Unter dem Titel „Zfrieda schaffa im Krankahus“ führte die Arbeiterkammer Vorarlberg heuer gemeinsam mit der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft und dem Zentralbetriebsrat eine Umfrage zur Arbeitszufriedenheit in den Landesspitälern durch. Fast 5.000 Frauen und Männer arbeiten in den Landeskrankenhäusern, 21 Prozent davon aus allen Bereichen haben an der Befragung teilgenommen.
Mehr als jeder Vierte denkt an einen Berufswechsel
Zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit und immer mehr Verwaltung – so lassen sich die Ergebnisse der Befragung in aller Kürze zusammenfassen. 72,8 Prozent der Befragten klagen über einen überbordenden Verwaltungsaufwand, 65,8 Prozent leiden unter dem steigenden Arbeitsaufwand wegen fehlender Übergangspflege und 62,2 Prozent empfinden die zunehmende Zahl betagter Patientinnen und Patienten als belastend. Jeder Vierte fühlt sich mehrmals pro Woche am Ende eines Arbeitstages völlig verbraucht, 13 Prozent der Befragten fühlen das jeden Abend. Mehr als jeder Vierte denkt oft oder immer daran, den Beruf zu wechseln.
Präsentismus
Häufig arbeiten Beschäftigte trotz einer Erkrankung weiter, entweder von zu Hause aus oder vor Ort. Das Arbeiten trotz Erkrankung wird auch Präsentismus genannt.
Fast die Hälfte (42,6 Prozent) der Befragten geht sogar öfter krank zur Arbeit. Der sogenannte Präsentismus gilt laut Arbeitswissenschaftler Heinrich Geissler, er hat die Befragung geleitet und ausgewertet, als künftiges Gesundheitsrisiko: „Mehr als fünf Präsentismustage erhöhen das Risiko von mehr als 30 Tagen Krankenstand.“
Arbeitszufriedenheit in den Krankenhäusern
Die Belastung für das Krankenhauspersonal ist enorm hoch. Jede/r Vierte überlegt sich, einen anderen Job zu suchen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Arbeiterkammer hervor.
Fast die Hälfte will weniger arbeiten
Sieben Prozent der Befragten wollen mehr, aber 46 Prozent wollen weniger arbeiten. Überdurchschnittlich hoch vertreten ist dabei die Altersgruppe der 26- bis 30-Jährigen (58,1 Prozent) und die Zahl derer, die erst maximal fünf Jahre zum Betrieb gehören (57 Prozent), die der Ärztinnen und Ärzte (64,6 Prozent) und jene, die mehr als 20 Überstunden machen (62,6 Prozent). Fast jeder Achte will aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten.
Arbeiterkammer fordert Entlastung
Das unterstreicht in den Augen von AK-Präsident Bernhard Heinzle den dringenden Bedarf an Maßnahmen zur Entlastung dieser Personengruppen, etwa durch Personalaufstockung, Betreuungsangebote für Kinder und/oder übernommene Pflegeverantwortungen und verlässliche Dienstpläne. Geissler spricht sich für eine bessere Anerkennungskultur aus, also dass die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten mehr anerkannt und gewürdigt wird. Ebenfalls wichtig wäre es aus Sicht des Arbeitswissenschaftlers, dass die Arbeit effektiver gestaltet wird, um sogenannte Stehzeiten zu vermeiden.
„Natürlich brauchen wir mehr Personal, aber das wird noch dauern. Deshalb konzentrieren wir uns auf das bestehende Personal. Es geht darum, dass wir die Bedürfnisse der Mitarbeitenden vor allem hinsichtlich der Dienstpläne (Stichwort: keine ständigen Überplanung, vor allem bei Teilzeit) und hinsichtlich der empfundenen großen Belastungen ernst nehmen", sagt Zentralbetriebsrat Thomas Steurer.
„Für uns war es wichtig, gerade jetzt proaktiv hinzusehen und die Bedürfnisse und Anregungen der Mitarbeiterschaft einzuholen und zu analysieren. Der Fachpersonalmangel ist auch im Gesundheitswesen angekommen und wird für lange Zeit bleiben. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es nun, darauf Antworten zu finden und den sehr wertvollen Beruf Pflege zu pflegen“, sagt der Direktor der Krankenhausbetriebsgesellschaft, Gerald Fleisch.
Aber nicht alles ist schlecht aus Sicht der Mitarbeitenden
Es ist aber auch nicht alles schlecht aus Sicht der Krankenhaus-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: vier von fünf Befragten würden jederzeit wieder einen Beruf im Gesundheitswesen ergreifen – und fast alle davon erneut in den Landeskrankenhäusern.
Politische Diskussion
Die Befragung über die Zufriedenheit des Personals in den Krankenhäusern führte zu einer neuen Diskussion über die Pflege. Die Gewerkschaftsvertreterin und SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer sieht die Ergebnisse als Armutszeugnis für die Politik. Der Unmut unter den Beschäftigten werde immer größer. Immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden an die Grenzen stoßen und sogar den Job hinschmeißen. Auer verlangt mehr Personal für die Landeskrankenhäuser.
Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) erklärte, das Land habe bereits zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen gestartet – dazu gehöre der weitere Ausbau der Personalsuche sowie Ausbildungsprogramme und Supervisionsmöglichkeiten für Mitarbeitende.
„Punktuell“ gebe es durch den Personalmangel auf einzelnen Stationen besonders belastende Situationen, es könne aber nicht generell von einer prekären Arbeitssituation für alle Bediensteten gesprochen werden, so Rüscher. Erfreulich sei, dass 80 Prozent der Mitarbeitenden angegeben hätten, dass sie wieder im Krankenhaus arbeiten würden. „Die Befragung hat aber auch aufgezeigt, dass die Organisation nach drei Jahren Pandemie sehr erschöpft ist. Das gilt es anzugehen und wird angegangen.“