Sibratsgfäll: Weiter Zorn über „Jagdschurken“

Die Ermittlungen der Polizei zur möglichen Wilderei in Sibratsgfäll (Bregenzerwald) gehen am Mittwoch weiter. Bisher ist unklar, wie viele Jäger an einer heftig kritisierten Treibjagd beteiligt waren. Der Bürgermeister von Sibratsgfäll prangerte Verstöße gegen das Jagdrecht an.

Sibratsgfäll erstreckt sich über eine Fläche von rund 30 Quadratkilometern. Das riesige Jagdgebiet ist in vier Reviere aufgeteilt. Angeblich missachteten mehrere Jäger (angeblich zwei bis vier) aus der Schweiz zusammen mit einem einheimischen Jagdaufseher die Reviergrenzen. Die Polizei will am Mittwoch Augenzeugen einvernehmen.

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„Vorarlberg heute“-Beitrag von Theresia Bilgeri, Götz Wagner und Klaus Feurstein

Stadelmann: Jagdrecht missachtet

Die angebliche Wilderei wirbelte in der rund 400 Einwohner zählenden Gemeinde viel Staub auf. Bürgermeister Konrad Stadelmann verurteilte das Vorgehen der Jäger im Jagdrevier Ost scharf. Die Jäger hätten sich weder an die Jagdethik noch an das Recht der Jagd gehalten, so Stadelmann. Der Vorfall ereignete sich vor einer Woche. Einen Rehbock und zwei trächtige Gemsen sollen die Jagdgäste aus der Schweiz mit einem Quad im Tiefschnee zusammengetrieben und abgeschossen haben. Laut Augenzeugen wurden nicht nur Reviergrenzen überschritten, sondern auch Ruhezonen missachtet.

Beschuldigte äußern sich nicht öffentlich

Tierquälerei, Eindringen in ein fremdes Revier, also Wilderei, und Verstöße gegen die Schonzeit stehen im Raum. Die beschuldigten Jäger wollten sich bisher zu den Vorwürfen nicht äußern. Sie sollen sich beim Besitzer der betroffenen Eigenjagd entschuldigt und eine Entschädigung gezahlt haben. Polizeilichen Ermittlungen wurden trotzdem eingeleitet.

Straftatbestand Wilderei

Wilderei ist in Paragraf 137 ff. Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Wer wildert oder schwarzfischt, dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wenn der Schaden über 3.000 Euro beträgt, der Wilderer Eisen, Giftköder, eine elektrische Fanganlage, Sprengstoff angewendet hat oder wenn die Tat gewerbsmäßig, in der Schonzeit, in einer den Wild- oder Fischbestand gefährdenden Weise oder an Wild unter Anwendung von Schlingen erfolgt ist; ebenso, wenn die Tat in Begleitung eines Beteiligten und eine Schusswaffe mitgeführt wird.

Jagdbehörde schaltet sich ein

„Wir haben umgehend die Abschussmeldekarten angefordert“, so der Bregenzer Bezirkshauptmann Elmar Zech. Auch den Bericht der Polizei wird sich die Jagdbehörde vorlegen lassen, um gegebenenfalls ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten. Daneben ist Wilderei auch ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Empörung unter Jägern

In der Jägerschaft regt sich inzwischen starker Unmut über die Schweizer Jäger und den Jagdaufseher. Für eine Treibjagd im tiefsten Winter fehlt das Verständnis. „In eineinhalb Meter Schnee verfolgten sie das Wild auf einem Pistengerät“, so der Augenzeuge und Jäger Reinhold Penz. Von einem fremden Hochsitz sollen sie mehrere Tiere angeschossen und verbluten lassen haben. Für Penz sind die Beschuldigten wörtlich „Schurken“. Zurzeit sollte das Wild aus Gründen des Tierschutzes möglichst in Ruhe gelassen werden. Der Vorfall sei nur die Spitze eines Eisbergs, so Penz.

Albrich: Tierschutz nicht mehr gewährleistet

Mit Tierschutz und Waidgerechtigkeit habe diese Art von Jagd nichts mehr zu tun, so auch Vorarlbergs oberster Jäger Ernst Albrich. Für den Landesjägermeister offenbart der Vorfall in Sibratsgfäll eine „Verrohung der Jagd“. Albrich vermutet eine „gröbliche Verletzung des Tierschutzes“. Das sei das Resultat „extrem strenger Vorgaben des Landes zur Reduktion des Wildes“, kritisierte Albrich. Im Winter sei der Stoffwechsel der Tiere stark verlangsamt. Aufgescheuchtes Wild brauche deshalb außerordentlich viel Kraft und Futter, vor allem, wenn es durch tiefen Schnee gejagt werde.

Die Aufhebung von Schonzeiten und Freihaltezonen sei zwar aus forstlicher Sicht verständlich, so Albrich, aber überzogen. Wild werde lediglich getötet, „egal wie“. Die Jagdethik leide unter dem verordneten Jagddruck, heißt es in den Reihen der Jäger. Der zuständige Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) sagte gegenüber dem ORF, er fordere die lückenlose Aufklärung des Vorfalls von Sibratsgfäll.

Magda Rädler, vorarlberg.ORF.at

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