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Bildung

Sorge um Wert der mündlichen Matura

Seit zwei Jahren wird bei der Beurteilung der mündlichen Matura die Note aus dem Jahreszeugnis der Abschlussklasse berücksichtigt. Wer eine Note von Sehr gut bis Befriedigend im Zeugnis stehen hat, kann auch mit einer negativen Leistung bei der Prüfung die Matura bestehen. AHS-Direktoren sorgen sich jetzt um den Wert der Matura.

Die Gesamtnote der mündlichen Matura setzt sich zur Hälfte aus der Jahresnote und zur Hälfte aus der Prüfungsnote zusammen. Wer eine Note von Sehr gut bis Befriedigend im Jahreszeugnis stehen hat, muss bei der mündlichen Matura nur erscheinen und – wie es im Gesetzestext heißt – bei der Prüfung „mitwirken“.

„Mitwirkung heißt einfach nur, dass der Schüler bei der Prüfung anwesend ist und in irgendeiner Form auf die Frage antwortet“, erklärt Markus Germann, Sprecher der Vorarlberger Gymnasialdirektoren. „Es genügt, wenn er die Frage wiederholt und zeigt, dass er sie gelesen hat. Aber er muss inhaltlich keine Antwort auf die Frage geben und nichts über die Frage wissen“, bedauert er. Das lässt ihn am Wert der Matura zweifeln.

Kritik an mündlicher Matura

Seit Corona ist ein Fleck bei der mündlichen Matura kein großes Problem mehr: Vorausgesetzt die Jahresnote im Zeugnis ist mindestens ein Dreier, so muss eine Maturantin oder ein Maturant defacto nur erscheinen, um positiv abzuschließen. Das wirft die Frage auf, welchen Wert die mündliche Matura da noch hat.

Forderung nach einer Kompetenzschwelle

Auch bei den schriftlichen Reifeprüfungen fließt die Jahresnote in die Gesamtnote mit ein. Allerdings muss schriftlich eine gewisse Punkteanzahl erreicht werden, damit man besteht. Eine solche Kompetenzschwelle fordert der Österreichische Direktorenverband jetzt auch für die mündliche Reifeprüfung. Ein entsprechendes Schreiben habe man zu Beginn des Jahres bereits an das Bildungsministerium geschickt, sagt Germann.

Negative Beurteilung einer Prüfung sei möglich

Dieser Kritik widerspricht der Pädagogische Leiter der Vorarlberger Bildungsdirektion, Andreas Kappaurer. Die Maturakommission hätte sehr wohl die Möglichkeit, eine Maturantin oder einen Maturanten mit einer unzureichenden Leistung bei der mündlichen Matura negativ zu beurteilen. „Es muss ein Zuarbeiten da sein. Es müssen Antworten im sinnvollen Zusammenhang mit der Fragestellung gegeben werden, ansonsten kann die Kommission eine Prüfung als negativ beurteilen“, argumentiert Kappaurer.

Maturanten wehren sich gegen Kritik

Die Maturantinnen und Maturanten wehren sich gegen die Kritik der Schulleitungen. Sie argumentieren, dass die Berücksichtigung der Jahresnote ein faireres Bild abgebe, denn so sei es möglich, die Leistung des gesamten Schuljahres abzubilden. „Es ist vielleicht sogar ein faireres Bild, wenn man den gesamten Zeitraum der Leistung der Schüler betrachtet. Ich glaube, das ist richtig so“, sagt beispielsweise Benjamin Chromy, Maturant am BG Dornbirn.

Darüber hinaus sei die Jahresnote eine Stütze für die Schülerinnen und Schüler: „Wenn man die Note dazuzählen kann, kann das viele retten. In der Situation während der Matura ist man in der Aufregung, hat Stress – das kann vielleicht jemandem unter die Arme greifen“, spricht sich auch Hanna Keskic, Maturantin am BG Dornbirn, für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung aus.

Verkleinerte Maturakommissionen in der Kritik

Doch auch die Verkleinerung der Maturakommissionen sorgt für Unmut – sowohl bei den Direktorinnen und Direktoren als auch bei der Bildungsdirektion. Während der Coronavirus-Pandemie wurden die externen Vorsitzenden aus den Kommissionen gestrichen, was bis heute beibehalten wurde.

Für Germann fällt damit ein wichtiger „Qualitätscheck“ von außen weg. „Natürlich kann auch der Direktor der jeweiligen Schule den Vorsitz übernehmen, keine Frage“, beschreibt er. „Aber wenn dieses Element einer Person, die von außen an die Schule kommt, da ist, dann hat das eine andere Wirkung, als wenn alle Dinge nur an der Schule selber abgewickelt werden“, erklärt Germann.

Bei der Vorarlberger Bildungsdirektion sieht man das ähnlich. Eine externe Person bringe doch andere Einblicke in die Prüfungsdiskussion mit ein, meint Kappaurer. Eine Änderung der derzeitigen Regelungen sei aber erst dann zu erwarten, wenn der Ruf der Schulen danach lauter werde.