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APA/GEORG HOCHMUTH
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Wirtschaft

Vorarlberg vor Einführung einer Leerstandsabgabe

Laut Wirtschaftspresseagentur (wpa) ist eine Änderung des Zweitwohnsitzabgabe-Gesetzes in Begutachtung, die einer Leerstandabgabe gleich käme. Demnach würden Wohnungen, die mehr als die Hälfte des Kalenderjahres keine Hauptwohnsitz-Meldung haben, als Zweitwohnsitz gelten. Die Eigentümervereinigung kritisiert das als eigentümerfeindlich.

Vorarlberg steht allem Anschein nach vor der Einführung einer Leerstandsabgabe für nicht beziehungsweise nicht ganzjährig als Hauptwohnsitz genutzte Wohnungen. Das haben wpa-Recherchen ergeben.

Zu diesem Zweck soll im Landtag jedoch kein neues Gesetz verabschiedet werden, sondern es soll das seit Jahren bestehende Vorarlberger Zweitwohnsitzabgabegesetz in entscheidenden Bereichen geändert werden. Das Zweitwohnsitzabgabegesetz galt bislang nur für Ferienwohnungen beziehungsweise Zweitwohnsitze. Die Entscheidung, ob die Gemeinden nach der Änderung des Gesetzes zukünftig von der Einhebung einer Leerstandsabgabe Gebrauch machen, liegt bei den Kommunen selbst.

Gesetz jetzt in Begutachtung

Auf der Internetseite des Landes Vorarlberg findet sich unter der Rubrik „Aktuelle Begutachtungsentwürfe“ ein mit 13. April 2023 datierter Entwurf mit der Bezeichnung „Gesetz über die Erhebung einer Abgabe von Zweitwohnsitzen und Wohnungsleerständen – Sammelgesetz“. Dort sind der Begutachtungsentwurf, die erläuternden Bemerkungen und der Kunsttext (Textänderungs-Gegenüberstellungen zu bestehendem Gesetz) zu der geplanten Gesetzesänderung aufgeführt.

Leere Wohnung
ORF
Für Wohnungen, die mehr als ein halbes Jahr nicht als Hauptwohnsitz gemeldet sind, sollen künftig Abgaben fällig werden.

Kriterium: Über halbes Jahr keine Hauptwohnsitz-Meldung

Die entscheidende Änderung befindet sich in § 2 Abs. 2a, die aus welchem Grund auch immer im Kunsttext nicht farblich als Änderung markiert ist. Dort ist definiert, was zukünftig alles als Zweitwohnsitz zu gelten hat: „Wohnungen im Sinne des § 2 Z. 4 des Bundesgesetzes über das Gebäude- und Wohnungsregister, die in das Gebäude- und Wohnungsregister eingetragen sind und an denen in Summe mehr als 26 Wochen im Kalenderjahr weder eine Meldung als Hauptwohnsitz nach den Daten des Zentralen Melderegisters noch eine Ausnahme im Sinne des Abs. 3 vorliegt. /…/“

Definierte Ausnahmen

Im derzeit noch geltenden Vorarlberger Zweitwohnsitzabgabegesetz steht an dieser Stelle lediglich: „Wohnungen oder Wohnräume, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden, /…/ gelten als Zweitwohnsitze.“

Darauf folgen im Begutachtungsentwurf für die Novellierung mehrere geplante Ausnahmen, etwa wenn die Wohnung für berufliche Zwecke auf Basis einer selbstständigen Tätigkeit mit Kundenkontakt oder für die gewerbliche Beherbergung von Gästen genutzt wird.

Geringer administrativer Aufwand – neue Steuereinnahmen

In den erläuternden Bemerkungen werden die bekannten Argumente der Befürworter einer Leerstandsabgabe aufgeführt, wie die Mobilisierung von nicht genutztem Wohnraum, um damit angeblich mehr leistbaren Wohnraum auf den Markt zu bringen. Zudem biete es den Gemeinden – vor allem jenen mit einem hohen Anteil an Zweitwohnsitzen – fiskalische Möglichkeiten, also neue Steuereinnahmen.

