Bludenz und Hohenems haben die Wahl

In Bludenz und Hohenems werden heute die Bürgermeister-Stichwahlen wiederholt. In beiden Städten zeichnet sich ein enges Rennen ab. Lesen Sie hier einen Rückblick auf den „Nicht-Wahlkampf“, der dann doch einer war.

In Bludenz stehen sich Bürgermeister Josef „Mandi“ Katzenmayer (ÖVP) und Mario Leiter von der SPÖ-nahen „Liste Mario Leiter“ gegenüber, in Hohenems fordert FPÖ-Landesobmann Dieter Egger den amtierenden ÖVP-Bürgermeister Richard Amann heraus. Zuletzt sah eine Umfrage der „Vorarlberger Nachrichten“ zwar leichte Vorteile für Katzenmayer in Bludenz und Egger in Hohenems. Wer das Rennen aber tatsächlich macht, wird in entscheidendem Ausmaß von der Wählermobilisierung abhängen, darin sind sich alle Seiten einig.

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Wahlkampf in Bürgernähe

Diese Mobilisierung stand diesmal im Zeichen eines „Nicht-Wahlkampfs“, den die beiden Herausforderer - zunächst Leiter, dann Egger - ausgerufen hatten - mehr dazu in Nicht-Wahlkampf wird ausgerufen. Auf auffällige Plakate und Transparente wurde verzichtet, stattdessen zeigten sich die Bürgermeister-Anwärter auf öffentlichen Veranstaltungen wie Adventmärkten.

Bei manchen dieser Auftritte erhielt Katzenmayer Unterstützung von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), während sich Mario Leiter mit AK-Vizepräsidentin Manuela Auer zeigte - mehr dazu in Wahlkampf trotz „Nicht-Wahlkampf“. Ähnlich war die Situation in Hohenems, auch wenn man hier auf prominenten Beistand verzichtete und sich stattdessen betont bürgernah gab - mehr dazu in Hohenems im Nicht-Wahlkampf. Auch auf Aussendungen wurde nicht ganz verzichtet. Einen „Nicht-Wahlkampf“ mag sich so mancher etwas anders vorgestellt haben.

Der Verfassungsgerichtshof sah es in seinen Erkenntnissen vom 23. November als erwiesen an, dass in Bludenz in 63 Fällen Wahlkarten durch ÖVP-Funktionäre für andere Personen beantragt wurden. Insgesamt sollen in rund 100 Fällen Wahlkarten durch Dritte beantragt worden sein.

In Hohenems sollen mehrere Wahlkarten durch Dritte beantragt worden sein, in wie vielen Fällen genau sei mangels Dokumentation nicht mehr nachzuweisen.

Wahlwiederholung Thema Nr. 1

ORF und „Vorarlberger Nachrichten“ veranstalteten in beiden Städten Diskussionen mit den Kandidaten. Wenig überraschend beherrschte in beiden Städten die Wahlwiederholung selbst die Diskussion. Sowohl in Bludenz als auch in Hohenems war es bei den Bürgermeisterstichwahlen im März zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahlkartenausgabe gekommen. Das veranlasste den Verfassungsgerichtshof schließlich dazu, die Wahlgänge aufzuheben - mehr dazu in Wahlwiederholungen in Hohenems und Bludenz.

Die Herausforderer wurden nicht müde, immer wieder auf die Umstände aufmerksam zu machen, die zu den Wahlwiederholungen geführt hatten. So sprach Leiter in der Wahldiskussion von „100 Gesetzesbrüchen“ bei der Wahlkartenausgabe und machte Katzenmayer dafür verantwortlich. Auch Egger attackierte Amann mehrmals und warf ihm vor, die Vorgänge herunterzuspielen. Anders als Leiter forderte Egger den Bürgermeister auch wiederholt zum Rücktritt auf - direkt und indirekt.

Hohenems-Diskussion zum Nachsehen

Im Löwensaal in Hohenems trafen am Montag Bürgermeister Richard Amann (ÖVP) und Herausforderer Dieter Egger (FPÖ) aufeinander.

Bürgermeister in der Defensive

Die Bürgermeister wählten angesichts dieser Attacken immer wieder dieselbe Taktik - sie räumten Formalfehler und eine gewisse Mitverantwortung ein, wiesen den Vorwurf der Manipulation aber jeweils zurück. Derart in die Defensive gedrängt, taten sich Katzenmayer und Amann oft schwer, selbst Akzente zu setzen und Themen vorzugeben.

Einen kleinen „Coup“ landete einzig Katzenmayer mit seiner Forderung nach einer Kürzung der Politikergehälter - einem Vorschlag, dem auch der Herausforderer nicht widersprechen konnte. Dieter Egger hatte für Hohenems den selben Vorschlag. Amann beschränkte sich darauf, seine Leistungen in den vergangenen Jahren zu unterstreichen und sich selbst als seriösen, kooperationswilligen Politiker zu inszenieren.

Bludenz-Diskussion zum Nachsehen

Bürgermeister Josef Katzenmayer (ÖVP) und Herausforderer Mario Leiter (SPÖ) demonstrierten am Sonntag in der Bludenzer Remise überraschend viel Einigkeit.

Dauerbrenner Innenstadtbelebung und Verkehr

Ansonsten war der „Nicht-Wahlkampf“ in beiden Städten von sehr spezifischen Problemen geprägt. In Bludenz war das der politische „Dauerbrenner“ Innenstadtbelebung, in Hohenems die Frage der Verkehrsführung. Sowohl Bürgermeister Katzenmayer als auch Herausforderer Leiter versuchten, mit Verweisen auf ihr persönliches Engagement um die Innenstadt zu punkten - mehr dazu in Bludenz: Viel Einigkeit bei Wahldiskussion. Leiter führte dabei besonders gerne die von ihm eingefädelte Ansiedlung der ÖBB-Ausbildungswerkstätte ins Treffen, der Amtsinhaber die Neugestaltung der Innenstadt.

Die Bürgermeisterstichwahl am 29. März hatte Josef Katzenmayer (ÖVP) mit nur 27 Stimmen Vorsprung auf Mario Leiter (SPÖ) gewonnen, Richard Amann (ÖVP) erhielt 121 Stimmen mehr als Dieter Egger (FPÖ).

In Hohenems stritten sich Amann und Egger um die zukünftige Verkehrsführung in der Nibelungenstadt: Während der Bürgermeister sein Verkehrskonzept vehement verteidigte, wollte Egger vieles rückgängig machen und das ganze Paket noch einmal neu überdenken - mehr dazu in Heftiger Schlagabtausch in Hohenems. Auffällig dabei: Während sich die Kandidaten in Bludenz oft nur in Nuancen unterscheiden, treffen in Hohenems am Sonntag zwei Kandidaten mit sehr unterschiedlichen, oft gegensätzlichen Positionen aufeinander.

„Schuldfrage“ entscheidend

Wie sich dieser „Nicht-Wahlkampf“ am Sonntag auswirken wird, muss sich erst weisen. Mehr Einfluss als die Sachthemen dürfte aber der Umstand der Wahlwiederholung selbst haben. Unklar ist bislang, welcher Seite die Wahlkarten-Affäre mehr nützt: Ist die Empörung groß genug, um Leiter und Egger auf den Bürgermeistersessel zu hieven? Oder schaffen es die Bürgermeister, ihre Anhänger unter dem Motto „Jetzt erst recht“ zu mobilisieren? Die Anwort darauf erhalten wir am Sonntagnachmittag.

Markus Sturn, vorarlberg.ORF.at