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Wirtschaftsbund will Bescheid eventuell anfechten

Die Steuerprüfung im ÖVP-Wirtschaftsbund ist so gut wie abgeschlossen. Wie berichtet, hat am Mittwoch das Abschlussgespräch zwischen Wirtschaftsbund und Steuerprüfern stattgefunden. Jetzt wird spekuliert, wie viel der Wirtschaftsbund nachzahlen muss. Klar scheint hingegen, dass der Wirtschaftsbund den Steuerbescheid anfechten wird.

Laut Medienberichten soll der ÖVP-Wirtschaftsbund angeblich über eine Million Euro an Steuern nachzahlen müssen. Eine konkrete Summe möchte Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser (ÖVP) aber auf ORF-Anfrage weiterhin nicht nennen, „so lange der Bescheid nicht auf dem Tisch liegt“.

Die Summe klingt aber realistisch: Wie vom ORF Vorarlberg bereits im April berichtet, könnten zu rund 750.000 Euro Umsatzsteuer auch noch 300.000 Euro Körperschaftssteuer kommen – zusammen also 1.050.000 Euro. Bislang nicht bestätigt ist aber, wie viel die Behörden tatsächlich nachfordern. Ein Bescheid sei in wenigen Wochen zu erwarten.

Anfechtung, falls Zuwendung zu versteuern wäre

Klar scheint hingegen, dass der Wirtschaftsbund den Steuerbescheid anfechten wird, falls das Finanzamt auch Steuern für das Geld verlangt, das der Wirtschaftsbund an die ÖVP-Landespartei überwiesen hat. Dann könnten weitere 200.000 Euro an Nachzahlungen dazukommen.

Ob für die Zuwendungen des Wirtschaftsbunds an die ÖVP-Landespartei Steuern zu bezahlen sind oder nicht, hängt wesentlich damit zusammen, ob der Wirtschaftsbund als Teilorganisation der ÖVP oder als eigenständiger Verein zu sehen ist. Diesbezüglich sind sich auch die Behörden nicht einig.

Das Finanzamt bewertet den Wirtschaftsbund als Verein, der Rechnungshof als Parteiorganisation. Als Verein würde eine Zuwendungsabgabe fällig, diese könnte sich im Fall des Vorarlberger Wirtschaftsbunds auf bis zu 200.000 Euro belaufen. „Wenn wir den Bescheid haben, werden wir ihn durchstudieren und entscheiden, ob wir in Berufung gehen oder nicht“, kündigte Rüdisser an.

Wirtschaftsbund hat genügend Reserven

Die Nachzahlung zu bewerkstelligen, dürfte dem Wirtschaftsbund jedenfalls nicht schwerfallen. Laut Rüdisser standen der Organisation Ende 2021 etwa 6,8 Mio. Euro (4,9 Mio. in Form von Wertpapieren, 1,9 Mio. Euro Guthaben) zur Verfügung.

Strafen wären gesondertes Verfahren

Etwaige Strafen umfasst der Steuerbescheid nicht. Über eine strafrechtliche Verfolgung entscheidet die Staatsanwaltschaft. Der Wirtschaftsbund selbst geht davon aus, dass keine Strafen zu zahlen sind: Um einer Strafe zu entgehen, hatte sich der Wirtschaftsbund im Jänner selbst angezeigt. Laut Steuerprüfern kam diese Selbstanzeige allerdings zu spät. Der Anwalt des Wirtschaftsbundes sieht das anders, die Selbstanzeige sei umfassend und rechtzeitig erstattet worden.

Staatsanwaltschaft wartet Finanzermittlung ab

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch wartet laut ihrem Sprecher Heinz Rusch weiter auf die Ermittlungsergebnisse der Finanzbehörden. Die Staatsanwaltschaft wird den Bericht in Hinblick auf mögliche strafrechtlich relevante Sachverhalte prüfen. Ermittelt wird wegen Abgabenhinterziehung gegen mehrere Personen sowie den Wirtschaftsbund als Verein.

Auch WKStA ermittelt noch

Ebenfalls am Laufen sind Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) etwa gegen Landeshauptmann Markus Wallner, Rüdisser und den aktuellen Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (alle ÖVP). Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit der „Vorarlberger Wirtschaft“ bzw. dem Wirtschaftsbund. „Der Verfahrensstand ist unverändert“, hieß es dazu am Freitag aus der WKStA.

Werbeabgabe, aber keine Umsatzsteuer bezahlt

Die seit Monaten laufende Steuerprüfung befasste sich insbesondere mit der Abführung von Steuern für Inserate, die für die Wirtschaftsbund-Zeitung „Vorarlberger Wirtschaft“ verkauft wurden. Zwischen 2016 und 2021 nahm der Wirtschaftsbund nach eigenen Angaben bei einem Aufwand von 1,7 Mio. Euro rund 4,3 Mio. Euro durch das Inseratengeschäft ein. Der Wirtschaftsbund – diese Praxis gab es seit jeher – hat zwar die Werbeabgabe in Höhe von fünf Prozent abgeführt, aber keine Umsatzsteuer.

Da aber ab 2018 die Inseratenerlöse gewissermaßen explodierten, hätte der Wirtschaftsbund für die Jahre von 2018 bis 2020 auch Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer abführen müssen – „das steht außer Streit“, sagte Rüdisser.

Tittler aussichtsreicher Nachfolger für Rüdisser

Für Rüdisser ist das Steuerverfahren aber mit dem Bescheid und der mögliche Anfechtung erledigt. Er bleibt bei seinem Plan: Er möchte noch heuer die Obmannschaft übergeben. Aussichtsreicher Kandidat für den Posten als Wirtschaftsbund-Obmann ist Wirtschaftslandesrat Marco Tittler.