Symbolbild: Ein Lehrling bei der Ausbildung zum Schweißer
APA/HANS KLAUS TECHT
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Wirtschaft

Stimmung in der Industrie sinkt weiter

Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie, also der Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten, ist im dritten Quartal des Jahres noch einmal massiv gefallen. Mit aktuell minus 10,40 Prozentpunkten ist er so tief wie zuletzt zu Beginn der Coronavirus-Pandemie und in der Wirtschaftskrise 2008.

37 Vorarlberger Unternehmen mit rund 22.000 Beschäftigten beteiligten sich an der aktuellen Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer im dritten Quartal 2022. Das Ergebnis ist ernüchternd: Erst zum dritten Mal in der mehr als zwanzigjährigen Geschichte des „Geschäftsklimaindex“ ist die Stimmung in der Vorarlberger Industrie auf ein so tiefes Niveau gesunken.

48 Prozent rechnen mit Verschlechterung der Geschäftslage

Das liege vor allem daran, dass die derzeitige Geschäftslage, der Auftragsbestand und die Auslandsaufträge auf dem gedrückten Niveau vom zweiten Quartal verharrten, und zudem der Ausblick auf die Geschäftslage und die Ertragslage in sechs Monaten aber sehr schlecht eingeschätzt werde, so die Industriellenvereinigung. Der Umfrage zufolge gehen 48 Prozent der Befragten davon aus, dass sich die Geschäftslage in sechs Monaten verschlechtern wird, 49 Prozent erwarten eine schlechtere Ertragssituation.

Für Christian Zoll, Geschäftsführer der IV-Vorarlberg, zeigt das Ergebnis deutlich, wie herausfordernd die Lage in der Industrie aktuell sei. „Die momentane Situation rund um die hohe Inflation, die exorbitant gestiegenen Energiepreise und die Lieferketten-Probleme, kombiniert mit einer weiterhin nicht überwundenen Coronavirus-Pandemie, hinterlässt Spuren." Viele Unternehmen würden derzeit nur auf kurze Sicht fahren und die stark exportorientierte Wirtschaft in Vorarlberg kämpfe mit Unsicherheiten auf den Weltmärkten.

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WKO/IV

39 Prozent gehen von reduziertem Personalstand aus

Das alles wirke sich auch auf den Beschäftigtenstand aus: 39 Prozent der Befragten gehen von einem fallenden Personalstand in drei Monaten aus, 43 Prozent noch von einem gleichbleibenden Stand. Lediglich 18 Prozent rechnen noch mit einer steigenden Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Die aktuell sehr angespannte wirtschaftliche Situation mit einer drohenden Industrie-Rezession betrifft Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen", so Zoll auch mit Blick auf die laufenden Kollektivvertragsverhandlungen.

Mit das drängendste Problem für die Industrie seien weiterhin die stark gestiegenen Energiepreise, die direkte Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit hätten, so Zoll. Solange die Energiekosten am Produktionsstandort Österreich „bei einem Mehrfachen des nordamerikanischen oder asiatischen Niveaus“ verharren würden, gebe es in Österreich „einen gewaltigen Wettbewerbsnachteil“, so Zoll. Die von der Gewerkschaft geforderten Lohnerhöhungen weit über der Inflation erhöhten den Druck zusätzlich. Die dritte Runde der Verhandlungen über den Kollektivvertrag (KV) in der Metalltechnischen Industrie ging am Montag ohne wirkliche Annäherung zu Ende – mehr dazu in Gegenseitige Vorwürfe nach dritter Runde.

Die Umfrage-Ergebnisse aus einzelnen Branchen

  • Die in Vorarlberg dominante Maschinen- und Metallindustrie spiegele das Ergebnis der allgemeinen Konjunkturlage wider, heißt es in der Aussendung. Vier von Fünf Befragten gehen von einer Verschlechterung bei der Produktionskapazität in den nächsten drei Monaten aus. Ähnlich auch der Beschäftigtenstand in drei Monaten, den mehr als drei Viertel als schlechter einschätzen.
  • Im Vergleich zwar positivere, aber immer noch sehr verhaltene Signale kommen laut der Umfrage aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Sämtliche Befragten sehen demnach gleichbleibende Produktionskapazitäten in drei Monaten, wobei die Ertragssituation sowohl derzeit als auch in sechs Monaten überwiegend schlechter gesehen wird.
  • Die Textilindustrie bleibt in ihrer Einschätzung unbeständig. Während die derzeitige Lage noch halbwegs positiv eingeschätzt wird, gibt der Ausblick in sechs Monaten Grund zur Sorge, so die IV: Rund 30 Prozent der Befragten sehen demnach sowohl in der Geschäftslage als auch in der Ertragssituation eine Verschlechterung.
  • Die Elektro- und Elektronikindustrie schätzt sowohl die derzeitige als auch die zukünftige Situation am besten von allen Branchen ein. Zwar gibt es bei der Geschäftslage in sechs Monaten einen leichten Dämpfer, jedoch wird die derzeitige Geschäftslage und der Auftragsbestand als gleichbleibend bzw. leicht steigend eingeschätzt.
  • Bei der Verpackungsindustrie gibt es eine mehrheitlich negative Einschätzung zur derzeitigen Geschäftslage, jedoch eine etwas positivere Einschätzung für die Geschäftslage in sechs Monaten.