Evelyn Böhler: Frauenpolitik ist überholt

Die Vorarlberger Unternehmerin Evelyn Böhler spricht sich für ein Wirtschaftsmodell aus, welches das Wohl aller in den Mittelpunkt stellt. Im Samstaginterview von Radio Vorarlberg sagt Böhler, eine verpflichtende Frauenquote reiche nicht aus.

Als ehemalige Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ hat sich Böhler viele Jahre für die Chancengleichheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt. Anlässlich des internationalen Frauentags diese Woche ist die Diskussion über eine verpflichtende Frauenquote in der Wirtschaft erneut aufgeflammt. Doch für Böhler reicht sie nicht aus.

Die 60-jährige Unternehmerin Evelyn Böhler aus Rankweil war bis Ende 2011 als Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“, als Obfrau der Sparte Information und Consulting sowie als Frauensprecherin des Frauennetzwerks Rankweil tätig. Sie hat ihre ehrenamtlichen Funktionen niedergelegt, betreibt aber weiterhin ihre Werbeagentur. Das Samstaginterview mit ihr hat Ines Hergovits-Gasser geführt.

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Audio: Samstaginterview mit Evelyn Böhler

Verfechterin der Gemeinwohlökonomie

Vielmehr ist die Unternehmerin überzeugt, dass ein grundlegendes Umdenken in der Gesellschaft notwendig ist. „Ich möchte nicht mehr über eine Frauenquote reden, sondern über das Gemeinwohl“, sagt Böhler. Frauenpolitik habe sich überholt - vielmehr müssten sich Gemeinden, Organisationen und die Politik mit der Idee der Gemeinwohlökonomie auseinandersetzen.

„Es ist an der Zeit, dass wir das Denken nicht mehr an die Politik abgeben, sondern dass wir miteinander Lösungen finden“, so Böhler. In Schweden beispielsweise sei es gelungen, in allen Lebensbereichen gleiche Chancen, Rechte und Pflichten zu schaffen. Dort werde gar nicht die Frage gestellt, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handle.

„Frauenpolitik von Parteipolitik behindert“

Hierzulande werde Frauenpolitik durch die Parteipolitik behindert. „Wir müssen aufhören, alles an der Macht- und Parteipolitik aufzuhängen, das funktioniert nicht, wir drehen uns im Kreis“, sagt Böhler. Es sei mehr Solidarität nötig und es brauche auch Lösungen für Menschen am Rande der Gesellschaft. Dann müsse niemand auf der Strecke bleiben, sagt Böhler mit Blick auf Armutsstatistiken, nach denen Frauen besonders betroffen sind.

Um einen Weg aus der Krise zu finden, müssten die Menschen laut Böhler das Macht - und Gelddenken aufgeben und sich auf Solidarität und gemeinsame Lösungen für alle Bevölkerungsgruppen konzentrieren. Es müsse nicht am Ende der Kette etwas verändert werden, so Böhler, „sondern wir müssen bei der Basis beginnen, wir müssen dafür sorgen, dass Frauen und Männer gut arbeiten können, dass sie ihre Familie gut versorgen können. Alles andere ist zweitrangig.“

Den Frauen empfiehlt Böhler, zu sagen, was sie wollen, sich nicht zu viel zu entschuldigen und auch nicht immer alle Regeln einzuhalten: „Mit Friede, Freude, Eierkuchen kommen wir weder in der Wirtschaft weiter noch in der zwischenmenschlichen Beziehung.“

Das Samstaginterview hören Sie in der Landesrundschau ab 12.30 bei Radio Vorarlberg.