Man orientiere sich bei dem Modell an anderen Bundesländern, wie etwa Tirol oder Oberösterreich. Der finanzielle Mehraufwand für die Administration der Leerstandsabgabe für Land und Gemeinden sei vergleichsweise gering, da Wohnungseigentümer die Abgabe im Rahmen der Selbstbemessung abführen müssen, heißt es in den Erläuterungen.

Höchstsatz von 2.775 Euro pro Wohnung und Jahr

Die Höhe der geplanten Leerstandsabgabe hängt unter anderem von der Größe einer Wohnung ab. Da der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden hat, dass eine Leerstandsabgabe nicht so hoch sein darf, dass Vermieter zum Vermieten oder gar zum Verkauf der Wohnung gezwungen sind, reagiert man darauf im Land Vorarlberg mit definierten Abgaben pro Quadratmeter und Höchstsätzen pro Wohnung, die nicht überstiegen werden dürfen. Die Abgaben-Systematik stammt aus dem bisherigen Zweitwohnsitzabgabegesetz, wobei die Abgaben zukünftig zum Teil um über 50 Prozent erhöht werden sollen.

So kann sich die Abgabe zwischen 18,50 Euro, 14,10 Euro oder 8,20 Euro pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche bewegen. Die Höhe hängt wie schon bisher auch vom prozentuellen Anteil der Zweitwohnsitze in einer Kommune ab. Dazu kommt der neue Höchstsatz von maximal 2.775 Euro pro Jahr und Wohnung, wobei dieser Satz ebenfalls vom Anteil der Zweitwohnsitze abhängt und auch tiefer liegen kann.

Schlüssel liegen auf Mietvertrag
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Die Vorarlberger Eigentümervereinigung kritisiert, die geplante Abgabe werde sich nicht stark auf den Wohnungsmarkt auswirken. Sinnvoller sei eine Änderung des Mietrechts, so die VEV.

VEV: „eigentümerfeindlich ohne viel Lenkungseffekt“

Bei der Vorarlberger Eigentümervereinigung stößt die vor der Türe stehende Leerstandsabgabe auf wenig Gegenliebe: „Wir sind sehr enttäuscht, dass man es jetzt doch über eine solche Abgabe versucht, wenn doch schon der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, dass die Abgabe niemals so hoch sein darf, dass sie zum Vermieten zwingt“, so VEV-Präsident Markus Hagen auf wpa-Anfrage.

Aus diesem Grund werde auch der Lenkungseffekt dieses „eigentümerfeindlichen Vorhabens“ sehr gering sein. Zudem sei eine ganze Reihe von Fragen ungeklärt, sagt Hagen. Wie etwa, wenn eine nicht genutzte Wohnung in die Jahre gekommen sei und sich deshalb keine Mieterinnen oder Mieter finden lassen, obwohl man die Wohnung zur Miete angeboten habe. „Muss man dann eine Wohnung auch noch zwangsweise um viel Geld sanieren, damit man sie vermieten kann, um der Leerstandsabgabe zu entgehen?“

Angst der Eigentümer vor dem Mietrecht

Außerdem verweist der VEV-Präsident auf die Leerstandsstudie aus dem Jahr 2018, die vom Land Vorarlberg in Auftrag gegeben wurde. So gaben damals 46 Prozent beziehungsweise 47 Prozent der befragten Wohnungseigentümer als Grund für die Nicht-Vermietung an, dass das Mietrecht zu kompliziert sei und man Angst davor habe, Mieter „nicht mehr rauszukriegen“.

Anstatt die Ängste der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer wahrzunehmen und endlich das völlig unübersichtliche Mietrecht in Österreich zu modernisieren, gehe man jetzt mit der Leerstandsabgabe wieder auf die Eigentümerinnen und Eigentümer los, kritisiert Hagen.