Blutdruck wird gemessen
APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH
POlitik

Pflegelehre: Bewerbung bereits jetzt möglich

Nach langjährigen Diskussionen will Vorarlberg diesen Herbst mit der Pflegelehre starten. Auch wenn die rechtlichen Details noch fehlen, kann man sich ab sofort für die Lehre anmelden, sagt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP). Das Land startet zudem eine Werbekampagne für die Pflegelehre. Massive Kritik kommt von der Gewerkschaft.

„Es muss ein Erfolg werden“, so die Vorgabe von Vorarlbergs Gesundheitslandesrätin Rüscher am Montag beim Startschuss der Werbekampagne für die Pflegeassistenz- und Pflegefachassistenzlehre. Man sei optimistisch, zum Start im Herbst zwölf bis 20 Interessierte zu gewinnen. Bis 2030 würden in Österreich rund 75.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, in Vorarlberg sind es 2.300. Die Pflegelehre sei ein wichtiger Baustein, um diese Lücke zu schließen, so Rüscher.

Zwei verschiedene Ausbildungsgänge

Lehrlinge können sich für die Pflegefachassistenz (vierjährige Lehre) oder für die Pflegeassistenz (dreijährige Lehre) entscheiden. Für Tätigkeiten an Patienten ist ein Mindestalter von 17 Jahren vorgesehen. Gesundheits- und Bildungsministerium schickten den entsprechenden Gesetzesentwurf Mitte Februar in Begutachtung.

Die Lehrlings-Entschädigung beträgt im ersten Lehrjahr 650 Euro, im zweiten 860 Euro und im dritten Lehrjahr dann etwas mehr als 1.200 Euro. Das ist weniger als in der Industrie, aber mehr als in vielen anderen Berufen.

Es handle sich um ein „sehr attraktives Berufsbild mit großen Karrierechancen“, so Rüscher – und um einen krisensicheren Job. Nach der Lehre gebe es viele Möglichkeiten für eine Weiterqualifikation – auch einen Bachelor oder Spezialisierungen, es stehe dann „der gesamte Pflegebereich offen“.

Seit Montag Bewerbungen möglich

In Vorarlberg will man in Sachen Pflegelehre jedenfalls keine Zeit verlieren: Bewerbungen können ab sofort direkt bei den Betrieben eingereicht werden. Interessierte können sich bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer informieren, sie hilft auch bei der Weitervermittlung an Ausbildungsbetriebe. Im Land drängt man seit über einem Jahrzehnt auf eine Pflegelehre und hat dabei das Schweizer Modell vor Augen. In der Eidgenossenschaft ist „Fachmann/-frau Gesundheit“ der drittbeliebteste Lehrberuf.

Auch für Österreich sehe man großes Potenzial, so Florian Kresser vom Sozialunternehmen AquaMühle. Es gebe viele „sehr reife Jugendliche“, die beruflich etwas Sinnstiftendes tun wollten, zudem seien viele Betriebe zu einer Ausbildung bereit. Mit einem Pilotmodell habe man bereits gute Erfahrungen gemacht.

Ausbildung direkt im Anschluss an die Pflichtschule

Klaus Müller von der Fachgruppe Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer erklärte, man könne nun endlich eine Pflegeausbildung direkt anschließend an die Pflichtschule anbieten. Man hoffe, dass die Lehrlinge eine Bindung zu ihrem Ausbildungshaus aufbauten und dann auch blieben. Die Pflegelehre sei ein Einstieg in einen zukunftssicheren Beruf.

Die Pflegelehre-Befürworter betonten, man sei sich bewusst, dass die Ausbildung für Betriebe ein Aufwand sei, zumal die Mitarbeiter vielerorts bereits jetzt stark belastet seien. Man sei aber überzeugt, mit entsprechenden Rahmenbedingungen bald auch noch Abwartende gewinnen zu können und mit der Pflegelehre einen Beitrag zur Entlastung im System zu leisten.

Sechs Betriebe bieten die Ausbildung bislang an

• Liebenau Österreich gemeinnützige GmbH mit Standorten St. Gallenkirch, Bartholomäberg, Schruns, Nüziders, Gaißau sowie das Seniorenheim Tschermakgarten und das Sozialzentrum Mariahilf in Bregenz
• Sozialzentrum Bezau-Mellau-Reuthe gGmbH
• Seniorenbetreuung Feldkirch
• RehaKlinik Montafon in Schruns
• Sozialzentrum Lebensraum Vorderland in Röthis
• Alten-, Wohn- und Pflegeheim Antoniushaus Feldkirch

Interessierte können sich an die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Vorarlberg in der Bahnhofstraße 24 in Dornbirn wenden. erreichbar per Mail an lehre@vkv.at bzw. 05522 305 1155 oder online.

Gewerkschaft kritisiert „Vorpreschen“

Massive Kritik am „Vorpreschen" Vorarlbergs bei der Pflegelehre kommt vom Vorsitzenden der GÖD Gesundheitsgewerkschaft und Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser, Thomas Steurer. „Im Herbst sollen Jugendliche diese Ausbildung beginnen, obwohl noch nicht einmal die Rahmenbedingungen geklärt sind, geschweige denn, klar ist, wer sie ausbilden soll“, kritisiert Steurer das Land in einer Aussendung der Gewerkschaft.

Die Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern und Pflegeeinrichtungen würden am Anschlag arbeiten und könnten „ganz sicher nicht auch noch nebenbei Jugendliche an die Hand nehmen“, so Steurer weiter. Die Pflegelehre drohe zu einem „riesengroßen Flop“ zu werden.

Für Steurer geht die Pflegelehre grundsätzlich in die falsche Richtung. „Das Personal fehlt nicht in der Pflegeassistenz, sondern im gehobenen Dienst." Zuallererst müssten die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden, dann gebe es auch wieder mehr Menschen, die sich für den Beruf interessierten, so Steurer.