Bürgermeister: Das Volk wird nicht gefragt

Das Vorarlberger Gemeindegesetz ermöglicht es, dass man Bürgermeister werden kann, ohne vom Volk gewählt worden zu sein. Verfassungsrechtler Karl Weber hält das bei aller Legalität für bedenklich. Kritik übt auch der Politologe Peter Filzmaier.

Anlass für die Diskussion ist unter anderem die Übergabe des Amtes des Dornbirner Bürgermeisters Wolfgang Rümmele (ÖVP) an Andrea Kaufmann (ÖVP). Nachdem die Bürgermeister-Wahl im März vor drei Jahren stattfand und der Amtswechsel im Mai geschehen wird, braucht es keine Direktwahl.

Frist von drei Jahren

Das Gemeindegesetz sieht vor, dass neue Bürgermeister drei Jahre nach der letzten Wahl nicht vom Volk, sondern von der Gemeindevertretung gewählt werden. Seit im März diesen Jahres die Dreijahresfrist nach den letzten regulären Gemeindewahlen abgelaufen ist, gibt es in mehreren Gemeinden neue Bürgermeister, ohne dass sie vom Volk gewählt worden sind: Alberschwende, Au, Brand, Höchst, Schlins und demnächst Dornbirn.

Umgehung der Volkswahl?

Karl Weber, Professor für Öffentliches Recht in Innsbruck, betont im Radio-Vorarlberg-Interview, dass die Vorarlberger Regelung verfassungsrechtlich in Ordnung ist. Allerdings diene die Direktwahl von Bürgermeistern ja dazu, mehr Demokratie ins Land zu bringen. Und da würden die aktuellen Bürgermeisterwechsel schon Fragen aufwerfen.

„Bei aller formalen Legalität sehe ich die Sache schon ein bisschen bedenklich, wenn man hier reihenweise Rücktritte vorfindet und das Ziel offensichtlich ist, die Volkswahl zu umgehen. Vielleicht sollte hier der Gesetzgeber ein bisschen nachjustieren“, sagt Weber.

Politologe: Fristsetzung überdenken

Die Grundidee, nicht unmittelbar vor einer regulären Wahl eine Art Zwischenbürgermeister-Wahl abzuhalten, sei in Ordnung, so Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gegenüber Radio Vorarlberg.

Kurz vor der Gemeindewahl solle ein neuer Bürgermeister ruhig von der Gemeindevertretung gewählt werden können, allerdings könne man die Fristsetzung kritisieren. Und zwar, dass es schon zwei Jahre vor dem Wahltermin möglich ist, einen Amtsnachfolger zu präsentieren, ohne sich einer Wahl stellen zu müssen.

Dornbirn: Drei Gegenkandidaten für Kaufmann

Bei der Wahl des Dornbirner Bürgermeisters am 29. Mai wird Andrea Kaufmann (ÖVP) drei Gegenkandidaten bekommen. Das Volk wird nicht zur Urne schreiten können, gewählt wird Kaufmann von der Stadtvertretung, in der die ÖVP die absolute Mehrheit hat. Die Oppositionsparteien wollen damit ein Zeichen setzen.

Grüne: „Ein kläglicher Rest von Demokratie“

Es sei eigentlich ein kläglicher Rest von Demokratie, dass es keine echte Wahl durch die Dornbirner Bürger geben wird, so der Grüne Stadtrat Martin Konzet. Entsprechend den Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes sei formal nichts an dieses Vorgangsweise auszusetzen, dennoch mute diese Wahl wie eine generalstabsmäßig geplante Hofübergabe an, bei der ein Langzeitbürgermeister das Nest für seine Nachfolgerin bereitet.

„Auch wenn es nur ein Rest ist, diesen Rest von Demokratie werden wir Grünen wahrnehmen und kündigen hiermit meine Kandidatur zur Wahl des Bürgermeisters an“, so Konzet. Eine öffentliche Wahl wäre im konkreten Fall die richtige Vorgangsweise gewesen, so Konzet: „Legitimation durch Stärke und nicht Geburtsrecht, das ist es, was das höchste Amt einer großen Stadt wie Dornbirn braucht“.

SPÖ: „Ein Signal nach außen“

Für die SPÖ wird Stadtrat Gebhard Greber kandidieren. Es gehe um ein Signal nach außen, in Dornbirn gebe es eine Alternative zu Kaufmann und zu ihrer konservativen Politik. Kaufmann bedeute keine Erneuerung, sondern die Fortsetzung der ÖVP-Politik der vergangenen Jahre.

FPÖ: Ein Symbol gegen Abgehobenheit

Auch die Freiheitlichen werden einen Gegenkandidaten zu Kaufmann aufstellen. Einen Namen hat die FPÖ noch nicht genannt. Dornbirn hätte ein Zeichen setzen können, dass sie die direkte Demokratie nicht nur in schöne Worte fasst, sondern auch danach lebt, so Stradtrat Walter Schönbeck. Das Gegenteil sei der Fall, die ÖVP demonstriere mit dieser Hofübergabe ihre absolute Mehrheit.

Die FPÖ-Kandidatur sei ein Symbol, so Schönbeck. Er spricht von einer absoluten Abgehobenheit der ÖVP. Bürgermeister Rümmele habe den Zeitpunkt seines Rückzugs bewusst so gewählt, um eine Bürgermeister-Wahl durch die Bürger zu vermeiden.

Köhlmeier verteidigt Regelung

Gemeindeverbandspräsident Harald Köhlmeier verteidigt die Regelung, nach der drei Jahre nach dem letzten regulären Wahltermin Bürgermeister nicht vom Volk, sondern von der Gemeindevertretung gewählt werden. Bei der Gemeindevertretung handle es sich um ein repräsentatives Abbild der Wählermeinung, der er durchaus zutraue, dass sie auch bei der Wahl eines neuen Bürgermeisters den Wählerwillen erfülle, so Köhlmeier.

Bürgermeister-Direktwahlen seien in Vorarlberg erst im Jahr 2000 eingeführt worden. Damit habe das Land einen bedeutenden Schritt in Richtung direkte Demokratie getan. Dieses Bekenntnis zur direkten Demokratie wird nach Ansicht Köhlmeiers durch die Dreijahresfrist nicht eingeschränkt.

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