Betriebskostenabrechnung
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Soziales

Sozialwohnungen: Betriebskosten steigen

Energiekosten und die Teuerung bei den Dienstleistungen wirken sich kräftig auf die Betriebskosten im gemeinnützigen Wohnbau aus. Mieterinnen und Mieter müssen mit zehn bis 20 Prozent höheren Kosten rechnen. Die Teuerung auf dem Bau lässt die Mietpreise für Neubauwohnungen auch bei den Gemeinnützigen steigen.

Vorarlbergs gemeinnützige Wohnungen sind begehrt. Die Mieten bewegen sich bei rund acht Euro pro Quadratmeter, dazu kommen Betriebskosten von ungefähr zwei bis drei Euro. Die Mieten werden nicht indexiert – sie bleiben von der Teuerung also unberührt. Die Wartelisten für solche Wohnungen sind lang.

Ganz ohne Erhöhung wird es aber auch in Sozialwohnungen nicht gehen. Diesen Monat werden nach und nach die neuen Vorschreibungen für die Betriebskosten bei den Bewohnern eintrudeln. Sie dürften bis zu zehn Prozent höher sein als bisher.

Stabile Betriebskosten bei Sozialwohnungen

In Vorarlberg gibt es rund 20.000 gemeinnützige Wohnungen, die für Menschen sind, die sich im privaten Immobilienmarkt keine Wohnungen leisten können. Diese sogenannten Sozialwohnungen sind öffentlich gefördert. Aus diesem Grund bleiben die Mieten als auch die Betriebskosten bei Sozialwohnungen stabil.

Warmwasser und Heizungen

Der Hauptkostentreiber ist Energie, erklärt Alexandra Schalegg, Geschäftsführerin der Alpenländischen Heimstätte in Vorarlberg. „Die Energiekosten steigen je nach Heizung zwischen zehn und 20 Prozent.“ Besonders die Gasheizungen werden teurer. „Der Gaspreis hat sich nahezu verdoppelt“, erläutert Schalegg.

Auch Vorarlbergs größter gemeinnütziger Wohnbauträger – die VOGEWOSI – spürt die Teuerung. „Wir müssen damit rechnen, dass die Kosten im Jahr 2023 stark steigen“, ist Geschäftsführer Hans-Peter Lorenz überzeugt. „Schon im Juli haben wir die Vorschreibung um zehn Prozent erhöht. Im kommenden Jahr werden wir sie noch einmal anheben müssen.“ Die VOGEWOSI gilt als Gas-Großkunde bei Energieversorger illwerke vkw. Der Jahresvertrag für die Gaslieferung ist im Oktober 2022 erneuert worden und gilt für ein Jahr. Der neue Vertrag ist um 60 Prozent teurer, sagt Lorenz.

Zweizimmerwohnung: 40 bis 45 Euro mehr pro Monat

Der Anteil an Gasheizungen im gemeinnützigen Wohnbau ist hoch. Bei der Alpenländischen betrifft es nahezu alle Wohnanlagen, die in den vergangenen 20 Jahren errichtet worden sind, sagt Alexandra Schalegg. Die VOGEWOSI setzt mittlerweile auf Erneuerbare, aber ältere Anlagen sind mit Gas- oder Ölheizungen ausgestattet.

Bei der Wohnbauselbsthilfe ist es ähnlich. „Bei den Neubauten gibt es kaum noch Gasheizungen. Wir setzen stark auf Wärmepumpen. Aber wenn man den Gesamtbestand in 70 Jahren betrachtet, dürften mehr als die Hälfte der Anlagen mit Gas heizen“, erklärt Geschäftsführer Thomas Schöpf. Er rechnet vor, was die Betriebskostenerhöhung für seine Mieterinnen und Mieter bedeutet: „Unterm Strich dürfte eine Zweizimmerwohnung im laufenden Betrieb 40 bis 45 Euro pro Monat mehr kosten.“

Heizung mit Thermostat
pixabay/ri

Zweimal neu berechnet

Betriebskosten sind Verbrauchskosten. Der zukünftige Verbrauch wird geschätzt und monatlich verrechnet. Im Idealfall trifft die Schätzung zu, damit nach der jährlichen Abrechnung weder Nachzahlungen noch Rückzahlungen nötig sind. Damit die Bewohnerinnen und Bewohner am Abrechnungstag keine böse Überraschung erleben, haben Alpenländische, Wohnbauselbsthilfe und VOGEWOSI ausnahmsweise eine zweite Berechnung in der Mitte des Abrechnungszeitraums eingeschoben. Die monatlichen Betriebskosten werden also innerhalb eines Jahres zweimal angehoben.

