Zelt-Streit: Filzmaier fürchtet Imageschaden für die Politik

Die Zelte für Geflüchtete sorgen in Vorarlberg weiter für Aufregung und sind zu einem Politikum geworden. Mittlerweile sind 20 Zelte in Vorarlberg angekommen, drei davon sind aufgestellt, stehen aber leer. Politikwissenschaftler Peter Filzmaier befürchtet durch den Streit einen Imageschaden für die Politik.

Die Diskussion über die Zelte für Geflüchtete zieht sich schon seit Wochen. Grund dafür ist die Betreuungsquote für Flüchtlinge. Die ist vor rund 20 Jahren zwischen Bund und Bundesländern in einer sogenannten 15a-Vereinbarung beschlossen worden. Wenn die Asylzahlen steigen und die Bundesquartiere voll sind, wird die Quote wichtig. Das war schon im Jahr 2015 so und das ist wieder jetzt so. Um die Betreuungspflichten zu erfüllen, stellt die Bundesbetreuungsagentur (BBU) Zelte vor allem in jenen Ländern auf, die die Quote klar nicht erfüllen – zum Beispiel Vorarlberg.

BBU: „Keine Maßnahme gegen Vorarlberg“

BBU-Sprecher Thomas Fussenegger betont: „Die Quote ist nur ein Kriterium von vielen, weshalb wir die Zelte geliefert haben.“ Die BBU müsse österreichweit Kapazitäten schaffen. „Es ist keine Maßnahme gegen Vorarlberg. Wir brauchen überall Platz“, fährt Fussenegger fort. Derzeit ist aber nicht geplant, die frisch gelieferten Zelte aufzustellen. 15 Stück sind am Montag in der Polizeischule Feldkirch angekommen. „Die Zelte sind jetzt einmal dort, damit wir sie nicht aus Kärnten erst anliefern müssen, wenn wir sie brauchen.“

Filzmaier: Durch Klage keine Lösung

Die Betreuungsquote von Asylwerbern berechnet sich nach dem Bevölkerungsschlüssel. 4,4 Prozent aller Flüchtlinge müssten in einem Quartier des Landes Vorarlberg unterkommen. Das wären momentan rund 4.000 Menschen. Vorarlberg beherbergt derzeit etwa 2.800 Flüchtlinge. Über diese Zahl wird also wieder seit einigen Wochen gestritten – obwohl sich das Land in der 15a-Vereinbarung verpflichtet, die Quote zu erfüllen.

Eigentlich könnte die Bundesregierung die Quotenerfüllung also einklagen, sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. „Das wäre aber keine politische Lösung des Problems“, hält der Experte fest. „Angenommen der Bund bekommt Recht und die Länder müssten etwas tun. Was geschieht, wenn die Länder das doch nicht machen?“ Dann bleibe noch die Amtsanklage des Landeshauptmannes. Das führe aber auch nicht zwingend dazu, dass die Sache erledigt sei, betont Filzmaier. Einmal habe der Bund diesen Schritt schon gewagt, und zwar als sich der Salzburger Landeshauptmann gegen eine Verordnung bei den Ladenöffnungszeiten stellte.

Gantner: „Sind in ständigem Austausch“

Asyllandesrat Christian Gantner (ÖVP) betont: „Vorarlberg kommt der Verantwortung, was die Unterkunft betrifft, in den letzten Wochen sehr stark nach.“ Mehr als 200 Plätze seien in drei Wochen geschaffen worden, Vorarlberg erfülle die Quote derzeit zu 72,2 Prozent. „Wir verstehen, dass die derzeitige Situation für den Bund sehr herausfordernd ist und dass Plätze gesucht werden. Wir sind deshalb im ständigen Austausch mit der Bundesregierung und der BBU.“ Man informiere sich gegenseitig über einzelne Maßnahmen. Allerdings hat Gantner auch erst am Montag erfahren, dass die Zelte am selben Tag geliefert werden.

Diskutiert wird jedenfalls schon lange darüber. Ein Sprecher des Innenministeriums betont: „Die Herausforderungen bei der Unterbringung und der Quotenerfüllung wurden bereits vor dem Sommer thematisiert.“ Man sei in ständigem Austausch. Er zählt auf: „Briefe des Ministers an die Landeshauptleute, persönliche Gespräche mit Landeshauptleuten und den Landesräten, wöchentliche Sitzungen des Bund-Länder-Koordinationsrates.“

Filzmaier: Polarisierung zwischen Bund und Ländern

Für Politikwissenschaftler Filzmaier zeigt der Wirbel um die Zelte vor allem eine Polarisierung zwischen Bund und Ländern. „Dass vor allem bei Krisen- und Konfliktthemen solche Konflikte und Gegensätze auch eskalieren, das merken wir von Corona bis zum Thema Flüchtlinge. Es zeigt aber auch, dass teilweise die Gespräch- und Kommunikationsbasis fehlt, denn eigentlich sollte man solche Konflikte intern lösen.“ Wenn man sie auf offener Medienbühne austrage, schade das dem Image beider Seiten – und der Politik generell, betont Filzmaier.

Zelte bleiben vorerst leer

Was genau mit den Zelten geschieht, ist noch unklar. Von den zuerst gelieferten fünf Stück wurden drei Zelte aufgestellt. Landesrat Gantner zu den weiteren, derzeit in Feldkirch gelagerten, aber nicht aufgebauten Zelten: „Nach Auskunft des Bundes werden die Zelte zum jetzigen Zeitpunkt nicht aufgestellt.“ Auch wie lange die drei Zelte stehen sollen, ist ungewiss. Die Stadt Feldkirch hat vergangene Woche eine Anfrage an die BBU gerichtet mit dieser Frage. Denn: Stehen die Zelte länger als sechs Monate, gilt die Anzeigepflicht nach dem Baugesetz.

Mittlerweile ist eine Antwort eingelangt, die sei aber noch unvollständig, heißt es von der Stadt. BBU-Sprecher Fussenegger konkretisiert: „Wir haben geantwortet. Und zwar, dass wir nicht wissen, wie lange wir die Zelte brauchen.“ Eine Pressesprecherin der Stadt betont: „Wir sind weiterhin im Gespräch mit der BBU. Und wir behalten uns rechtliche Schritte vor.“