Gerichtserfolg für kirchliche Missbrauchsopfer

In den beiden Zivilverfahren ehemaliger Missbrauchsopfer gegen das Kloster Mehrerau, hat das Landesgericht Feldkirch per Zwischenurteil festgestellt, dass keine Verjährung vorliegt. Der Anwalt des Klosters will empfehlen, die Entscheidung zu bekämpfen.

Wie die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt mitteilte, hat das Landesgericht Feldkirch in beiden Fällen per Zwischenurteil festgestellt, dass keine Verjährung vorliegt. Das wird von Landesgerichtspressesprecher Reinhard Flatz bestätigt. Die geschilderten Übergriffe hatten sich in den Jahren 1968 bzw. 1982 zugetragen. Noch offen ist die Haftungs- bzw. Entschädigungsfrage.

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Im Video zu sehen: Sanjay Doshi (Anwalt der Opfer), Bertram Grass (Anwalt des Klosters); Beitrag von Birgit Hackspiel, Tobias Becker, Christina Lachner

Doshi: Klage noch rechtzeitig vor Verjährungsfrist

Geklagt wurde das Kloster im vergangenen Jahr von zwei heute 58-bzw. 46-jährigen Männern. Beide fordern unabhängig voneinander Schmerzensgeld und Verdienstentgang in Höhe von 200.000 bzw. 135.000 Euro. Hinsichtlich der Verjährung der Vorfälle gab der 58-Jährige vor Gericht an, dass ihm erst durch das Bekanntwerden der Missbrauchsskandale Anfang 2010 die Übergriffe wieder bewusst geworden seien. Im Fall des 46-Jährigen erklärte Anwalt Sanjay Doshi, der beide Opfer vertritt, dass die Klage noch rechtzeitig vor der 30-jährigen absoluten Verjährungsfrist eingebracht worden sei. Das Landesgericht Feldkirch folgte offenbar dieser Argumentation - für die Kläger ein „großartiger Teilerfolg“, so Doshi.

Berufung gegen Entscheidung wahrscheinlich

Akzeptiert das Kloster die nun gefallenen Gerichtsentscheidungen, würden die Prozesse zur Klärung der Haftungsfrage bzw. gegebenenfalls über die Höhe des Schadenersatzes fortgesetzt. Flatz rechnet damit, dass das Kloster gegen das Zwischenurteil berufen wird - erst am Oberlandesgericht Innsbruck, dann beim Obersten Gerichtshof.

Wie der Anwalt des Klosters Mehrerau, Bertram Grass, sagte, habe das Kloster noch keine Entscheidung über das weitere Vorgehen gefällt. Man habe das Urteil gerade erst erhalten. Grass will dem Kloster jedenfalls empfehlen, die Entscheidung zu bekämpfen.

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Audio: Bertram Grass, Anwalt des Klosters

Mehrerau-Abt Anselm van der Linde hatte bereits vor Weihnachten mitgeteilt, dass man sich nicht auf einen Vergleich einlassen werde, wie es Richterin Birgit Vetter angeregt hatte. Eine aktuelle Stellungnahme des Klosters lag zunächst nicht vor.

Pater bereits 1967 verurteilt

Den Schilderungen der zwei Männer zufolge wurden beide in ihrer Zeit als Internatszöglinge des Klosters von demselben Pater schwer sexuell missbraucht und vergewaltigt. Der Geistliche wurde 1967 wegen eines Missbrauchsvorfalls rechtskräftig verurteilt, ging aber im Kloster weiter seiner Arbeit als Seelsorger und Pädagoge nach. Der damalige Abt Kassian Lauterer sagte vor Gericht aus, von jenem Missbrauchsfall gewusst zu haben. Von der rechtskräftigen Verurteilung habe er aber erst 2004 erfahren. Es sei ein Fehler gewesen, den Mann damals weiter mit Jugendlichen arbeiten zu lassen, bekannte Lauterer.

Abt gibt Aufenthaltsort des Paters nicht bekannt

Dass der Pater das Kloster Mehrerau schließlich verlassen musste, ging auf den Missbrauch des heute 46-Jährigen zurück. Seine Eltern hatten Lauterer über den sexuellen Missbrauch ihres Sohnes informiert. Daraufhin wurde der Geistliche aus dem Schuldienst entfernt und versetzt. Im Gegenzug verzichteten die Eltern auf eine Anzeige. Nach Angaben von Van der Linde ist der Pater heute schwer depressiv und suizidgefährdet. Wo sich der Mann aufhält, gab der Abt vor Gericht nicht an. Er konnte deshalb nicht als Zeuge befragt werden.

Erleichterung bei Betroffenen

Philipp Schwärzler, ehemaliger Mitschüler und Unterstützer der Kläger, sieht das Zwischenurteil als wichtigen Teilerfolg. Klar sei aber auch, dass das nur eine Zwischenetappe sei. Die Betroffenen seien sehr erleichtert über diese Entscheidung und froh, dass auch alle Umstände rund um diese Missbräuche erhellt werden konnten.

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