Ein Pflegebett mit Vorrichtung zur Fixierung
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Gesundheit

Personalmangel belastet Psychiatrie

Besonders vom Personalmangel betroffen ist das Landeskrankenhaus Rankweil. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) kündigte an, dass Patientinnen und Patienten deshalb früher entlassen werden. Patientenanwalt Christian Fehr spricht von einer unhaltbaren Situation.

Einweisungen und Zwangsunterbringungen sind sind heuer in Vorarlberg um über 20 Prozent gestiegen. Besonders betroffen vom Personalmangel ist die psychiatrische Akutstation am Landeskrankenhaus Rankweil. Hier kommt es am häufigsten zu Gewalt, Aggression und Zwang.

Die Akutstation war heuer im Sommer bereits überbelegt, bestätigt Patientenanwalt Christian Fehr vom ifs Rankweil: „Es ist mehrfach vorgekommen, dass Patienten, die zwangsweise eingewiesen wurden mit Polizei und Rettung, im Gang fixiert werden mussten.“ Dort seien die Fixierten frei zugänglich gewesen für Mitpatienten, die dadurch nochmals traumatisiert worden seien: „Also für alle Beteiligten eine unhaltbare Situation.“

Akuter Personalengpass im LKH Rankweil

Im Landeskrankenhaus Rankweil fehlt Personal. Vor allem in der Akutabteilung. Jetzt sollen mehr Patienten ambulant betreut werden. Zudem werden Patienten verlagert.

Zu wenig Personal für zu viele schwierige Patienten

Zuwenig Personal für zu viele schwierige Patienten – die Situation lässt sich nicht schönreden, auch nicht von der Krankenhausleitung. Man könne nur reagieren, sagt der Leiter der Erwachsenen-Psychiatrie, Jan Di Pauli: „Das heißt, dass wir jetzt die die akuten Patienten auf zwei anderen Stationen versorgen werden und mit dem Pflegepersonal der Akutstation das Pflegepersonal dieser Stationen unterstützen werden. Das führt natürlich dazu, dass dass wir Betten reduzieren müssen im Akutbereich.“ Man werde dafür andere Betten im Langzeitbereich hochfahren können, um diese Stationen zu entlasten, so Di Pauli: „Aber es ist eine schwierige Aufgabe.“

Doppelt so viele Fixierungen

Sogar die einst höchst emotional diskutierten Fixierungen verdoppeln sich derzeit wieder – von Jahr zu Jahr. Wenn Patienten nicht beruhigt werden können, weil das Personal fehlt, kommt es zum Zwang, berichtet Patientenanwalt Fehr: „Im Jahr 2022 habe ich Situationen erlebt, die für Patienten und fürs Personal gefährlich waren. Das waren Situationen, von denen wir zum Glück sagen konnten, dass nichts weiter Gröberes passiert ist.“ Es sei eine Situation, die unbedingt verbessert und behoben werden sollte, so Fehr.

Landeskrankenhaus Rankweil
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Das Landeskrankenhaus Rankweil mit der psychiatrischen Akutstation

Schnellere Entlassungen

Schneller entlassen lautet eine Lösung der Politik (mehr dazu unter Psychiatriepatienten müssen schneller entlassen werden (vorarlberg.ORF.at, 12.11.2022). „Wir müssen tatsächlich schauen, dass wir alternative Angebote schaffen zum stationären Aufenthalt“, bestätigt der Leiter der Erwachsenenpsychiatrie: „Generell gilt in der Psychiatrie, dass man eine ambulante Behandlung einer stationären vorziehen sollte. Das heißt, wir haben schon begonnen, die Ambulanz auszubauen. Wir werden sie weiter ausbauen, damit wir sozusagen die Patienten optimal vor- und nachbetreuen können, vielleicht auch Aufnahmen verhindern können damit.“

Nachbetreuung innerhalb einer Woche

In der Nachbetreuung hingegen läuft es derzeit gut, hier gibt es auch genügend Personal, heißt es zum Beispiel bei der psychosozialen Beratungsstelle Pro Mente. „Wir schaffen das“, sagt Psychiatrie-Facharzt Elmar Weiskopf von Pro Mente: „Vor allem, weil wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Landeskrankenhaus haben, vor allem mit den Sozialarbeitern. Das heißt, wenn es zu Frühentlassungen kommt, ist es üblich, dass wir kontaktiert werden.“ Im Endeffekt könne man rasch, teilweise innerhalb einer Woche – je nach Absprache mit dem Patienten – eine Versorgung oder Betreuung anbieten.

Was aber sicher schwerer wird, ist der Druck auf die Familien und die Betroffenen selbst.