusammenarbeiten müsse.

In Hinblick auf die EU sprachen sich die Landeshauptleute für ein konsequentes Subsidiaritätsprinzip aus. Was die Staaten und Regionen besser machten als die EU, sollen sie auch selbst regeln, etwa Gesundheit, Soziales, Bildung und Katastrophenschutz. Die Kompetenzen Europas bei Themen wie Außengrenzschutz, Asyl, Sicherheit, Migration und Binnenmarkt stünden außer Frage. Auch hier sei eine klare Kompetenzaufteilung nötig. Die Gespräche der Landeshauptleute seien in sehr konstruktiver Atmosphäre verlaufen.

Wallner: Stärkere wirtschaftspolitische Kooperation

Für den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ist es ganz klar, dass Österreich sich weiterhin verstärkt in Europa integrieren muss und die Zusammenarbeit intensiviert werden soll. Wallner kann sich zudem eine noch engere wirtschaftspolitische Kooperation vorstellen, damit der Binnenmarkt gestärkt wird. Jedoch gebe es auch einige Themen, die die Nationalstaaten besser allein regeln könnten, so Wallner.

Forderung: Kompetenzaufteilung neu regeln

Die Landeshauptleute wollen zudem die Kompetenzaufteilung mit dem Bund neu regeln sowie Doppelgleisigkeiten in Verwaltung und Administration abschaffen. Der künftigen Bundesregierung mache man ein Angebot zur Reformpartnerschaft. Man schlage vor, den Paragrafen 12 der Bundesverfassung, der die Grundsatzgesetzgebung durch den Bund festlegt und die Ausführungsgesetzgebung den Ländern überlässt, ersatzlos zu streichen. In einer gemeinsamen Entscheidung müsste in einem Gesamtpaket dann neu festgelegt werden, wer welche Kompetenzen übernehme, so Wallner.

Sonderbehörden des Bundes in den Ländern könnten in die Länderverwaltung integriert werden. „Weg mit Doppelgleisigkeiten, hin zu klaren Kompetenzen“, forderte er einen „modernen Föderalismus“. „Es muss allen klar sein, dass größere Reformvorhaben jedenfalls eine enge Abstimmung mit den Ländern benötigen“, betonte Wallner. Eine enge Einbindung der Länder sei notwendig.

Die Länder bestehen auf ihren ORF-Stiftungsräten

In Hinblick auf mögliche Veränderungen, die die künftige Bundesregierung für den ORF plant, hielt Gastgeber Wallner fest: „Die Bundesländer wollen ihre Stiftungsräte behalten.“ Damit werde die regionale Verankerung des ORF sowie der regionale Informationsauftrag sichergestellt.

Abschaffung des Pflegeregresses als Thema

Bei der Landeshauptleute-Konferenz war auch die Abschaffung des Pflegeregresses ein Thema. Für Wallner ist verfassungsrechtlich völlig klar: Wenn der Bund den Pflegeregress abschafft, muss er auch die Kosten dafür tragen. Wallner ist aber optimistisch, dass es eine Lösung geben wird. Signale seitens des Bundes seien bereits vorhanden, die endgültige Lösung fehle jedoch noch. Und auch beim im vergangenen Jahr beschlossenen Finanzausgleich müsse der Bund zu seiner Linie stehen. Dafür seien die Länderchefs bereit, bei der Staatsreform dem Bund entgegenzukommen.

Gegen weitere Natura-2000-Gebiete

Die Landeshauptleute haben sich bei ihrer Konferenz zudem gegen weitere Natura-2000-Gebiete ausgesprochen. Man verlange ein Ende des Vertragsverletzungsverfahrens und werde keine Nachnominierungen vornehmen, betonte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Diese soll es nur geben, wenn eine Evaluierung der anderen EU-Staaten einen Rückstand Österreichs aufzeigt.

Man wolle zuerst wissen, wie Österreich im Vergleich mit anderen EU-Staaten dastehe. „Wir sind der Meinung, dass wir mehr Gebiete gemeldet haben als andere Länder. Nur bei einem deutlichen Rückstand sind Nachnominierungen möglich“, erklärte Platter. Man bekenne sich klar zum Naturschutz, doch die Brüsseler Vorgaben nähmen einigen Regionen jeden Spielraum - mehr dazu in kaernten.orf.at

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Landeshauptleutekonferenz in Feldkirch
Im Beitrag zu Wort kommen: Markus Wallner (Landeshauptmann Vorarlberg), Günther Platter (Landeshauptmann Tirol) und Michael Häupl (Bürgermeister Wien).

Große Kritik vom WWF

Der WWF Österreich zeigte sich von den Beschlüssen der Landeshauptleute empört. „Wir müssen das heimische Naturerbe bewahren, anstatt es weiter zu schwächen. Daher ist es völlig inakzeptabel, dass sich die Bundesländer vor ihren Verpflichtungen drücken wollen. Das ist Arbeitsverweigerung auf Kosten von Natur und Umwelt“, kritisierte Christoph Walder, Bereichsleiter Naturschutz beim WWF, das EU-Positionspapier der Länder.

Besonders kritisch sieht Walder die Weigerung der Landeshauptleute, noch fehlende Natura-2000-Gebiete nachzunominieren. „Die Bundesregierung darf jetzt dem Druck der Länder nicht nachgeben und muss alles dafür tun, dass Österreich vom Nachzügler zum Vorreiter wird. Ansonsten drohen neben Umweltschäden auch Strafzahlungen in Millionenhöhe“, warnte Walder vor den Folgen von EU-Vertragsverletzungsverfahren.