Verkehrsexperten zu neuem Pfändertunnel

Am nächsten Donnerstag geht die zweite Pfändertunnel-Röhre in Betrieb. Damit wird das größte aktuelle Straßenbauprojekt Vorarlbergs abgeschlossen. Die Standpunkte der Experten über die erwartbare Verkehrsentwicklung gehen weit auseinander.

Mit zwei Röhren wird der Pfändertunnel zu einer Hochleistungsstrecke. Die Auswirkungen des Vollausbaus werden von Verkehrsplanern höchst unterschiedlich eingeschätzt. Die einen rechnen mit einer geringen Verkehrszunahme, die anderen befürchten mittelfristig ausgesprochene Blechlawinen.

„Roter Teppich für den Verkehr ausgerollt“

Mit diesem Bauwerk werden dem Auto alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, meint der Wiener Universitätsprofessor Hermann Knoflacher. Knoflacher, der für kritische Positionen bekannt ist, gleichzeitig aber auch von Gemeinden wie Lustenau als Berater herangezogen wird, sagt, das Land rolle dem Individualverkehr den roten Teppich aus. Es sei ein typisches Beispiel für veraltete und verantwortungslose Verkehrspolitik, so Knoflacher wörtlich.

Erfahrungen in Wien und anderen Regionen hätten gezeigt, dass nach kurzen Entlastungsphasen der Verkehr deutlich zunimmt. Im Fall Pfändertunnel werde der Druck auf das untere Rheintal steigen. Dann befürchtet Knoflacher „Kurzschlusshandlungen“, wo noch weitere Teile Vorarlbergs untertunnelt oder zugepflastert werden, damit der Autoverkehr noch ungehinderter fahren könne, schließt der Experte.

„Verkehrsspitzen werden für Bregenz gemildert“

Anderer Meinung ist der Tiroler Verkehrsplaner Helmut Köll, der sich eingehend mit dem Thema Mautflucht, also der Verlagerung des Verkehrs von der Autobahn auf die Landstraßen beschäftigt hat. Mit dem Vollausbau könnten bisherige Staus auf der Autobahn und Ausweichverkehr verhindert werden, sagt Köll. Für Verkehrsspitzen und stark belastete Wochenenden sei eine spürbare Verkehrsreduktion für Bregenz zu erwarten.

Die Entlastung für Bregenz könnte aber wieder verloren gehen, weil die Stadt-Route wieder attraktiver wird, so Köll. Damit eine Entlastung anhalte, müssten Maßnahmen, wie zum Beispiel kürzere Umschaltzeiten bei den Ampeln, getroffen werden. Es bestehe die Gefahr, dass freiwerdende Kapazitäten wieder aufgefüllt werden, wie es bei Neubau-Projekten häufig der Fall sei. Deswegen müsste im Stadtgebiet von Bregenz durch Dosierung reagiert werden, um Entlastungseffekte länger zu erhalten.

Mehr Verkehr auf der Autobahn werde es lediglich durch die Verlagerung des Verkehrs vom Stadtgebiet auf die Autobahn geben. Der Anteil des Neuverkehrs sei vernachlässigbar. Dabei handle es sich um Autofahrer, die erst wegen des Vollausbaus die Route durch den Pfänder wählten.