Kutya, ukrainisches Weihnachtsessen
imago images/somemeans
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Religion

Fern der Heimat: Ukrainische Weihnachten in Vorarlberg

Für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wird das kommende Weihnachtsfest anders: fernab der Heimat, nicht mit der ganzen Familie, in Sorge um die Menschen daheim. Dennoch sollen sie ein Weihnachtsfest voller Wärme und Hoffnung haben, dafür will Pfarrer Vasyl Demchuk mit seinem Team sorgen. Gefeiert wird nach dem julianischen Kalender am 6. und 7. Jänner.

Es soll ein Weihnachtsfest werden, an dem die Menschen miteinander feiern, beten, singen und essen – und auch fröhlich sind, sagt Vasyl Demchuk, Pfarrer der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Vorarlberg. Das Fest soll menschliche Wärme spenden und das Gefühl von Gemeinsamkeit – und es soll zumindest ein kleines bisschen sein wie daheim in der Ukraine, soweit es geht jedenfalls. Auch wenn das nicht leicht ist, denn das traditionelle Weihnachtsfest ist auch für die Ukrainer ein Fest im Kreis der großen Familie – und die ist derzeit meistens nicht komplett. Vor allem viele Väter fehlen, sie verteidigen ihr Land gegen Russland.

Offene Türen auch bei der orthodoxen Kirche
Eine ukrainisch-orthodoxe oder russisch-orthodoxe Gemeinde gibt es in Vorarlberg nicht, sehr wohl aber zwei serbisch-orthodoxe, zwei rumänisch-orthodoxe und eine griechisch-orthodoxe.

Auch etwa zur serbisch-orthodoxen Kirche in Vorarlberg kommen einige wenige Ukrainer, wie der serbisch-orthodoxe Bregenzer Pfarrer Goran Eric erzählt. Die serbisch-orthodoxen Christen feiern ebenfalls nach dem julianischen Kalender.

Auch Orthodoxe willkommen

So soll es dann in Vorarlberg ein Fest in der Gemeinschaft mit anderen Ukrainern sein. Das gilt nicht nur für die Katholiken unter den Ukrainern, sondern ganz klar auch für die orthodoxen Ukrainer in Vorarlberg, wie Demchuk betont. „Ich mache da keine Unterschiede“, sagt der katholische Priester, „bei uns sind alle willkommen – unabhängig davon, was auf dem Papier steht“.

Gefeiert wird der Heiligabend dann bei der Gemeinde der ukrainischen Katholiken in Vorarlberg am 6. Jänner – nach dem julianischen Kalender. Er habe es ihnen zur Wahl gestellt, ob sie am 24. Dezember oder am 6. Jänner feiern wollten – der Jänner-Termin sei aber bei vielen Familien in der Ukraine Tradition geworden, so Demchuk. Zur Feier des Heiligabends wird der Priester eine Messe im Sacre Coeur-Kloster Riedenburg in Bregenz zelebrieren – mit „viel Gesang, viel Weihrauch und auch Freude“ und einem gemeinsamen Essen.

Pfarrer Vasyl Demchuk bei der Messe
Ugcc Vorarlberg
Pfarrer Vasyl Demchuk lädt auch die orthodoxen Christen ein

Traditionsessen „Kutja“ darf nicht fehlen

Zum ukrainischen Weihnachtsfest darf auch „Kutya“ nicht fehlen, ein traditionelles Weihnachtsessen in der Ukraine. Die Süßspeise besteht vor allem aus gekochten Weizenkörnern mit Rosinen, Mohn und Honig, Nüssen und getrockneten Früchten nach Wahl. „Kutya“ ist die wichtigste der zwölf traditionellen Weihnachtsspeisen – angelehnt an die zwölf Apostel. Die Speisen werden gemeinsam zubereitet und vor dem Essen gesegnet, erzählt Demchuk.

Kutya zutaten
IMAGO/YAY Images
Das traditionelle ukrainische Weihnachtsessen „Kutya“ wird gemeinsam zubereitet und vor dem Essen gesegnet

Krippenspiele und die Rolle der Sterne

Andere ukrainische Weihnachtsbräuche sind vergleichbar mit denen in Österreich – zum Beispiel die Krippenspiele. Und in der Ukraine sind auch die Sternsinger unterwegs. Am 7. oder 8. Jänner gehen die Kinder auf die Straße und feiern die Geburt Jesu. Überhaupt spielen die Sterne eine große Rolle in der ukrainischen Weihnacht – als Symbol, dass Jesus da ist, erzählt Demchuk.

Weihnachtsmesse in der Riedenburg

Auch wenn ein wenig anders als in der Heimat – viele Menschen werden am Abend des 6. Jänner in der Riedenburg gemeinsam Weihnachten feiern. Das Sacre Coeur-Kloster ist zum neuen Lebensmittelpunkt für viele Geflüchtete aus der Ukraine geworden. Manche leben im Flüchtlingsheim im Kloster, andere suchen hier religiösen Beistand oder einfach nur den Kontakt zu Landsleuten.

Jeden dritten Sonntag im Monat feiert Demchuk eine Messe im Sacre Coeur-Kloster in Bregenz, an jedem ersten Sonntag findet der Gottesdienst im Kapuzinerkloster in Feldkirch statt. Zuerst feierte Demchuk mit fünf Menschen die Messe, nach Kriegsbeginn wurden es immer mehr – an Ostern kamen es bereits rund 500 Menschen.

Geschenke eher zu Nikolaus

Vielen Ukrainern gebe der Glaube und die Gemeinschaft halt in dieser schweren Zeit, sagt der Priester. Weihnachten werde auch deshalb von den Ukrainern besonders gefeiert, weil das christliche Fest im Kommunismus der Sowjetunion verboten gewesen sei, erklärt Demchuk.

Dabei sei Weihnachten in der Ukraine vor allem ein Familienfest, bei dem es um die Gemeinschaft gehe. Geschenke spielten dabei auch für die Kinder nicht so eine große Rolle – diese gebe es eher zum Nikolausfest, das nach julianischem Kalender am 19. Dezember gefeiert wird.

Nikolausfeier
Ugcc Vorarlberg
Nikolausfeier der ukrainischen Gemeinde im vergangenen Jahr, noch vor Kriegsbeginn – heuer werden deutlich mehr Kinder kommen

„Handschuhe für den Vater im Krieg“

So soll es auch für die geflüchteten Kinder in Vorarlberg ein Nikolausgeschenk geben. „Wir versuchen, jedem Kind, das aus der Ukraine nach Vorarlberg geflohen ist, ein Nikolausgeschenk zu machen“, sagt Pfarrer Demchuk, der die Aktion gemeinsam mit einem Helferteam macht. „Keine großen Sachen, sondern liebevolle Kleinigkeiten und eine Erinnerung an daheim.“

Dazu durften die Kinder auch Wünsche an den Nikolaus schicken. Die waren oft keineswegs materieller Art, erzählt Demchuk. „Den Vater wieder sehen“ oder „dass der Vater noch lebt“ seien solche Wünsche. Oder etwas Nützliches für den Vater im Krieg: „Handschuhe, dass er den Winter übersteht.“ Die Herzenswünsche der Kinder kann Demchuk nicht alle erfüllen, „aber ich versuche, Hoffnung und Wärme zu geben und einfach da zu sein“.

Messfeier mit Bischof Benno Elbs
Ugcc Vorarlberg
Guter Draht zur römisch-katholischen Kirche in Vorarlberg: gemeinsame Messe mit Bischof Benno Elbs Anfang Dezember