Ganztagesklassen Kinderbetreuung
ORF Vorarlberg
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Bildung

Kein Personal für neue Ganztagesklassen

Tagesbetreuungsmodelle und die Ganztagesschule sollen dazu beitragen, Frauen vermehrt in Vollzeitstellen zu locken. Eigentlich sollten Ganztagesschulen mit verschränktem Unterricht ausgebaut werden, doch diese Entwicklung ist derzeit rückläufig: In Dornbirn fehlt beispielsweise das Personal, um neue Ganztagesklassen einzurichten.

Nach acht Jahren mit Ganztagesklassen sei es an der Volksschule Haselstauden in Dornbirn in diesem Jahr beispielsweise nicht möglich, eine neue Klasse einzurichten – obwohl Bedarf bestehe, sagt Direktor Jürgen Sprickler. Man habe zu wenig Lehr- und Betreuungspersonal sowie Freizeitpädagoginnen und Freizeitpädagogen.

„Es braucht meiner Ansicht nach einfach zwei Lehrpersonen, durchgehend eine Doppelbesetzung“, argumentiert Sprickler. „Davon spricht man schon seit Jahrzehnten“, sagt er. Gerade in Ganztagesklassen, in denen man mit einer herausfordernden sozialen Zusammensetzung konfrontiert sei, wären zwei Betreuungspersonen Sprickler zufolge „dringend notwendig“.

Gemischte Gruppen als Herausforderung

Ganztagesklassen könnten insofern eine Herausforderung sein, als sie per Zufallsprinzip zusammengesetzt werden. Oft gibt es an den Schulen pro Jahrgang nur eine Klasse, sodass verhaltensauffällige Kinder nicht getrennt betreut werden können. Die Zusammensetzung der Klassen sei so manchmal schwierig, weil jedes Kind sein eigenes Paket mitbringe und gewisse Vorbelastungen habe, beschreibt Friederike Mörschler, Lehrerin in der Ganztagesklasse.

In den Klassen würden verhaltensauffällig oder sozial-emotional nicht dem Stand entsprechende Kinder aufeinander treffen, sagt sie. Hinzu komme, dass die Kinder in ihrer Klasse aus sieben verschiedenen Nationen oder aus schwierigen Familienverhältnissen kommen würden.

Rahmenbedingungen für zwei Lehrpersonen nicht gegeben

Die Rahmenbedingungen für zwei Lehrpersonen pro Ganztagesklasse seien noch nicht geschaffen worden, urteilt Sprickler, denn niemand fühle sich zuständig dafür. Die Stadt Dornbirn argumentiere damit, dass sie lediglich in der Rolle des Schulerhalters sei, was auch stimme. „Nur sind es auch Dornbirner Kinder und Dornbirner Lehrpersonen“, gibt er zu bedenken. Vonseiten der Bildungsdirektion gebe es noch zu wenig Unterstützung.

Debatte um Ganztagesklassen

Nach acht Jahren mit Ganztagesklassen gibt es heuer erstmals keine neue verschränkte Ganztagesklasse, obwohl der Bedarf da ist.

Qualifiziertes Personal für Betreuung „wie zuhause“

An der Ausweichschule Fischbach in Dornbirn sieht man das ähnlich: „Ich würde mir wünschen, dass es mehr qualifiziertes Personal in die Schule treibt“, sagt Direktorin Barbara Röser. „Das heißt, dass die Kinder von A bis Z, also von 8.00 bis 16.00 Uhr, so betreut sind, wie ich es mir auch als Mutter oder Vater vorstellen könnte, wenn ich das Zuhause machen würde“, betont sie.

Das Programm sollte dementsprechend vielfältig sein, auch sportlich-kreativ. „Das ist einfach nicht gewährleistet in den verschränkten Ganztagesformen, weil das Personal gerade im Freizeitbereich zu wenig Qualifikationen hat“, sagt Röser.

Lehrpersonen können auch Freizeitbetreuung übernehmen

Die Volksschule Edlach in Dornbirn gilt als Vorzeigeschule. Direktorin Heide Flatschacher glaubt, dass die Lösung sei, dass die Lehrerinnen und Lehrer auch die Freizeitbetreuung der Kinder übernehmen. „Wir sind von niemandem abhängig, von keinem externen Freizeitbetreuer. Wir können flexibel unsere Freizeitstunden gestalten, können sie auch blocken“, argumentiert sie.

Man könne auch als Lehrperson mit den Kindern Freizeitaktivitäten wie Skifahren, Rodeln oder Schwimmen durchführen, sagt Faltschacher. „Und auch wenn wir in der Lernzeit merken, dass die Kinder einfach müde werden, dann können wir spontan darauf reagieren und eine Freizeiteinheit einschieben“, erklärt sie.

Freizeitbetreuung nicht Teil der Lehrverpflichtung

Das sei aber nur möglich, weil die Lehrerinnen ein zweites Anstellungsverhältnis in Kauf nehmen. Für die anderen Schulen ist das allerdings kein Thema: „Wir brauchen unsere Lehrpersonen ganz dringend für den Unterricht“, betont Sprickler. Im Rahmen einer Lehrverpflichtung sei die Freizeitbetreuung nicht möglich. Dass die Lehrpersonen dafür eine zweite Anstellung annehmen müssten und für diese Stunden schlechter bezahlt würden, ist für ihn nicht denkbar.