Niedriger Pegel Rohrspitz
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Umwelt

Weltwassertag: Es fehlt an Niederschlägen

Der Klimawandel wird sich auch auf die Wasserversorgung in Vorarlberg auswirken. Das ist jetzt bereits spürbar, sagen Meteorologen und Umweltexperten anlässlich des Weltwassertages am 22. März. Demnach gibt es auch in Vorarlberg zu wenig Niederschläge und zu hohe Temperaturen, aber noch keine Wasserknappheit oder Dürre wie andernorts.

Die Menschheit kann bloß noch zwischen einer gemäßigten und einer extremen Klima-Erwärmung wählen – das steht im neuen Bericht des Weltklimarates. Mehr dazu in Ohne drastische Schritte eskaliert Klimakrise (news.ORF.at, 20.03.2023). Die Auswirkungen sind bereits deutlich messbar, ausführliche Berichte dazu sind u.a nachzulesen in Die Trockenheit setzt Europa zu (news.ORF.at, 22.03.2023). Am Weltwassertag hat UNO-Generalsekretär Antonio Guterres angesichts einer weltweit drohenden Wasserkrise Alarm geschlagen: Wasserkreislauf in großen Schwierigkeiten (news.ORF.at, 22.03.2023).

Auswirkungen auch in Vorarlberg spürbar

Das Jahr 2022 war österreichweit mit einer extremen Temperaturabweichung von +2,3 °C das zweitwärmstes Jahr der Messgeschichte. Auch in Vorarlberg sind Ausläufer dieser Entwicklungen bereits zu spüren, wenngleich noch nicht so drastisch wie andernorts in Europa oder etwa in Ostösterreich. Vergangenen Sommer war zum Beispiel der Pegel des Bodensees wegen langer Trockenheit besonders niedrig. Seitdem ist er aber wieder angestiegen und befindet sich aktuell im langjährigen Mittel.

Grafik Niederschläge
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Die Niederschläge in Vorarlberg in den letzten vier Monaten waren deutlich niedriger als im langjährigen Mittel

Niederschläge verschieben sich

Eines ist aber messbar: die Niederschläge verschieben sich, sagt Alexander Dürregger vom Umweltinstitut Vorarlberg: „Im Winter fällt mehr Regen als Schnee und dadurch fällt die Schneeschmelze dann weniger umfangreich aus und der Pegelstand sinkt im Sommer auch schneller wieder ab, als es früher der Fall war. Man wird neue Tiefststände erleben. Die sind aber in einem Bereich, wo man gut damit umgehen kann. Also eine Austrocknung des Bodensees oder gar dramatische Pegelveränderungen sehe ich aktuell nicht.“

Grüne warnen vor Wasserknappheit

Das vergangene Jahr war mit einer Temperaturabweichung von 2,3 Grad das zweitwärmste der Messgeschichte. Mit Folgen für die Wasserversorgung. Die Grünen warnen am Weltwassertag davor, dass auch bei uns das Wasser knapp werden könnte.

Bodensee wird wärmer

Eine weitere Folge der Klimaerwärmung: das Wasser im Bodensee wird wärmer – an der Oberfläche und in der Tiefe, sagt Dürregger: „Selbst in 250 Metern Tiefe verändert sich das System. Das hat dann auch zur Folge, dass sich der See nicht mehr so oft durchmischt, wie das natürlicherweise der Fall war. Und das hat Auswirkungen sowohl auf den Nährstoffkreislauf im See als auch auf die Organismen, die dort leben.“

Thomas Rinderer (ORF) über die Trockenheit

ORF-Meteorologe Thomas Rinderer über die anhaltende Trockenheit in weiten Teilen Europas.

Mehr Algen und eingeschleppte Arten

Aus Sicht des Wasserexperten könnte es künftig mehr Algen im Bodensee geben. Großflächige Algenblüten am Vorarlberger Seeufer befürchtet er aber nicht. Auf die Fische im Bodensee wirke sich die Wassererwärmung aber nur bedingt aus, sagt Dürregger: "Da geht’s dann eher um den Einfluss von invasiven Arten – also Arten, die bis jetzt noch nicht im Bodensee vorgekommen sind und sich in den letzten Jahren rasant verbreitet haben. Wie beispielsweise die Quaggamuschel, die dann in direkte Konkurrenz tritt, wenn es um das Nahrungsangebot und die Nährstoffe im Bodensee geht“, so der Wasserexperte.

Bodensee-Wasserqualität „ausgezeichnet“

Die Wasserqualität des Bodensees ist nach Angaben von Dürregger derzeit ausgezeichnet, der See ist ja auch Trinkwasser-Speicher: Mehrere Millionen Menschen in Baden-Württemberg beziehen ihr Trinkwasser aus dem Bodensee. Es finden in regelmäßigen Abständen Messungen statt, um die Wasserqualität zu prüfen. Da gebe es derzeit keine Bedenken, sagt Dürregger.

