Landtagsverkleinerung: Filzmaier sieht Risiken

Die debattierte Verkleinerung des Landtags sei zwar populär, berge aber auch Risiken, sagte der Politikwissenschafter Peter Filzmaier heute im „Samstaginterview“ von Radio Vorarlberg.

Diese Woche ist Bewegung in die Debatte rund um die Verkleinerung des Vorarlberger Landtags gekommen. Die Parteien haben vereinbart, nicht nur über die Verkleinerung zu diskutieren, sondern auch über den Ausbau der Kontrollrechte des Landesparlaments. Am Ende könnte darüber eine Volksabstimmung stehen. Die Verkleinerung ist zwar populär, aber dennoch umstritten. Der Vorarlberger Landtag ist in Relation zur Bevölkerungszahl eher groß: auf einen Abgeordneten kommen 10.300 Bürger. Insgesamt gibt es 36 Abgeordnete. Dennoch sieht Filzmaier in einer Verkleinerung auch Gefahren.

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Audio: Hören Sie das komplette Samstaginterview mit Peter Filzmaier. Das Gespräch führte ORF-Redakteur Erik Sandner.

Der Landtag könne verkleinert werden, denn wenn man ihn mit Landtagen von fast doppelt so großen Bundesländern vergleiche, seien 36 Abgeordnete sehr viel, erklärte Filzmaier. Die Arbeit werde aber nicht besser, wenn es weniger Abgeordnete gibt. Die Verkleinerung des Landtags stehe für ihn als Symbol des Spargedankens.

„Landtag wäre weniger Spiegelbild der Gesellschaft“

Die Parteien kennen sicherlich auch die Umfragen, in denen sich klar eine Mehrheit für die Verkleinerung von Volksvertretungen abzeichnet, erläuterte Filzmaier. Man müsse aber auch ein Gegenargument bedenken: Ein Problem sei, dass sich künftig ein Abgeordneter um noch mehr Themen kümmern müsste, ein zweites, dass ein kleinerer Landtag noch weniger ein Spiegelbild der Gesellschaft wäre.

Eine Volksvertretung wie der Landtag impliziere, dass möglichst alle Bevölkerungsgruppen anteilig darin vertreten sind, erklärte Filzmaier. Bereits jetzt sind nur ein Drittel der Abgeordneten Frauen, obwohl diese ein wenig mehr als die Hälfte der Vorarlberger Bevölkerung stellen. Außerdem gebe es keinen Abgeordneten unter 30 Jahren, obwohl die Jugendlichen unter 30 Jahren 20 Prozent der Wahlbevölkerung stellen.

Sollte die Gesamtzahl der Abgeordneten verkleinert werden, werde dieses Ungleichverhältnis zumindest nicht besser, vielleicht werde es für Junge und Frauen sogar noch schwieriger in den Landtag zu kommen, sagte Filzmaier im Samstaginterview.

„Auch die FPÖ kann Umfragen lesen“

Bisher waren die Oppositionsparteien sich einig, dass es eine Verkleinerung nur dann geben könne, wenn der Landtag mehr Kontrollrechte bekäme. Die ÖVP hat das als Kuhhandel abgelehnt. Die Freiheitlichen sind ausgeschert und meinten, die Kontrollrechte könne man separat verhandeln, aber die Verkleinerung müsse unbedingt kommen.

Auch Freiheitliche können Umfragen lesen, erklärte Filzmaier, und würden sich wohl kaum gegen eine klare Mehrheitsmeinung stellen. „Das ist sicherlich ein Motiv“. Grundsätzlich sollte man aber nicht den Pauschalverdacht Kuhhandel hegen, denn ob der Landtag mehr oder weniger Abgeordnete habe, sei für die Diskussionen über die Qualität der Demokratie ein relativ geringes Detail.

Weitere Risiken bei Verkleinerung

Eine weitere Gefahr bei einer Verkleinerung des Landtags sieht Filzmaier bei der Spezialisierung. Vom Landtag werde hochgradige Facharbeit verlangt. Niemand könne sich in Vorarlberg von A wie Agrarpolitik bis W wie Wirtschaftspolitik gleich gut auskennen.

Ein zweites Dilemma betreffe die Kleinparteien. Parteien erhalten ihre Ressourcen aus dem Klubstatus. Sobald eine Partei drei Abgeordnete aufweise, erhalte sie eine Klubförderung und könne Mitarbeiter für Fachfragen beschäftigen. Wenn es weniger Abgeordnete gäbe, müsse man zumindest beim Wahlrecht aufpassen, denn wenn man eine Partei im Landtag belasse, ihnen aber indirekt den Klubstatus nehme, nehme man ihnen auch die Ressourcen.

„Politisches Machtzentrum ist die Regierung“

In Vorarlberg hat die ÖVP mit einer Ausnahme von 1999 bis 2004 die absolute Mehrheit gehabt. Das führe natürlich dazu, dass der Landtag schon an sich schwächer gestellt sei, sagte Filzmaier. Das politische Machtzentrum sei die Landesregierung, wo der Landeshauptmann zugleich Parteichef der ÖVP ist. Im Vergleich dazu seien die Landtagspräsidentin und der Klubobmann relativ machtlos. Umso mehr müsse man als Minderheitenrechte die Opposition stärken, forderte der Politikwissenschaftler.

Wenn man nur den Landtag verkleinere, habe man vielleicht kurzfristig eine Mehrheitsmeinung, vielleicht auch eine populistische Befriedigung. Für die Demokratie in Vorarlberg habe man aber bestenfalls nichts Schlechtes getan, aber auch nichts Gutes.

„Volksabstimmung ist ein Symbol“

Grüne fordern eine Volksabstimmung über die Verkleinerung des Landtags. SPÖ und FPÖ befürworten das, die ÖVP sagte dazu noch nichts Konkretes.

Auch die Volksabstimmung sei genauso wie die Verkleinerung an sich ein Symbol, meinte Filzmaier dazu. Man müsse fairer Weise sagen, dass die Direktdemokratie in Vorarlberg generell sehr stark ausgeprägt sei.

Die Mehrheiten dürften allerdings laut dem Politikwissenschaftler klar sein, denn schon jetzt seien die meisten für eine Verkleinerung des Landtags. Wenn alle Parteien dafür seien, „ist das Risiko für die Parteien relativ gering“.