Vorläufiges Aus für Beschneidungen

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) empfiehlt der Ärzteschaft in Vorarlberg, von religiös motivierten Beschneidungen abzusehen. Damit hat Wallner am Dienstag auf eine FPÖ-Forderung reagiert.

Zwar wurden schon bisher kaum solche Eingriffe in den Vorarlberger Krankenhäusern durchgeführt. Doch nach dem Urteil des deutschen Landgerichts Köln, das religiöse Beschneidungen von Buben als Körperverletzung ansieht, haben die Freiheitlichen einen Beschneidungsstopp in den Vorarlberger Spitälern gefordert.

Erwachsene sollen sich zwar weiterhin aus religiösen Gründen beschneiden lassen können, wenn sie es wollen, sagt der FPÖ-Landesobmann Dieter Egger. Aber nach dem deutschen Urteil sollte es für Kinder keine religiös motivierten Beschneidungen in den Vorarlberger Spitälern mehr geben, fordert Egger. Diese Maßnahme sollte zumindest bis zur rechtlichen Klärung der Frage bestehen bleiben. Egger forderte Landeshauptmann Markus Wallner auf, das religiöse Beschneidungsverbot umzusetzen.

Der angesprochene Landeshauptmann sprach nach der Regierungssitzung von einem „wegweisenden Urteil“ aus Deutschland. Darauf müsse man achten, sagte Wallner. Er rate der Ärzteschaft von Beschneidungen aus religiösen Gründen abzusehen, solange die Rechtslage nicht eindeutig geklärt sei.

SPÖ sieht keinen Handlungsbedarf

SPÖ-Gesundheitssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger sieht in Sachen Beschneidung keinen Handlungsbedarf. Die Rechtslage in Österreich sei laut Justizministerium klar, so Sprickler-Falschlunger. „Die bis dato gehandhabte Praxis hat gerade für die Kinder gut funktioniert. Dass diese Praxis nun an den Krankenanstalten verboten wird, bedeutet eine schlechtere medizinische Behandlung für die betroffenen Kinder.

Ärzte vorsichtig

Bei den niedergelassenen Urologen gab es bisher kaum Ärzte, die derartige Eingriffe vorgenommen haben: Der Dornbirner Urologe Gero Hohlbrugger sagt, er habe in dreißig Jahren kaum zehn Patienten aus religiösen Gründen beschnitten. Patrick Rein, ebenfalls Facharzt in Dornbirn, hat bisher „ein bis zwei Fälle“ operiert - inzwischen führt er nur noch medizinisch begründete Beschneidungen durch.

Der Bregenzer Facharzt Peter Dorner führte bisher jährlich rund zehn religiös motivierte Beschneidungen durch. Seit dem Kölner Urteil mache er das nicht mehr - bis es eine sichere rechtliche Grundlage gebe. In den allermeisten Fällen würden die Beschneidungen bei Moslems aber in den Herkunftsländern durchgeführt.

Dorner: Rasche rechtliche Klärung gewünscht

Religiös motivierte Beschneidungen müssen privat bezahlt werden, da die Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen. In Österreich muss mit rund 500 Euro gerechnet werden.

Sowohl Dorner als auch Rein mussten schon in einigen Fällen kleine Buben behandeln, bei denen die Beschneidung in ihren Herkunftsländern zu medizinischen oder kosmetischen Problemen geführt hat. Laut Dorner kann zudem ein Eingriff ohne Betäubung zu einer traumatischen Belastung führen. Er wünscht sich eine rasche rechtliche Klärung. Wie Peter Rein erklärt, wurde in Fachkreisen schon länger über mögliche rechtliche Probleme bei religiös motivierten Beschneidungen diskutiert. Generell betonen beide Fachärzte, dass es aus medizinischer Sicht einige Vorteile von Beschneidungen gebe - zum Beispiel ein etwas geringeres Übertragungsrisiko von Krankheiten.

„Harmloses Ritual“

Der Leiter des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, wünscht sich mehr Gelassenheit in der Diskussion der Beschneidung. Es sei ein archaisches, aber harmloses Ritual, das ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe sei.

Islamische Glaubensgemeinschaft übt scharfe Kritik

Heftige Kritik an der Empfehlung übt der Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Fuat Sanac. Im „Standard“ (Mittwoch-Ausgabe) spricht Sanac von einem „Schlag gegen die Religionsfreiheit“. Solche Entscheidungen „sind Österreichs nicht würdig. Es ist eine klare Ausgrenzung, eine politische Unruhestiftung“, sagt Sanac.

Beschneidungen bei Muslimen seien in deren Leben stark verhaftet: „Es geht um religiöse Freiheit, um eine tausendjährige Tradition“, argumentiert der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

Oskar Deutsch, der Präsident der Kultusgemeinde Wien, sieht die Beschneidung in Österreich durch die Verfassung geschützt: „Wallner handelt ohne Not.“

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