Rothirsch mit prächtigem Geweih
APA/dpa/Rainer Jensen
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Landwirtschaft

„Dramatische Tbc-Situation“ im Silbertal

Die Landwirtschaftskammer sieht eine dramatische Entwicklung der Tbc-Situation in der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal. Jedes sechste Stück Rotwild im hinteren Silbertal sei mit TBC infiziert und stelle damit eine potenzielle Ansteckungsquelle für andere Wildtiere und für Alprinder dar.

Die Tbc-Situation in der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal, in den Revieren im hinteren Silbertal, sei weiterhin dramatisch, heißt es in einer Aussendung der Landwirtschaftskammer. Die Durchseuchung liege im heurigen Frühjahr schon bei 16 Prozent. Es bestehe die Gefahr, dass sich das Infektionsgeschehen nach Süden weiter ausbreitet, sagt Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger. Benachbarte Wildregionen wie das Klostertal und Lech hätten in den letzten Jahren gezeigt, dass mit Verständnis, gutem Willen und gekonntem Waidwerk die Problematik in den Griff zu bekommen sei. Im Silbertal hingegen habe sich die Situation verschärft.

"Dramatische TBC-Situation“ im Silbertal

Die Landwirtschaftskammer sieht eine dramatische Entwicklung der Tbc-Situation in der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal. Jedes sechste Stück Rotwild im hinteren Silbertal sei mit TBC infiziert. Landwirtschaftskammer und die zuständigen Jäger streiten zum Thema.

Jagdnutzungsberechtigte, Grundbesitzer und die Behörde seien gefragt, damit es nicht zu einer massiven Seuchenausbreitung in anderen Wildregionen kommt. Moosbrugger fordert die Bezirkshauptmannschaft auf, in den kommenden Monaten alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, damit dieser nicht tolerierbare Zustand ende.

Mindestabschuss nicht erfüllt

Die Abschussvorgaben für Rotwild sehen in der gesamten Wildregion Bartholomäberg-Silbertal laut Landwirtschaftskammer einen Mindestabschuss von 520 Stück Rotwild vor. Im heurigen Jagdjahr seien erst 171 Stück erlegt worden. „So kommen wir in der Seuchenbekämpfung nicht weiter.“ Moosbrugger sagt, dass er den Eindruck habe, dass die Vorgaben der Behörden und die Vereinbarungen mit der Interessensvertretung ignoriert bzw. nicht ernst genommen werde.

Auch Landesveterinär Nobert Greber bestätigt die Situation im Silbertal. Während letztes Jahr die Durchseuchung beim Rotwild noch bei zehn Prozent lag, liegt sie heuer bereits bei 16 Prozent. Ob es auch bei Rindern schon zu TBC-Fällen gekommen ist, werden die Untersuchungen zeigen, wenn die Kühe wieder zu Hause im Stall sind.

Die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse bestätigen den bekannten Status und schließen nahtlos an die Vorjahresergebnisse an. So sind heuer aus dem Bekämpfungsgebiet 228 Proben, landesweit 354 Proben, eingesandt und untersucht worden. Die Ergebnisse zeigen, dass von den bisher 13 positiven Proben zwölf aus der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal stammen und eine nur wenige 100 Meter von der Grenze zum Silbertal entfernt ist. Dies ergibt eine Prävalenz von 10,3 Prozent. Im restlichen Montafon gibt es bisher keine positive Probe. Allerdings läuft bei sechs Verdachtsproben derzeit noch die kulturelle Untersuchung.

Gantner unterstützt Bekämpfungsmaßnahmen

Angesichts der herrschenden Tbc-Situation, insbesondere in der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal, sei es unabdingbar, die im Aktionsplan Tbc 2020+ vereinbarten Maßnahmen konsequent umzusetzen, teilte Landesrat Christian Gantner (ÖVP) am Mittwoch mit. Eine erfolgreiche Tbc-Bekämpfung brauche neben klaren Rahmenbedingungen, die bereits vorliegen, vor allem vor Ort die Bereitschaft und den gemeinsamen Einsatz der Grundeigentümer, Alpverantwortlichen, der Landwirtschaft, der Jäger und Behörden, um dieses Ziel zu erreichen.

Gantner begrüßt und unterstützt die von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz in Aussicht genommenen Tbc-Bekämpfungsmaßnahmen: „Es gibt sehr viele in der Jägerschaft, die sich sehr konsequent und mit großem Engagement an der Tbc-Bekämpfung beteiligen. Aufgrund der stagnierenden Entwicklung in diesem Bereich und der dadurch nicht auszuschließenden negativen Auswirkungen für die Landwirtschaft erwarte ich mir dieses Engagement von allen." Es sei zu hoffen, dass die Erfüllung der Abschussvorlagen in der Region Bartholomäberg-Silbertal erreicht und damit auch das Risiko einer Übertragung von Tuberkulose zwischen Rotwild und Weidevieh minimiert werden kann, so Gantner: „Aus diesem Grund bitte ich die Verantwortlichen auf den verschiedenen Ebenen ihren bisherigen großen Einsatz verantwortungsbewusst weiter auszubauen."

Rotwild mit Kitz
Pixabay
Rotwild am ehesten für Tbc empfänglich

Jägerschaft: Paarungszeit gerade erst zu Ende

Bei der Vorarlberger Jägerschaft sieht man die Sache nicht so problematisch. Erst in den vergangenen Tagen sei die Paarungszeit bei den Hirschen zu Ende gegangen, sagt Landesjägermeister Christoph Breier: „Der Großteil der Abschüsse für das Kahlwild und die vorgesehenen Mindestabschüsse werden danach begonnen. Ich bin sicher, dass es in den nächsten Tagen beginnen wird.“

Tuberkulose beim Rotwild wieder verbreitet

In den vergangenen Jahren hat sich die Tuberkulose beim Rotwild in Vorarlberg wieder etabliert. Dadurch, dass Kühe und Rotwild im Sommer auf den Alpen Kontakt haben, kann die Krankheit auch auf die Alptiere übertragen werden, was für Landwirte zu einer existenziellen Bedrohung werden kann.

Aus wissenschaftlichen Studien im alpinen Raum geht hervor, dass Wildtiere als sogenannte Reservoirs, eine Ansteckungsquelle für Haustiere und in weiterer Folge für den Menschen darstellen können. Von allen heimischen Wildarten ist das Rotwild am ehesten für diese Erkrankung empfänglich. Neben der höheren Empfänglichkeit für den Erreger, tragen Faktoren wie Rudelbildung, Brunft und Winterfütterung zur Übertragung des Erregers besonders bei.

Unterschiedliche Erreger bei Wild und Mensch

Tbc ist eine bakterielle Erkrankung. Bei Rotwild und beim Menschen ist sie aber grundsätzlich auf zwei verschiedene Erreger zurückzuführen: beim Menschen auf das Myobacterium „tuberculosis“ und beim Hirsch das Myobacterium „caprae“. Die Übertragung kann in seltenen Fällen vom Tier auf den Menschen überspringen, dann spricht man von Zoonosen.

Die Erkrankung tritt am häufigsten als Lungentuberkulose auf mit dem Leitsymptom Husten. Werden dabei auch Mykobakterien ausgehustet, spricht man von offener Lungentuberkulose.

Die Besonderheit der Erkrankung beim Tier liegt darin, dass die Infektion über Monate bis Jahre bestehen kann, ohne dass die Tiere klinische Anzeichen entwickeln. Treten Symptome auf, sind diese meist unspezifisch. Auch klinisch unauffällige Tiere können den Erreger auf andere Tiere im näheren Umfeld übertragen.