Offshore-Enthüllungen: Spur führt auch zur Hypo

Bei den Panama-Papers handelt es sich um das größte Steueroasen-Datenleck der Geschichte. Sie decken zweifelhafte Finanzdeals und Briefkastenfirmen auf der ganzen Welt auf. Auch die Hypo Vorarlberg taucht wiederholt und prominent in den Papieren auf.

Insgesamt 376 Journalisten mehrerer Medien - darunter auch des ORF - haben acht Monate lang rund 11 Millionen Dokumente aus den Jahren 1977 bis 2015 ausgewertet. Dabei deckten sie die Vernetzungen von 214.488 Briefkastenfirmen auf. Sie zeigen, wie Banken, Anwaltsfirmen und andere Vermittler möglicherweise zweifelhafte Vermögen in Steueroasen verstecken - mehr dazu in Panama Papers: Datenleck enthüllt Offshore-Geheimnisse.

Auch zwei österreichische Banken tauchen prominent und wiederholt auf: Die Raiffeisenbank International (RBI) und die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank (Hypo Vorarlberg) - mehr dazu in RBI und Hypo Vorarlberg: Verdeckte Finandeals heimischer Banken. Bei der Hypo sollen 20 Offshore-Gesellschaften Konten unterhalten haben, für weitere 30 Verbindungen soll es valide Hinweise geben.

Kontakt über Liechtensteiner Treuhänder

Laut diesen Dokumenten pflegte die Hypo bis 2015 umfangreiche geschäftliche Kontakte mit Offshore-Gesellschaften bzw. stellte diesen Konten zur Verfügung. Diese Geschäfte wurden zwischen den Offshore-Destinationen und der Vorarlberger Bank über Liechtensteiner Treuhänder angebahnt. Diese Treuhänder bestellten Briefkastengesellschaften, hinter denen wieder weitere Briefkastengesellschaften als Eigentümer standen.

Unter Offshore-Finanzplätzen versteht man „Standorte, die sich durch niedrige Steuern, ein hohes Maß an Vertraulichkeit und Geheimhaltung...und eine minimale Finanzmarktaufsicht und -regulierung auszeichnen.“ (Wikipedia)

Die Geschäftsführer all dieser Vehikel wurden immer vom Liechtensteiner Treuhänder nominiert. Ein Konstrukt also, das es Finanzbehörden nahezu unmöglich macht, die wahren wirtschaftlich Begünstigten der Offshore-Gesellschaften ausfindig zu machen. Unklar ist, ob die Liechtensteiner Treuhänder der Hypo gegenüber offengelegt haben, für wen sie die einzelnen Gesellschaften halten.

Spur nach Russland

Die Spuren des Geldes, die über die Hypo Vorarlberg liefen, führen überwiegend nach Russland - etwa zu Adressen wie der Southport Management Services Ltd. auf den Jungferninseln. Dieses Vehikel wird dem Oligarchen Gennadi Timtschenko zugerechnet, der in der Energiewirtschaft ein Vermögen gemacht hat und zu den engsten Vertrauten des amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin zählt. Zudem steht er auf der Sanktionsliste der USA.

Timtschenko lässt auf Anfrage über seine Anwälte ausrichten: „Geschäftliche Angelegenheiten erörtert Herr Timtschenko grundsätzlich nicht öffentlich. Die Wahl seiner Bankverbindung basiert jedenfalls auf rein wirtschaftlichen Überlegungen und nicht - wie Sie versuchen zu unterstellen - aufgrund vermeintlicher politischer Nähe.“

Kramar-Schmid: Immer dieselben Personen dahinter

Ulla Kramar-Schmid vom ORF-Rechercheteam führte am Sonntagabend in einer Sonder-ZIB aus, dass sich gerade bei den Ergebnissen zur Hypo Vorarlberg die Frage stelle, ob die Bank gewusst habe, wer ihre tatsächlichen Kunden sind. Sie verglich die Offshore-Firmen, mit denen die Hypo Kontakt hatte, mit einer russischen Matroschka-Puppe.

Hätte die Bank oder eine Finanzaufsicht nachgefragt, wäre man bei den Direktoren jeder dieser „Puppen“ wieder bei denselben Geschäftsführern eines Treuhänders in Liechtenstein gelandet, gab Kramar-Schmid zu bedenken.

Hypo Vorarlberg dementiert

Die Hypo dementierte indes jegliche Vorwürfe der mangelnden Sorgfaltspflicht. „Bezüglich der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers verweisen wir generell auf die verpflichtende Feststellung seit 2008. (...) Das Einholen von Firmendokumenten ist ein üblicher Vorgang und beruht unter anderem auf der gesetzlichen Vorgabe.“

Die Bank verfolge in ihrer Geschäftspolitik eine „rigorose Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen“: „Dies betrifft natürlich auch alle Regelungen zur Verhinderung von Geldwäscherei. Die Implementierung aller Vorschriften wird sowohl von der internen Revision als auch dem Bankprüfer überprüft.“

Keine Stellungnahme zu Russland-Spur

Was die Beziehungen zu Southport Management Services Ltd. betrifft, hüllt sich die Hypo in Schweigen und verweist auf ihre Verschwiegenheitspflicht. Es sei nicht möglich, „Auskünfte darüber zu erteilen, ob eine Geschäftsbeziehung besteht oder eben auch nicht besteht“.

Rüdisser stellt sich vor Hypo

Die Enthüllungen sind deswegen besonders brisant, weil es sich bei der Hypo Vorarlberg um eine Bank im Landesbesitz handelt. Das Land Vorarlberg besitzt 76,0308 Prozent der Stammaktien, 23,9692 Prozent hält die Austria Beteiligungsgesellschaft m.b.H. Letztere gehört wiederum der Landesbank Baden-Württemberg und der Landeskreditbank Baden-Württemberg.

Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) - er sitzt im Aufsichtsrat der Hypo Vorarlberg - sagte noch am Sonntagabend, er schließe eine Gesetzwidrigkeit im Vorgehen der Bank „dezidiert“ aus. SPÖ und NEOS forderten am Montag eine Sondersitzung des Kontrollauschusses im Vorarlberger Landtag, die SPÖ drohte gar mit einem Untersuchungsausschuss. Am Nachmittag hat Obmann Daniel Allgäuer (FPÖ) eine außergewöhnliche Kontrollausschusssitzung einberufen - mehr dazu in: Hypo: Außergewöhnliche Kontrollausschussitzung.

Wallner kündigt Sonderprüfung an

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Hypo-Vorstandsvorsitzender Michael Grahammer haben sich am Montagvormittag erstmals gemeinsam zu den Offshore-Enthüllungen geäußert. Wallner kündigte eine externe Sonderprüfung an, Grahammer betonte die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Hypo Vorarlberg - mehr dazu in Wallner kündigt externe Prüfung der Hypo an.

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