Schöpf ortet „Vollkaskomentalität“

Wer die Kosten senken möchte, sollte also Energie sparen und weniger heizen. Es gibt aber noch eine zweite Sparmöglichkeit: Der größere Teil der Betriebskosten fällt auf Dienstleistungen zurück. Die Löhne steigen, die Rohstoffpreise ebenso – also werden auch diese Dienstleistungen teurer.

Hans-Peter Lorenz wirbt: „Wenn die Bewohner wieder mehr Arbeiten selbst übernehmen würden, zum Beispiel das Treppenhaus selber reinigen, könnten sie viel sparen.“ Die Wohnbauselbsthilfe versucht ihre Mieter schon länger darauf aufmerksam zu machen, berichtet Thomas Schöpf. Mit mäßigem Erfolg: „Es scheitert manchmal an Haftungsfragen, etwa bei der Schneeräumung. Aber oft steht leider auch die Vollkaskomentalität im Raum, die in unserer Gesellschaft vorherrscht.“

Obwohl das Sparpotenzial groß sei: „Wir sind nicht die Wohnbaupolizei, sondern Vermieter und Hausverwalter, also ein Dienstleister. Wir können das nur anregen, aber es braucht die Bereitschaft und Solidarität der Bewohner untereinander“, fährt Schöpf fort. „Aber um das zu ändern, müssten sich die Bewohner ehrenamtlich einbringen und ihren Dienst leisten.“

Bau-Ziel in weiter Ferne

Die Bauträger selbst kämpfen ebenfalls mit den steigenden Kosten. Sie können weniger bauen. Im Regierungsprogramm kündigt die schwarz-grüne Landesregierung an, von 2019 bis 2014 rund 4.000 gemeinnützige Wohnungen zu errichten. Das sind 666 pro Jahr. Laut offizieller Wohnbaustatistik wurden im Vorjahr 567 gemeinnützige Mietwohnungen gebaut. 506 Wohnungen davon entstanden zwischen Jänner und November. Im Vergleichszeitraum des aktuellen Jahres sind es 184 Wohnungen.

Dieser Trend setzt sich im kommenden Jahr fort, befürchtet Alexandra Schalegg von der Alpenländischen. „Wir sind mit den Kosten wirklich an den Grenzen angelangt. Nächstes Jahr haben wir vier neue Bauvorhaben mit insgesamt 65 Wohnungen geplant. Und das ist noch nicht ganz fix.“ Normalerweise errichtet und übergibt die Alpenländische rund 100 Wohnungen pro Jahr.

Miete im Neubau wird höher

Die steigenden Baukosten wirken sich auch auf die Mieten aus. Alle drei gemeinnützigen Wohnbauträger müssen im Neubau mehr Miete verlangen – sofern es das Gesetz erlaubt. Beträgt die Miete inklusive Betriebskosten in aktuellen Sozialwohnungen rund zehn bis elf Euro pro Quadratmeter, dürfte der Betrag im Neubau zwölf bis 13 Euro ausmachen. Eine neue Wohnung mit 70 Quadratmeter könnte also weit über 100 Euro mehr pro Monat kosten als eine vergleichbare aktuelle Wohnung.

Lange Abzahlungen

Die Baukosten bringen noch ein weiteres Problem – nämlich die Kalkulation. Manche Projekte brauchen trotz öffentlicher Unterstützung und Eigenkapital zwischen 60 und 80 Jahren, bis mit den Mieteinnahmen die offenen Kredite zurückgezahlt werden können. Schon jetzt hilft das Land bei einzelnen Projekten zusätzlich aus. Diese „tilgungsfreien Darlehen“ könnten sich zukünftig häufen. Denn: Der Bedarf ist hoch.