Landeshauptmann Wallner
ORF Vorarlberg
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Politik

Wallner-Ermittlungen stehen vor Einstellung

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat in der Causa Wallner einen Vorhabensbericht in der Wirtschaftsbund-Affäre an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Das bedeutet: Die Ermittlungen stehen kurz davor, eingestellt zu werden. Ein Teil der Ermittlungen gegen die ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktoren Jürgen Kessler und Walter Natter sind bereits eingestellt worden – allerdings nicht rechtskräftig.

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Landeshauptmann Markus Wallner scheinen bald eingestellt zu werden. Die WKStA bestätigt auf Anfrage des ORF Vorarlberg, dass schon vor einem Monat ein Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien geschickt worden ist. Das tut sie dann, wenn sie Anklage erheben möchte oder ein Verfahren einstellt. Dem ORF Vorarlberg und der ZIB2 liegen die Ermittlungsakten vor. Daraus geht hervor: Die WKStA hat gegen Wallner nichts in der Hand.

Ihre Anklage beruht auf einem VN-Bericht über eine eidesstattliche Erklärung. Ein nicht genannter Manager beschuldigt Wallner, für Inserate im Wirtschaftsbund-Magazin geworben zu haben – und Gegenleistungen angeboten zu haben. Die Staatsanwälte vermuteten, den Mann gefunden zu haben. Doch der stritt bei der Zeugenvernehmung alles ab. Damit dürfte das Verfahren jetzt eingestellt werden.

Teil der Verfahren gegen Kessler und Natter eingestellt

Der Ermittlungsakt zeigt, dass andere Ermittlungen bereits eingestellt worden sind. Es geht um die Geldflüsse zwischen dem ÖVP-Wirtschaftsbund und den Wirtschaftslandesräten. Die WKStA ermittelt deshalb nicht nur gegen Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und seinen Vorgänger Karlheinz Rüdisser (beide ÖVP). Auch gegen die ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktoren Jürgen Kessler und Walter Natter sowie den ehemaligen Obmann Hans Peter Metzler ermitteln die Staatsanwälte. Das Verfahren gegen Kessler und Natter in diesem Punkt ist aber eingestellt worden. Das Straflandesgericht Wien hat einen entsprechenden Antrag der Beiden angenommen. Die WKStA hat allerdings Berufung eingelegt, die Einstellung ist also noch nicht rechtskräftig.

Chauffeur verwaltete Handkasse

Der Grund für die Einstellung lässt sich anhand der Zeugenvernehmungen im Ermittlungsakt rekonstruieren. Zwischen den Jahren 2015 und 2019 sind in regelmäßigen Abständen jeweils 500 Euro an Rüdisser ausgezahlt worden. Insgesamt kommen laut Ermittlungsakt 6.500 Euro zusammen. Marco Tittler hat demnach ab 2019 noch einmal drei Auszahlungen erhalten, insgesamt handelt es sich um 2.000 Euro.

Jetzt steht fest: Der Chauffeur der Politiker hat die Wirtschaftsbund-Handkasse für sie verwaltet. Er verwahrte das Geld im Auto. Immer, wenn es drohte, weniger zu werden, wandte er sich wieder an den Wirtschaftsbund.

Geldflüsse bereits unter Rein

Karlheinz Rüdisser schildert bei seiner Einvernahme: Im Dezember 2008 habe ihn sein Vorgänger Manfred Rein gefragt, ob er die Funktion des Landesrats übernehmen möchte. „Ich habe zugesagt. Und im Zuge der Übernahme hat mir Landesrat Rein erklärt, dass ich in meiner Funktion als führendes Mitglied des Wirtschaftsbundes im geringen Umfang Spesen für meine politischen Tätigkeiten zur Verfügung gestellt bekomme.“ Das bedeutet: Die Geldflüsse hat es schon unter Rein gegeben.

