Zwei iPhones von Apple
ORF.at/Dominique Hammer
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Chronik

Apple-Prozess in Feldkirch vertagt

Am Mittwoch hat sich der Techriese Apple in Feldkirch vor Gericht verantworten müssen. Es geht um die Frage, welche Nutzerdaten der Konzern speichert und wie er sie verwendet. Der Prozess ist vertagt worden, ein Sachverständiger soll sich der Sache annehmen. Es kann also noch dauern.

Wer technische Geräte mit Internetzugang nützt, muss davon ausgehen, dass persönliche Daten gespeichert und verwendet werden. Digitale Netzwerke wie Facebook haben ein ganzes Geschäftsmodell darauf aufgebaut. Sie versuchen, anhand der Daten zu erkennen, welche Werbung gezielt an den Nutzer oder die Nutzerin ausgespielt werden kann. Ob Google, Meta (der Facebook Mutterkonzern), Microsoft oder Apple: Alle sammeln Daten. Die Europäische Union hat vor einigen Jahren versucht, die ungebremsten Sammellust der Konzerne zu regeln.

Anwalt legt sich mit Konzernen an

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sollte vor allem dazu dienen, dass Nutzerinnen und Nutzer wieder selbst Herr ihrer Daten werden. Ein Anwalt aus Dornbirn zählt zu jenen Menschen in Österreich, die versuchen, die DSGVO anzuwenden. Er hat schon gegen die österreichische Post geklagt, legt sich mit Paypal, Samsung und Whatsapp an und zieht gegen Apple vor Gericht. Gestern fand am Landesgericht Feldkirch der Zivilprozess gegen Apple statt, der allerdings vertagt wurde. Die Richterin benötigt die Hilfe eines Gutachters.

Worum es geht

Der Anwalt benützt ein Apple IPad. Auf diesem IPad ist er mit seiner Apple-ID registriert. Und jetzt möchte er von Apple wissen, welche Daten Apple speichert, wofür sie verwendet werden und wer die Daten ansonsten erhält. Apple verweist auf die eigene Datenschutz-Plattform. Auf dieser Plattform können jene Daten beantragt werden, die der Konzern speichert. Der Dornbirner Anwalt hat das getan – und die Daten auch bekommen. Jetzt besitzt er unter anderem eine Datei, in der sein Klickverhalten im Apple-Store abgespeichert ist. Eine weitere Datei beinhaltet alles über den Book-Store, den der Anwalt auf seinem IPad eingerichtet hat. Der Apple-Konzern sieht seine Schuldigkeit getan. Der Dornbirner Anwalt widerspricht.

Woran es hakt

Ein Beispiel: Die Klick-Daten des Apple-Stores sind in einer sogenannten CSV-Datei geliefert worden. Wer sie in Excel öffnet, erhält eine lange Liste mit vielen Begriffen und Codes aus der Programmiersprache. Ausgedruckt ergeben sich 1.800 Seiten mit Daten. Die DSGVO besagt in Artikel zwölf aber, dass die Daten „in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln“ sind.

Der Dornbirner Anwalt sieht das nicht gegeben. Apple hingegen verweist auf ein weiteres Dokument, in dem erklärt werde, was die Begriffe bedeuten. Das würde reichen. Auch der Book-Store sorgt für Diskussionen. Im Datensatz finden sich nämlich nicht nur jene Bücher, die der Anwalt bei Apple gekauft hat, sondern auch alle anderen PDF, die er auf sein IPad hochgeladen hat. Und das gehe Apple nun wirklich nichts an, ist der Anwalt überzeugt. Und dann wären da noch die Sachen mit der Datenverarbeitung.

Was mit den Daten passiert

Laut Artikel 15 der DSGVO hat jede Person das Recht zu wissen, was mit den Daten geschieht. Apple hat dem Anwalt eine Liste mit einer Reihe von Verwendungszwecken übergeben. Nur: Laut Anwalt müsse der Konzern konkret die Daten und Verwendungszwecke im Einzelfall aufzeigen, was hier nicht der Fall ist. Apple stellt sich auf den Standpunkt, dass es genügt.

Außerdem könne man die Daten und die Verarbeitung gar nicht so detailliert zuordnen, sagt Apple weiter. Schließlich könnte die Apple-ID auch einem anderen Mann mit demselben Namen gehören. Es sei also gar nicht klar, ob es sich beim Besitzer der ID um besagten Mann handelt. Der Dornbirner kontert: Auf den Rechnungen im Apple-Store sei die Zuordnung ja auch möglich.

Die Sache mit dem Tracking

Die Track-ID ist eine Nummer, die jedem Nutzer zugewiesen wird. Anhand dieser ID kann das Surf- und Kaufverhalten gespeichert und analysiert werden. Werbekunden können mit dieser ID gezielt ihre Werbung schalten.

Der Dornbirner Anwalt möchte wissen, wer davon profitiert. Apple sagt jetzt: Man wisse es nicht und habe gar keinen Einfluss, weil das Betriebssystem die ID automatisch generiert. Der Anwalt entgegnet: Das Betriebssystem ist auch von Apple.

Wie das Gericht entschieden hat

Die zuständige Richterin erklärte zu Beginn des Prozesses, dass sie sich in der Materie nicht auskenne und sich vorerst nicht zu sehr mit den Argumenten der Seiten befassen wolle. Zuerst solle ein Sachverständiger beurteilen, ob die Auskunft von Apple ausreiche oder nicht – und erst dann möchte sie die Entscheidung treffen.

Was der Prozess kostet

Die Zivilprozessordnung sieht vor, dass alle Beweise in deutscher Sprache vorgelegt werden. Apple antwortet dem Nutzer aber auf Englisch, auch die Datenpakete und die Erklärungen sind nicht auf Deutsch. Die Dokumente stammen von Apple, aber der klagende Anwalt möchte sie als Beweis einreichen.

Theoretisch muss er also jedes Schriftstück von einem beeideten Dolmetscher übersetzen lassen, das kostet Zeit und Geld. Auch für den Sachverständigen müssen die beiden Seiten Geld zur Verfügung stellen – zunächst einen Vorschuss von je 3.000 Euro. Dazu kommen Anwalts- und Prozesskosten in der Höhe von mehreren Tausend Euro sowie das Prozessrisiko.

Wie es einfacher möglich wäre

Theoretisch ist die Datenschutzbehörde die richtige Anlaufstelle, nicht das Gericht. Das Problem: Die meisten Tech-Konzerne unterhalten ihre Europa-Niederlassungen zum Beispiel in Irland oder Luxemburg. Das hat zwar vor allem steuerliche Gründe, allerdings spielt auch der Datenschutz eine entscheidende Rolle bei der Standortwahl. Die österreichische Behörde muss die Beschwerden an ihre Pendants in den anderen Ländern weiterreichen. Dort versanden solche Verfahren gerne.

Wie es weiter geht

Das Gericht wartet jetzt auf das Ergebnis des Sachverständigen. Währenddessen werden in Feldkirch weitere Fälle behandelt. Auch Whatsapp und Paypal müssen sich bald dem Zivilgericht in Feldkirch stellen.