Patientin bei Aufnahme
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Gesundheit

Industrie für telefonische Krankmeldung

Vorarlberg Arztpraxen sind voll, weil viele eine Krankmeldung für den Arbeitgeber brauchen. Bislang sind telefonische Krankschreibungen nur bei Covid möglich. GKK, Ärtze- und Wirtschaftskammer wollen das auch beibehalten, während die Industriellen Vereinigung für eine Ausweitung wäre.

In Wien kann man auch bei Influenza oder Grippe eine telefonische Krankmeldung holen. Die Wiener Ärztekammer spricht von einer großen Entlastung der Ordinationen und wünscht sich das für ganz Österreich. Die Vorarlberger Wirtschaftskammer und die Gesundheitskasse (ÖGK) können hingegen nicht nachvollziehen, wie eine telefonische Krankmeldung die Hausärzte entlasten könnte.

Industriellenvereinigung würde Ausweitung befürworten

Martin Ohneberg, Präsident der Vorarlberger Industriellen-Vereinigung, hält das für eine gute Idee: „Klar ist, dass wir derzeit ein Riesenproblem haben mit den Krankenständen in den Unternehmen der Industrie. Wir haben auf der anderen Seite ein massives Problem auch im Gesundheitswesen mit der Verfügbarkeit von Personal und das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.“ Deshalb müssten sich Wirtschaft und Industrie auch öffnen und eine Krankmeldung übers Telefon ermöglichen, sagt Ohneberg auf Nachfrage der ORF Vorarlberg. Das würde für Patienten und Ärzte einiges einfacher machen.

Wirtschaftskammer und ÖGK sehen keinen Vorteil

Die Wartezimmer würden vielleicht nicht so überfüllt sein, sagt Wirtschaftskammerpräsident Wilfried Hopfner. Die Mediziner müssten sich aber auch am Telefon intensiv mit den Patientinnen und Patienten befassen. „Auch wenn der Patient anruft und sagt, dass er eine Krankmeldung braucht, gehe ich davon aus, dass eine gewisse Analyse gemacht werden muss. Es wird vermutlich zu etwas weniger Belastung in den Wartezimmern kommen, aber ich glaube nicht, dass es zu weniger zeitlicher Beanspruchung kommt“, sagt Hopfner.

Auch GKK sieht keinen Vorteil

So argumentiert auch ÖGK-Vorsitzender Christoph Jenny. Der Aufwand für eine telefonische Krankschreibung sei nicht geringer als beim Arztbesuch. Zudem könnten sich Ärzte beim persönlichen Patientenkontakt ein besseres Bild machen. In Absprache mit der Ärztekammer werde man die telefonische Krankmeldung daher nicht ausweiten, sagt Jenny.

IV: Missbrauch auch im bestehenden System

Was Hopfner und Jenny dabei nicht ansprechen, bringt IV-Präsident Ohneberg auf den Punkt: „Selbstverständlich besteht immer die Gefahr des Missbrauches. Allerdings muss man halt auch geeignete Maßnahmen finden, dass man den bestmöglich vermeidet. Insbesondere muss man auch sagen, dass es ja beim bestehenden System immer wieder Missbrauch gibt in Form von Krankschreibungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eigentlich nicht krank sind.“

Ärztekammer gegen Ausweitung

Da auch die Ärztekammer den Ausbau der telefonischen Krankmeldung ablehnt, bleibt diese in Vorarlberg nur für Menschen mit positivem Coronavirus-Test.

Patientenanwalt Alexander Wolf zeigt sich skeptisch. Natürlich wäre es ein Vorteil für Menschen mit Grippe, wenn sie nicht in die überfüllten Ordinationen gehen müssten, um sich krankschreiben zu lassen. Wolf befürchtet jedoch, dass die Qualität von Diagnose und Therapie abnimmt, wenn Ärzte ihre Patienten nicht mehr sehen, sondern nur noch mit ihnen telefonieren würden.