Breite Ablehnung der EU-Saatgutverordnung

Die neue Saatgutverordnung, die die EU-Kommission Anfang Mai vorlegen will, ruft in Vorarlberg viel Kritik hervor: LR Erich Schwärzler (ÖVP), Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, die Grünen und die Freiheitlichen sprechen sich gegen die Verordnung aus.

In Brüssel wird derzeit an einer Überarbeitung des EU–Saatgutverkehrsrechts gearbeitet. FPÖ-Landtagsabgeordneter Daniel Allgäuer weist darauf hin, dass durch strengere Auflagen des EU-Saatgutverkehrsrechts die Gefahr bestehe, dass kleine Samenhändler, Baumschulen, Landwirte usw. durch zukünftige Vorgaben in ihrer Existenz bedroht würden. Verschärft werde das Ganze noch dadurch, dass bäuerliches Saatgut und die Sortenvielfalt ebenfalls gefährdet würden.

Allgäuer (FPÖ): „Kniefall vor großen Agrarkonzernen“

Der Vorschlag der EU hin zu strengeren Auflagen und einer Normierung von Saatgut komme einzig den großen Agrarkonzernen zugute, so Allgäuer. Diese hätten in diese Richtung permanentes - und scheinbar erfolgreiches - Lobbying betrieben. Es könne nicht sein, dass Landwirten und Gärtnern aus Konzernzentralen vorgeschrieben werde, was sie anbauen dürfen, so Allgäuer. Zulassungsverfahren zu installieren, die der Agrarindustrie nützen, die für die Bewahrer alter, seltener und besonders wertvoller Saatgutressourcen aber unleistbar seien, sei ein inakzeptabler Kniefall vor großen Agrarkonzernen.

FPÖ brachte Antrag an die Landesregierung ein

Dieses Vorhaben der EU-Verantwortlichen widerspreche klar der Notwendigkeit, regionale Spielräume - vor allem im Bereich der Ernährung - zu nutzen ebenso wie dem Ziel des Landes zur Biodiversität, so Allgäuer. Die Freiheitlichen würden es deshalb als „dringend notwendig“ erachten, „mit aller Vehemenz für den Erhalt alter und seltener Saatgutsorten einzutreten und zu verhindern, dass die EU die Vielfalt an Obst- und Pflanzensorten einschränkt“, führt Allgäuer in einem selbständigen Antrag aus, der am Mittwoch im Landtag eingebracht wurde.

Darin wird die Landesregierung ersucht, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass „dem Ansinnen der EU-Kommission durch eine neue Saatgutverordnung die Vielfalt der Obst- und Pflanzensorten durch überzogene Zulassungsbestimmungen zu gefährden, mit aller Vehemenz entgegen getreten wird“. Außerdem wird die Landesregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass alte, seltene und besonders wertvolle Saatgutressourcen erhalten bleiben und damit der regionale Anbau von seltenen Obst- und Pflanzensorten gewährleistet bleibt.

Schwärzler: „Nein“ zur EU-Saatgutverordnung

Agrarlandesrat Erich Schwärzler sprach sich am Mittwoch in einer Aussendung ganz klar gegen die geplante EU-Saatgutverordnung aus. Durch die geplante Gleichschaltung des Saatgutverkehrs in den EU-Mitgliedstaaten werde die Verbreitung von regionalen, traditionellen und seltenen Landsorten massiv behindert. Eine weiterer Kritikpunkt von Schwärzler an der geplanten Saatgutverordnung ist, dass der lokale Handel durch eine aufwändige, zentralistische Bürokratie bei der Saatgutregistrierung verunmöglicht werde.

„Derartige EU-Saatgutregelungen lehne ich entschieden ab, da im Interesse einer wettbewerbsfähigen, flächendeckenden und naturnahen Landwirtschaft die natürliche genetische Vielfalt von Saatgut weiterhin erhalten und die Praxis des lokalen Handels alter und seltener Sorten aufrecht bleiben muss“, betont Schwärzler.

