Empörung über Vorgänge in Egg hält an

Eine Bürgermeister-Kandidatin macht einen Rückzieher, weil Bürger ihr nicht zutrauen, Kinder und Amt zu vereinbaren. Diese Situation, eingetreten vor drei Tagen in Egg, sorgt vielerorts für Entrüstung. Frauenvertreterinnen sind nicht überrascht von den Angriffen auf die Kandidatin.

Das Frauenbild, das manche Bürger in Egg offenbar haben, sorgte im ganzen Land für Empörung: Bürgermeister-Kandidatin Carmen Willi hat letzte Woche am Tag ihrer geplanten Wahl die Kandidatur zurückgezogen, weil es verletzende anonyme Angriffe auf sie gegeben habe und sie ihre Familie vor solchen Vorfällen schützen wolle. Mehr dazu in Willi: „Manche sehen Mutter als ungeeignet“.

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Entrüstung über Angriffe auf Kandidatin

Im Beitrag: Amanda Ruf, Stefania Pitscheider-Soraperra, Manuela Auer, Vizepräsidentin der Arbeiterkammer, und Angelika Schwarzmann.

Bürgermeisterin mit vier Kindern: „Schäme mich“

Angelika Schwarzmann, Bürgermeisterin in der Nachbargemeinde Alberschwende, sagt, sie schäme sich für die Reaktionen der Bürger. Als vierfache Mutter in einer politischen Führungsfunktion weiß sie, wovon sie spricht: Natürlich sei ein solches Amt eine besondere Herausforderung - für jeden, egal ob Mann oder Frau. Nur werde ein Mann nie gefragt, ob es für ihn eine Herausforderung sei, Familie und Beruf zu vereinen - das passiere nur bei Frauen. Sie sei entsetzt.

„Landeshauptmann hat auch drei Kinder“

Das ist auch Amanda Ruf vom Verein Amazone: Menschen mit mehreren Kindern in politischen Ämtern seien doch gang und gäbe - bei Männern sei es sogar lobenswert, wenn sie mehrere Kinder hätten. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) habe drei Kinder und trage zur selben Zeit die Verantwortung für 380.000 Vorarlberger.

„Geschehnisse sind gesellschaftlicher Rückschritt“

Die Leiterin des Frauenmuseums Hittisau, Stefania Pitscheider Soraperra, geht sogar noch weiter und bezeichnet die Geschehnisse in Egg als gesellschaftlichen Rückschritt. Für sie bricht in dieser Diskussion der „konservative Vorarlberger“ durch. Gerade Vorarlberg verstehe sich als moderne, fortschrittliche Region, etwa in Architektur oder Innovationen. Zur selben Zeit würden aber traditionelle Rollenbilder vorherrschen, und es gebe eine Lohnschere von 30 Prozent, womit das Land zu den europäischen Schlusslichtern gehöre.

Für sie muss die Politik dafür sorgen, dass Frauen mehr Einfluss in Führungsebenen bekommen - auch mit der „bitteren“ Erkenntnis, dass dadurch Männer Macht hergeben müssen.

Interreg-Projekt für Frauen in Führungspositionen

Der Verein Amazone und Eva Häfele organisieren seit Ende vergangenen Jahres das internationale Projekt „betrifft:frauen entscheiden“ in Liechtenstein, Graubünden und Vorarlberg, das Mädchen und junge Frauen darin bestärken soll, sich für Entscheidungsgremien zu interessieren.

Die länderübergreifenden Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass der Frauenanteil in Führungs- und Entscheidungsgremien höher wird. Der Verein Amazone führt im Rahmen des Projekts ein länderübergreifendes Mädchenparlament, Workshopreihen für Mädchen und Frauen, ein Fachsymposium, Informationsveranstaltungen und Workshops für Medienschaffende durch.