Eine Lehrerin vor einer ersten Klasse
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Bildung

Lehrermangel: Bereits ein Viertel ohne Studium

Die zunehmende Personalnot im Vorarlberger Schulwesen lässt sich offenbar nur noch mit Lehrpersonen ohne pädagogisches Lehramtsstudium gerade so decken. Die Zahl der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger ist inzwischen auf ein Viertel der Pflichtschul-Lehrpersonen angestiegen.

In einer NEOS-Anfrage an Landesstatthalterin und Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) sind die genauen Zahlen über den Qualifikationsstatus der Unterrichtenden in diesem Schuljahr bekannt geworden, so NEOS-Klubobfrau Sabine Scheffknecht: „Ich sehe die Entwicklung ganz kritisch. Wie sehen an der Anfragebeantwortung, dass in Summe 950 Lehrpersonen im Pflichtschulbereich unterrichten, die eigentlich kein abgeschlossenes Studium im pädagogischen Bereich haben.“

Quereinsteiger retten Lehrermangel

Der Lehrermangel zieht sich durch das ganze Land. In Vorarlberg ist es für dieses Schuljahr gerade noch gelungen, die Pflichtgegenstände abzudecken. Das funktioniert aber nur mit Hilfe der vielen Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.

NEOS fordern Nachqualifizierung

Über die Hälfte davon verfügen nur über die Matura oder hätten fast keine Anstellungserfordernisse erfüllt, sagt Scheffknecht: „Wir haben momentan eine Situation, wo es jede helfende Hand braucht. Aber was wir brauchen, ist eine zwingende Nachqualifizierung. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass in den Klassen Personen stehen, die keine pädagogische Ausbildung haben, die keine Fachausbildung haben. Aus meiner Sicht müssen die zwingend an der PH die entsprechenden Studiengänge nachholen.“

Bildungsdirektion: Berufsbegleitende Ausbildung

Der pädagogische Leiter der Bildungsdirektion, Andreas Kappaurer, beschwichtigt: „Selbstverständlich müssen sie alle auch berufsbegleitend eine Ausbildung machen, wo sie die didaktischen Grundkenntnisse, also Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule erfahren. Auch das lässt sich erlernen, überhaupt keine Frage.“ Wichtig sei da auch die Unterstützung der Schulleitung. und der Kollegen, so Kappaurer.

Studierende an der Pädagogischen Hochschule
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Einige haben neben dem Unterrichten mit dem Hochschullehrgang-Quereinstieg bereits begonnen. Doch Ende September wurde die Zulassung wieder zurückgezogen mit der Begründung: Es sei doch eine dreijährige Berufserfahrung notwendig.

Gewerkschaft: Erfahrung fehlt

Je nach Vorqualifikationen dauert die pädagogische Zusatzausbildung ein bis zwei Jahre. Den oft auch sehr jungen Lehrpersonen fehle die Erfahrung, sagt Alexandra Loser, die Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft: „Klar, sie waren viele Jahre selbst in der Schule, aber dann vor einer Klasse zu stehen ist eine ganz andere Geschichte.“

Abschläge trotz anderer Versprechen

Die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bekommen Sonderverträge mit rund zehn-prozentigen Abschlägen. Um den Quereinstieg attraktiver zu gestalten, hatte Bildungsminister Martin Polaschek vor den Sommerferien ein volles Lehrergehalt für alle angekündigt, die ein Fach-einschlägiges oder sogar nur ein Fach-verwandtes Studium vorweisen können. Außerdem brauche es keine Berufserfahrung.

Hin und her bei Voraussetzungen

„Das ist eine absurde Geschichte“, meint die Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft: „Der Herr Minister hat natürlich da wieder Dinge versprochen, die so dann in der Realität nicht umgesetzt wurden. Und da gibt es jetzt einigen Unmut bei den Quereinsteigerinnen.“ Denn einige haben neben dem Unterrichten mit dem Hochschullehrgang-Quereinstieg bereits begonnen. Doch Ende September wurde die Zulassung wieder zurückgezogen mit der Begründung: Es sei doch eine dreijährige Berufserfahrung notwendig.

Unterrichten, aber nicht selbst lernen dürfen?

„Unterrichten darf er, aber die pädagogische Ausbildung, die er zum Unterrichten braucht, darf er nicht nachmachen“, kritisiert die NEOS-Klubobfrau: „Das ist wirklich absurd.“ Der pädagogische Leiter der Bildungsdirektion hingegen spricht „von ein paar Fällen, die genau jetzt in dieser Zwick-Situation drin sind. Da schauen wir bei jedem einzelnen Fall, dass wir es lösen können“, sagt Kappaurer. Über eines sind sich hingegen alle einig: Bei der anstehenden Pensionierungswelle werden die Schulen nicht mehr ohne Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger auskommen.