Rüdisser erläutert weiter: „Ich musste mich um die Abwicklung nicht kümmern, dies erfolgt durch meinen Chauffeur, der schon zuvor zehn Jahre für Landesrat Rein tätig war. Ich habe daher nie persönlich Geld bekommen.“ Ein Beispiel für die Ausgaben: Rein habe Rüdisser empfohlen, sich um die Mitarbeiter der Straßenerhaltung zu kümmern. Der Wirtschaftsbund habe die Jause für sie bezahlt – direkt aus der Handkasse des Chauffeurs. Selbiges gilt für die Weihnachtskarten mit 50-Euro-Jausengeld an alle Straßenbauhöfe sowie „ein bis zwei Kisten Bier“, fährt Rüdisser fort.

Bargeld selbstständig von Chauffeur verwaltet

Frage der Ermittler: „Wer hat dem Chauffeur angeordnet, das Bargeld jeweils beim Wirtschaftsbund zu holen?“ Antwort Rüdisser: „Niemand hat es ihm angeordnet, ich auf alle Fälle nicht. Es war diese Vorgehensweise wie bereits unter Landesrat Rein fortgesetzt worden.“ Frage: „Wem hat er das Geld übergeben?“ Antwort: „Niemandem, er hat es selbständig für die Aufwendungen verwendet.“

Sein Nachfolger Marco Tittler erklärt ebenfalls: Das Geld sei nie bei ihm gelandet. „Ich persönlich hatte zu keinem Zeitpunkt Kenntnis über die Höhe und den Zeitpunkt der Geldübernahme“, sagt Tittler. Und: „Ich möchte jetzt auch klar festhalten, dass seit Anfang des Jahres 2022 diese Ausgaben aus den Verfügungsmitteln des Landes bestritten werden.“

Chauffeur bestätigt Aussagen der Landesräte

Der Chauffeur ist als Zeuge befragt worden. Er bestätigt die Aussagen der Landesräte. Seine Aufgabe sei es auch gewesen, dass im Büro genügend Getränke sowie Süßigkeiten und Kaffee zur Verfügung standen. „Ich habe dazu immer die Einkäufe getätigt und eine eigene Handkasse bei mir im Dienstauto gehabt. Ich hatte ein Kuvert mit Geld. Und wenn dieses Geld zu Ende ging, dann habe ich wieder um eine weitere Zahlung beim Wirtschaftsbund angesucht.“ Ein Kassabuch habe er nicht geführt. „Man hat mir vertrauen, dass ich mit dem Geld ordnungsgemäß, ordentlich und sparsam umgehe. Was ich auch getan habe.“ Außerdem sagt er: „Es hat niemanden interessiert, wie ich die Bargelder vom Wirtschaftsbund für die Einkäufe verwendete.“ Er habe deshalb keine Einkaufsbelege aufbehalten. Jetzt würde er es natürlich genau dokumentieren.

Eines stellt der Chauffeur ebenfalls klar: Ihm habe niemand dazu den Auftrag erteilt. „Das hat sich so über die Jahre eingebürgert und ich habe selbstständig entschieden, wann ich eben wieder für meine von mir verwaltete Kassa Geld benötigte.“

Wirtschaftsbund bezahlte Weihnachtfeiern der Landesräte

Dem Wiener Straflandesgericht hat deswegen die Ermittlungen eingestellt, die WKStA Berufung eingelegt. In einem anderen Punkt laufen die Ermittlungen gegen Kessler und Natter aber weiter. Der Wirtschaftsbund hat nämlich auch die Weihnachtsfeiern der Landesräte bezahlt. Zu Gast waren nicht nur die Landesräte und deren Mitarbeiter, sondern auch die Vorstände diverser Abteilungen im Landhaus und Mitarbeiter des Wirtschaftsbundes. Bei diesen Zusammentreffen hätte es ebenfalls zu Korruption kommen können, meinen die Ermittler. In diesem Fall ermitteln sie immer noch gegen Rüdisser, Tittler, Kessler und Natter.