Leere Wohnung
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

Enorme Wohnkosten belasten Vorarlberger

Die Rekord-Inflation verschärft die Miet- und Kreditsituation weiter. Die Vorarlberger Arbeiterkammer hat deshalb eine Wohnumfrage durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass mehr als ein Drittel der Teilnehmenden mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten ausgeben.

Mehr als 2.000 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben im Jänner an der Online-Umfrage der Arbeiterkammer Vorarlberg zum Thema Wohnen teilgenommen und ihre persönliche Situation geschildert. Die Umfrage fand über einen Zeitraum von zwei Wochen statt. Es war nach 2018 die zweite große Umfrage der AK Vorarlberg zur Wohnsituation in Vorarlberg.

Die Ergebnisse zeigen, dass immer mehr arbeitende Menschen in Vorarlberg Probleme haben, die Wohnkosten zu bezahlen. „43 Prozent dieser Leute müssen schon mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete und für die Betriebskosten aufwenden. Das ist maximal zu viel, damit kann man sich den Rest des Lebens kaum mehr leisten“, sagt Arbeiterkammer-Direktor Rainer Keckeis.

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Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die langfristige Entwicklung bis 2021 zeigt, dass die Schere zwischen Einkommen und Wohnkosten immer weiter aufgeht. Dazu kommt eine Rekord-Inflation von 8,6 Prozent im Jahr 2022, über 11 Prozent im Januar 2023, noch nicht absehbare Konsequenzen der Energiekrise und steigende Zinsen bei Wohnbaukrediten.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die Literatur klassifiziert Haushalte, die mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufwenden, als belastet. Laut aktueller AK Umfrage geben bereits 37 Prozent mehr als 40 Prozent des Einkommens für Wohnen aus und gelten als belastet . Der Anteil der Betroffenen ist bei den Mieterinnen am höchsten (43 Prozent), bei den Eigentümerinnen ist es knapp ein Drittel. 51,2 Prozent der Hauseigentümerinnen und sogar 57,4 Prozent der Wohnungseigentümerinnen haben gemischt oder ganz variabel verzinste Kredite. Durch die steigenden Zinsen wird der Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen weiter steigen.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die direkte subjektiv wahrgenommene Belastung der Umfrage-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, nicht zwangsläufig durch die aktuelle Teuerung bedingt, variiert je nach Wohnsituation stark. Abbildung 3 zeigt u.a., dass 51 Prozent der Mieterinnen und Mieter in privater Miete sich stark belastet fühlen. Auch fast ein Viertel der Eigentümerinnen und Eigentümern spürt eine starke Belastung durch die Wohnkosten.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Diese Abbildung verdeutlicht, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen bei den Ausgaben für Wohnen enorm belastet sind. Die Grafik zeigt zudem die Verteilung der Haushaltseinkommen und durchschnittlichen Wohnkosten pro Einkommensklasse. Knapp 6 Prozent der Umfrage-Teilnehmerinnen verdienen weniger als 1.400 Euro und müssen davon durchschnittlich 49 Prozent für Wohnkosten aufwenden. Sogar Umfrage-Teilnehmerinnen mit einem Einkommen zwischen 1.801 Euro und 2.100 Euro geben im Durchschnitt 42 Prozent für Wohnkosten aus.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die Abbildung zeigt, wie stark die aktuelle Teuerung bzw. Inflation die Wohnsituation der Umfrage-Teilnehmerinnen beeinflusst. 29,4 Prozent aller Teilnehmerinnen geben an, betroffen zu sein, und nicht sicher zu wissen, wie lange sich das noch ausgeht. 4,8 Prozent geben sogar an, so stark betroffen zu sein, dass es nicht mehr leistbar ist.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die Situation für Eigentümerinnen zeigt ein ähnliches Bild: Die Ausgaben pro Quadratmeter unterscheiden sich über die Einkommensklassen hinweg kaum (siehe Abbildung 5). Bei höheren Einkommen gibt es einen leichten Trend zu höheren Kosten. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Quadratmeter sind für Eigentümerinnen mit 11,1 Euro aber deutlich unter den 13,9 Euro der Mieterinnen.
Umfrage Arbeiterkammer zu Wohnsituation
Arbeiterkammer Vorarlberg
Die monatlichen Ausgaben für Wohnen pro Quadratmeter sind unabhängig vom Einkommen ähnlich hoch. Für Mieterinnen mit niedrigem Einkommen scheint es nicht möglich, eine günstigere Wohnung zu finden. Sie sind dem Markt ausgeliefert. Die Abbildung zeigt die regionalen Unterschiede nach Einkommensklassen. Die durchschnittlichen Preise pro Quadratmeter sind in Bludenz am niedrigsten, in Dornbirn sind sie am höchsten.

Forderung nach einheitlichem Mietrecht

Kurzfristig fordert Arbeiterkammer-Präsident Bernhard Heinzle, dass für Wohnungsmieten ein einheitliches Mietrecht geschaffen wird und er fordert eine Inflationsbremse bei Mieten. „Jetzt können die Mieten zwei Mal im Jahr erhöht werden. Wenn jetzt die Inflation bei elf Prozent ist, bedeutet das, dass ich statt 1.000 Euro Miete 1.100 Euro bezahle. Wir sagen, das kann nur ein Mal im Jahr erhöht werden und das mit zwei Prozent gedeckelt. Sonst wird sich das für einige Mieterinnen und Mieter nicht mehr ausgehen“, meint Heinzle.

Baubewilligungen nur noch bei Wohnbedarf

Langfristig braucht es ein klares Bekenntnis zu Grundrecht auf Wohnen. Baubewilligungen sollen nur erteilt werden, wenn ein Wohnbedarf nachgewiesen wird, sagt Keckeis. „Wir brauchen auch im Bereich Betriebsgrundstücke für unsere Industrie- und Gewerbebetriebe verfügbare Flächen, damit die Wirtschaft hier boomt. Das ist die Grundlage, dass wir Einkommen erwerben und dass wir uns dann auch Wohnungen leisten können“, sagt Keckeis.

Um die enorme Kostenentwicklung des letzten Jahrzehnts bei Bodenpreisen einbremsen zu können, soll ein Grundstücksfonds des Landes zum gezielten Ankauf von Grundstücken dem sozialen Wohnbau und dem Wohnbau zum Eigenbedarf zugute kommen.