Österreichischer Trockenheitsindex der letzten 30 Tage im Vergleich zum langjährigen Mittel 1961–2010 (Stand 20.3.2023)

Trockenheit in den Bergen

Noch stärker als am größten Wasserspeicher Bodensee werden die Auswirkungen im Vorarlberger Bergland spürbar. Leere Trinkwasserbehälter gab es zum Beispiel in Langen im vergangenen August. Die beiden Hauptquellen brachten zu wenig Wasser. Über Nacht musste eine Notleitung nach Eichenberg gelegt werden.

Trinkwasserversorgung nicht in Gefahr

Zu wenig Schnee in den Bergen, wenig Schmelzwasser, das wird zu niedrigeren Wasserständen in Flüssen und Seen führen und im Sommer vielleicht wieder zu Trockenheit. Die Trinkwasserversorgung ist dadurch nicht in Gefahr, sagen Experten. Es gibt in Vorarlberg genug Grundwasser, erklärt Thomas Blank von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes: „Aktuell sind die Wasserstände nicht besorgniserregend. Sie bewegen sich im Rahmen des um diese Jahreszeit Üblichen. Manche sind etwas unter dem Mittelwert, andere über den Mittelwerten. Also für uns nichts Besonderes derzeit.“

Künftig mehr Extremereignisse

In den vergangenen vier Monaten hat es um ein Drittel weniger geregnet als üblich. Ein Phänomen, das alle zehn Jahre vorkommt, meint Blank: „Die Unsicherheiten werden größer, natürlich mit dem Klimawandel. Wir hören von den Klimaforschern, und da sind sich zum Glück alle einig, dass die Summe der Niederschläge bei uns im Alpenraum mehr oder weniger gleich bleiben wird. Es gibt ja eine gewisse Verschiebung vom Sommer ins Winterhalbjahr und natürlich im Sommer mehr Starkregen, mehr Extremereignisse.“

Hitze macht Fischen zu schaffen

Kritisch könnte die Situation für die Tiere im Wasser werden, wenn die Erwärmung so weiter geht, so Alexander Dürregger vom Umweltinstitut: „Natürliche Arten wie die Bachforelle sind an kaltes und sauerstoffreiches Wasser gewöhnt. Und wenn sie wie im Sommer 2022 beispielsweise in der Dornbirner Ach an die 30 Grad Wassertemperatur bekommt, dann wird es für die Bachforelle schon eng.“

Es werden sich andere Arten bei uns etablieren, meint Dürregger: „Das ist auch jetzt schon der Fall. Und es werden aber auch Arten zusehends verdrängt werden oder auch in höhere Lagen, wenn es denn möglich ist, übersiedeln müssen.“

Beinahe ausgetrocknetes Bachbett in Vorarlberg im Sommer 2022
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In beinahe ausgetrockneten und viel zu warmen Bächen wie hier im Sommer 2022 in Vorarlberg wird das Überleben für heimische Fische schwer

Große Trockenheit in Europa

Noch hat Vorarlberg also genug Wasser. Nicht weit entfernt schaut es aber schon ganz anders aus, erklärt der Meteorologe des ORF Vorarlberg, Thomas Rinderer: „Da braucht man sich nur drei Stunden ins Auto zu setzen, dann ist man in der Lombardei, wo man schon seit 2021 mit der Dürre kämpft. Besonders Westeuropa ist von der Trockenheit betroffen, sogar die sonst so regenverwöhnten Britischen Inseln.“

Auch bei uns ein Drittel weniger Niederschläge

In Österreich sind vor allem der Süden und Osten betroffen, erklärt Rinderer: „Wir im Westen haben zwar auch in den Wintermonaten um ein Drittel weniger Niederschlag als üblich abbekommen, der Regen und Schnee im März hat aber eine große Trockenheit bei uns bis jetzt zum Glück abwehren können.“

Alpenraum besonders stark betroffen

Der Alpenraum ist sogar besonders vom Temperaturanstieg betroffen, so der Meteorologe: „Während seit 1900 die Temperatur weltweit um 0,9 Grad zugenommen hat, ist dieser Wert bei uns doppelt so groß. Sprich, bei uns hat die Temperatur um rund 1,8 Grad zugenommen.“ Das liege daran, dass wir in der Mitte Europas kein Meer in der Nähe haben: „Die großen Wassermassen gleichen die Temperaturzunahme ein bisschen aus. Außerdem werden unsere Sommermonate immer sonniger und dadurch auch wärmer, weil das Subtropenhoch vom Mittelmeerraum sich immer öfter bis zu uns ausbreitet.“

Fehlender Regen und hohe Verdunstung

Über dem südlichen Atlantik liegt die meiste Zeit des Jahres das sogenannte Azorenhoch. Seine Ausläufer haben sich in den letzten zwei Jahren oft mit viel Hitze über Westeuropa ausgebreitet, sagt Rinderer: „Zum einen sind so kaum Regenfronten durchgekommen, zum anderen ist die Verdunstung umso höher, je höher die Temperatur ist. Diese Kombination aus fehlendem Regen und gleichzeitig hoher Verdunstung hat die Böden vielerorts austrocknen lassen.“