ÖVP verliert „Absolute“, Grüne als Wahlgewinner

Bei der Landtagswahl 2014 verliert die ÖVP laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis ihre absolute Mehrheit. Sie fällt um neun Prozentpunkte auf 41,8 Prozent. Die Grünen gewinnen 6,5 Prozentpunkte dazu, sie erreichen 17,1 Prozent. NEOS gelingt der Einzug in den Landtag.

Vorläufiges Endergebnis

Im vorläufigen Endergebnis, zur Verfügung gestellt von der Vorarlberger Landesregierung, noch nicht enthalten sind etwa zehn Prozent der Briefwahlkarten. Das Endergebnis mit allen Briefwahlkarten wird am Dienstag vorliegen.

Die FPÖ verliert 1,7 Prozentpunkte und fällt auf 23,5 Prozent. Die SPÖ verliert 1,3 Prozentpunkte auf 8,8 Prozent. NEOS zieht mit 6,9 Prozent in den Landtag ein. 2,0 Prozent entfallen auf die Kleinparteien.

Die Kleinparteien - die Piraten, die Männerpartei, die Liste „Wir“ und die Christliche Partei - kommen gemeinsam auf etwa zwei Prozent. Das ist bei allen zu wenig für einen Einzug in den Landtag.

Die Wahlbeteiligung lag laut vorläufigem Endergebnis bei 63,8 Prozent. Das sind 3,6 Prozentpunkte weniger als bei der vergangenen Landtagswahl 2009, als es 68,4 waren.

Das vorläufige Endergebnis

Vorl. Endergebnis LTW

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Vier Mandate weniger für ÖVP

Für die Mandatsverteilung bedeutet das Ergebnis, dass die ÖVP vier ihrer bisher 20 Mandate verliert und in den nächsten fünf Jahren mit 16 Sitzen erstmals in der Geschichte weniger als 18 Abgeordnete stellen wird. Im Bezirk Bregenz gehen der ÖVP zwei Grundmandate verloren, in den Bezirken Dornbirn und Feldkirch jeweils eines. Wie 2009 eroberte die Volkspartei ein Reststimmenmandat.

Vergabe der Mandate

Vergeben werden die Mandate bei der Vorarlberger Landtagswahl auf zwei Ebenen: In den vier Wahlbezirken werden die Grundmandate, im zweiten Ermittlungsverfahren auf Landesebene die Restmandate vergeben. Am zweiten Ermittlungsverfahren können aber nur die Listen teilnehmen, die entweder im ersten Ermittlungsverfahren ein Grundmandat erreicht oder landesweit auf mindestens fünf Prozent der Stimmen gekommen sind.

Über den Zugewinn von zwei Mandaten dürfen sich die Grünen freuen. Sie werden ab der konstituierenden Landtagssitzung am 15. Oktober von sechs Mandataren vertreten, derzeit sind es vier. Die Grünen eroberten gleich fünf Grundmandate, so viele wie noch nie. Zu den drei Grundmandaten in den Bezirken Bregenz, Dornbirn und Feldkirch (jeweils eines) kommen eines in Bregenz und eines in Feldkirch hinzu. Zudem entfällt ein Reststimmenmandat auf die Grünen.

Keine Mandatsveränderungen gibt es bei Freiheitlichen (neun) und Sozialdemokraten (drei). Die FPÖ schaffte wie 2009 sieben Grundmandate und zwei Reststimmenmandate. Die SPÖ verlor zwar ihr Grundmandat in Dornbirn, dafür erhielt sie zwei Reststimmenmandate (2009: eines).

NEOS zieht erstmals in den Vorarlberger Landtag ein. Die Hürde eines Grundmandats war für die Pinken zwar zu hoch, sie meisterten aber die Fünfprozenthürde, womit sie zwei Reststimmenmandate erhalten. NEOS wird mit zwei Mandaten die Klubstärke (mindestens drei Mandate) verpassen.

Historisches Ergebnis für Schwarz, Grün und Rot

Die Wahl hat ÖVP, Grünen und Sozialdemokraten historische Ergebnisse beschert. Während die Grünen mit einem Stimmenanteil von 17,1 Prozent ein „Allzeithoch“ feiern, verlief der Wahlsonntag für die Volkspartei (41,8 Prozent) und die Sozialdemokraten (8,8 Prozent) weniger positiv. Die Vorarlberger SPÖ rutschte als erste SP-Landesorganisation unter zehn Prozent.

Vorl. Endergebnis LTW

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Ergebnisse im Detail

Detailergebnisse aller Gemeinden können Sie in unserer interaktiven Wahlkarte abrufen.