Erhaltung der besonderen Saatgutsorten

Das geltende österreichische Saatgutverkehrsrecht sieht Ausnahmen von den strengen EU-Regeln für alte Landsorten, Erhaltungssorten und Sorten vor, die Raritäten darstellen oder von geringer ökonomischer Bedeutung sind. Der Verkauf von Kleinmengen an Bauern, Gärtner und Kleinzüchter kann frei erfolgen. Dieser Ursprungsschutz für regionale Sorten und der freie Saatgutverkauf müssten auch weiterhin bestehen bleiben fordert Schwärzler: „Ich lehne Regelungen ab, die dazu führen, dass große Saatgutanbieter zu Marktmonopolisten werden und die Arten- sowie genetische Vielfalt verhindert werden. Ich erwarte mir, dass sich die EU-Abgeordneten weiterhin für die Erhaltung der besonderen regionalen Saatgutsorten einsetzen.“

Rauch (Grüne): Einheitliche Pflanzensorten unsinnig

Auch die Vorarlberger Grünen sprechen sich vehement gegen die Saatgutverordnung aus: „Es ist absolut unsinnig, möglichst einheitliche Pflanzensorten in Europa schaffen zu wollen,“ kritisiert der Landwirtschaftssprecher der Grünen, Klubobmann Johannes Rauch die Diskussion über strengere Auflagen und Normierungen von Saatgut in Brüssel. Die Mitgliedsstaaten der UN-Biodiversitäts-Konvention - zu denen auch die Staaten der EU gehören - hätten sich eigentlich dazu verpflichtet, den Verlust der biologischen Vielfalt aufhalten zu wollen. Eine Verordnung für einheitliche Pflanzen- und Gemüsesorten sei daher eher kontraproduktiv, meint Rauch.

Aus von Kleinbetrieben befürchtet

„Wir dürfen nicht zulassen, dass traditionelle Gemüse- und Getreidesorten aus Vorarlbergs Gärten und von Vorarlberger Äckern verschwinden“, verdeutlicht Rauch weiter. Diese diskutierte Verordnung rieche sehr stark nach Begünstigung der Agrarkonzerne und beweise, dass das jahrelange Lobbying der Großindustrie letztlich erfolgreich sei. Sollten sich die strengeren Auflagen durchsetzen, entscheiden einige wenige Agrarkonzerne welches Obst und Gemüse wir in Zukunft essen werden. Für Kleinbetriebe, die anderes Saatgut anbieten, bedeute es dagegen das Aus.

Rauch: Petition von Global 200n unterstützen

Die Folgen des Verlustes der Biodiversität hätten als erstens die Bauern zu tragen, so Rauch. Biologische Vielfalt bedeute nämlich auch genetische Vielfalt und die ginge mit der neuen Verordnung verloren. Der Rückgang der Artenvielfalt könne jedoch den Weg für Krankheiten, wie zum Beispiel Pilzinfektionen, bei Pflanzen bereiten.

„Der Konsument soll auch weiterhin die Möglichkeit haben, frei zu entscheiden, welches Obst und Gemüse er auf seinem Teller haben will“, so Rauch. Er fordert daher auf, die Petition von Global 2000 und Arche Noah für eine freie Vielfalt zu unterstützen.

„Todesstoß für Erhaltung der Pflanzenvielfalt“

Klare Worte findet auch Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger zum Vorhaben der EU, mit einer Saatgutverordnung den Mitgliedsländern jeglichen Spielraum bei den Vorschriften zum Saatguthandel zu nehmen: „Müssen für den regionalen Saatgut-Austausch alter lokaler Sorten die gleichen Regeln eingehalten werden wie für das Saatgut weltweit agierender Konzerne, ist das der Todesstoß für die Erhaltung der Pflanzenvielfalt und akklimatisierter Sorten", verdeutlicht Moosbrugger.

Moosbrugger: EU als Handlanger der Saatgutkonzerne

Die kostspieligen Untersuchungen, die bürokratischen Nachweise und die amtlichen Zulassungsverfahren seien für die kleinen Mengen alter Sorten unmöglich zu erbringen. Durch diese Hintertür mache sich die EU zum Handlanger der Saatgutkonzerne und zum Totengräber der Pflanzenvielfalt“, ärgert sich Moosbrugger.

Dieses Beispiel zeige einmal mehr, wie weit sich die EU in ihrer Regulierungswut von den praktischen Bedürfnissen entfernt habe. Der regionale Saatguthandel hat nach Ansicht Moosbruggers überhaupt keinen Einfluss auf den EU-Markt, aber eine grundlegende Bedeutung für Biodiversität, Pflanzenresistenz und die Genreserven vor Ort.

Die Landwirtschaftskammer Vorarlberg fordere daher alle Verantwortungsträger auf, sich dafür einzusetzen, dass der regionale Spielraum für das Saatgut auch in Zukunft erhalten bleibe.

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