Die Grünen mit Johannes Rauch an der Spitze übertrafen mit ihrem Ergebnis die Grünen der ersten Stunde - 1984 war die Grün-Bewegung mit Kaspanaze Simma mit genau 13 Prozent Stimmenanteil ins Landesparlament eingezogen. Seither hatten die Grünen diese Marke nicht mehr erreicht. 2009 hatte es für 10,6 Prozent gereicht, 2004 für 10,2 Prozent. Nach der Landtagswahl 1999 hatten sich die Grünen mit zwei Mandataren zufriedengeben müssen, nun werden sie sechs Abgeordnete stellen.

Für die Vorarlberger ÖVP hieß es am Wahltag hingegen Abschiednehmen von der absoluten Mehrheit. Bisher war die absolute Mandatsmehrheit nur einmal verloren gegangen - 1999 mit 45,8 Prozent, als Herbert Sausgruber erstmals als Spitzenkandidat angetreten war. 1994 war die ÖVP mit 49,95 Prozent schon unter die 50-Prozent-Marke gefallen, für die Mehrheit an Mandaten hatte es aber noch gereicht. Damit war sie weit von den 54,5 Prozent im Jahr 2004 entfernt, geschweige denn von den Wahlresultaten aus den 1970ern, als es die Grünen noch nicht gab.

Die SPÖ konnte ihren Vorarlberger Niedergang auch am Sonntag nicht stoppen. Erstmals fiel sie unter die Zehnprozentgrenze, die sie vor fünf Jahren (10,02 Prozent) gerade noch übertroffen hatte. Das hat es noch in keinem anderen Bundesland gegeben. Ihren historischen Höchststand hatte die Vorarlberger SPÖ 1979 mit 29 Prozent gefeiert. In den 1980er Jahren lagen die Sozialdemokraten noch über 20 Prozent, ehe es in den 1990ern steil bergab ging. Seither hat sich die SPÖ nicht mehr erholt.

Wallner: „Ein Verlust bleibt ein Verlust“

„Ein Verlust bleibt ein Verlust, da ist nichts schönzureden“, so Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zum Verlust der Absoluten. Grünen-Obmann Johannes Rauch spricht nach dem Stimmengewinn für seine Parteien von einem „klaren Auftrag“ für Schwarz-Grün. Mehr dazu in LH Wallner: „Ein Verlust bleibt ein Verlust“.

Die Ausgangslage

Die ÖVP ging mit 50,8 Prozent und 20 Mandaten im 36-köpfigen Landtag in die Wahl. Für Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), der dieses Amt Ende 2011 von seinem Vorgänger Herbert Sausgruber übernommen hat, war das die erste Landtagswahl im Amt. Seit 1945 musste die ÖVP die Macht nur fünf Jahre - zwischen 1999 und 2004 - teilen. 1999 gingen die Schwarzen eine Koalition mit der FPÖ ein. 2004 erreichte die ÖVP wieder die absolute Mehrheit.

Als zweitstärkste Partei ging die FPÖ in die Wahl. Sie erreichte bei der Landtagswahl 2009 25,1 Prozent der Stimmen und neun Mandate. Platz drei bei der letzten Landtagswahl schafften die Grünen mit 10,6 Prozent und vier Mandaten. Die SPÖ stürzte vor fünf Jahren auf 10,0 Prozent und drei Mandate ab.

Grafik Wahl 2009

APA/ ORF.at

Neben den Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, Grüne und SPÖ trat zum ersten Mal auch NEOS an. Bei der EU-Wahl schnitt die Partei mit 14,9 Prozent in der Heimat von Parteichef Matthias Strolz besonders stark ab. Zur Wahl stellten sich 2014 auch die Männerpartei, die Christliche Partei Österreichs (CPÖ), die Vorarlberger Piraten und die Liste Wir-Plattform für Familien.

Vorzugsstimmen: Mehr Einfluss für Wähler

Zum zweiten Mal nach 2009 durften am Wahlsonntag auch 16- und 17-Jährige zur Wahl gehen. Stimmzettel und Wahlausweis der Gemeinde haben die Wahlberechtigten nach Hause geschickt bekommen. Stimmzettel gab es aber auch in den Wahllokalen, die spätestens um 13.00 Uhr schlossen.

Neu bei dieser Wahl war die Vorzugsstimmenregelung: Statt bisher drei konnten fünf Vorzugsstimmen - maximal zwei für einen Kandidaten - vergeben werden. Die Vorzugsstimmen konnten jedoch nur an Kandidaten jener Partei vergeben werden, die man auch wählte - andernfalls sind sie ungültig.

Das Gewicht der Vorzugsstimmen wurde gegenüber der letzten Landtagswahl im Jahr 2009 verdoppelt, jenes der Listenpunkte halbiert. Das heißt: Die Reihung der Partei ist weniger „gewichtig“ wie das Vorzugsstimmenverhalten der Wähler - mehr dazu in Das neue Landtagswahlrecht.

Links:

(vorarlberg.orf.at
-Wahlkampffinale: Parteien zogen BilanzRückblick auf die Landtagswahl 2009 (2667248)-Das sind die Spitzenkandidaten (2662544)-Mit diesen Themen wollen die Parteien punkten (2663791)