Columbia Boa Constrictor
Getty Images/iStockphoto
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Tiere

Ausgesetzter Python entpuppt sich als Boa

Bei der am Mittwochvormittag in der Müllumladestation Nenzing aufgefundenen Schlange handelt es sich nicht, wie zunächst berichtet, um einen Netzpython, sondern um eine Boa Constrictor. Das ergab eine genauere veterinärmedizinische Untersuchung am Donnerstag. Die Polizei sucht weiter nach der Person, die das Tier ausgesetzt hat.

Die Meldung macht inzwischen österreichweit Schlagzeilen: Am Mittwochvormittag entdeckten Mitarbeiter der Müllumladestation Böschistobel beim Zusammenschieben von Hausmüll mit einem Radlader eine sich bewegenden Bettbezug. Darin befand sich eine lebende, zwölf Kilo schwere und 1,60 Meter lange Würgeschlange.

Boa Constrictor oder Abgottschlange

Die von der Polizei hinzugerufene Tierärztin tippte beim ersten Augenschein auf einen Netzpython (fachsprachlich werden diese Schlangen maskulin bezeichnet, wegen der im Unterschied dazu weiblichen Bezeichnung „die“ Schlange wird nur umgangssprachlich „die Python“ gesagt).

Eine genauere veterinärmedizinische Untersuchung durch die Amtstierärztin der BH Bludenz ergab inzwischen jedoch, dass es sich bei der Tropen-Würgeschlange um eine Boa Constrictor handelt, eine sogenannte Abgottschlange, die auch Königsschlange, Königsboa oder Abgottboa genannt wird – eine von Kolumbien bis ins südliche Südamerika verbreitete Art der Boas.

Boa Constrictor
Kopf einer Boa Constrictor – diese Schlangenart kann die Farbe ihrer Zeichnung aufhellen oder abdunkeln.

Schlange kann die Farbe ändern

Die Boa Constrictor zeichnet sich durch die große Vielfalt des Erscheinungsbildes ihrer Unterarten aus und kann ihre Färbung je nach Temperatur aufhellen oder abdunkeln – was die genaue Bestimmung mitunter erschwert. Würgeschlangen dieser Art werden bis zu 3,60 Meter lang und bis zu 30 Kilogramm schwer. Sie schnappen ihre Beute blitzschnell und erdrücken sie, daher die Bezeichnung Würgeschlange.

Netzpython in einem Tuch, gefunden in Müllumladestation Nenzing Böschistobel
Landespolizeidirektion Vorarlberg
Die in Nenzing ausgesetzte Schlange war in einen auffälligen Bettbetzug gehüllt

Polizei sucht weiter

Die Polizei bittet weiter um Hinweise auf die Person, die das Tier vermutlich Anfang der Woche ausgesetzt hat. Die Boa befand sich beim Auffinden in einer Styroporbox, die mit einem bunten Bettbezug ausgelegt war. Hinweise nimmt die Polizeiinspektion Nenzing entgegen: +43 (0) 59 133 8106.

Boa nach Aussetzung im Wildpark

Bei der am Mittwochvormittag in der Müllumladestation Nenzing aufgefundenen Schlange handelt es sich nicht, wie zunächst berichtet, um einen Netzpython, sondern um eine Boa Constrictor. Das ergab eine genauere veterinärmedizinische Untersuchung am Donnerstag. Die Polizei sucht weiter nach der Person, die das Tier ausgesetzt hat.

Gesetz müsste abgeändert werden

Das Aussetzen der Tropenschlange in Vorarlberg führte auch zu verärgerten bis empörten Reaktionen in den sozialen Medien. Kritisiert wurde nicht nur das rücksichtslose Aussetzen der Boa im Müll, sondern auch die Haltung derartiger exotischer Tiere überhaupt. Landesveterinär Norbert Greber ist im Zusammenhang damit der Meinung, dass das österreichische Tierschutzgesetz dringend auf neue Beine gestellt werden sollte – so der Veterinär im Interview mit ORF Redakteur Emanuel Broger.

Schlangenhaltung nicht verboten

ORF Vorarlberg: Herr Greber, kann sich in Vorarlberg eigentlich jeder einfach so ein exotisches Tier wie eine Schlange zulegen?

Norbert Greber: Prinzipiell ja. Leider Gottes ist die Gesetzeslage so, dass es vom Tierschutzgesetz her erlaubt ist, sich solche Tiere zu halten. Es gibt kein Verbot.

ORF Vorarlberg: Das ist aber schon problematisch, oder?

Norbert Greber: Wir sehen das auch so. Im Landes-Tierschutzgesetz, das bis 2004 in Kraft gewesen ist, war die Wildtierhaltung verboten und nur in begründeten Einzelfällen hat man Ausnahmen davon gemacht. Wir haben schon mehrfach in Stellungnahmen gegenüber dem Bundesgesetzgeber eingebracht, dass das im Bundestierschutzgesetz auch so sein sollte. Aber bis jetzt sind nur ganz bestimmte Tiere von der Haltung ausgenommen. Dort gibt es Verbote, zum Beispiel die typischen Zootiere wie ein Löwe oder Tiger oder ein Elefant – die darf man nicht halten. Aber sehr viele Wildtiere sind von diesem Verbot einfach nicht umfasst und die darf man dann also halten.

Lückenhaftes Meldesystem

ORF Vorarlberg: Wenn man sich so ein Tier zulegt, muss man das ja auch bei der Bezirkshauptmannschaft melden. Wie viele Besitzer von solch exotischen Schlangen haben wir denn derzeit in Vorarlberg?

Norbert Greber: Dazu muss man sagen, dass diese Meldungen, die an sich nach dem Tierschutzgesetz gemacht werden müssen, sicher nur lückenhaft gemacht werden. Wir gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, aber Genaues wissen wir nicht. Bei den Tieren, die gemeldet werden, gibt es wiederum das Problem, dass man nur den Beginn der Haltung melden muss, vom Gesetz her aber nicht das Ende der Haltung. Somit muss davon ausgegangen werden, dass sich unter den auf den Bezirkshauptmannschaften existierenden Aufzeichnungen viele Karteileichen befinden, weil es das Tier inzwischen gar nicht mehr gibt. Somit sind diese Aufzeichnungen sehr hinterfragenswürdig. Ich kann also nur sagen, dass wir im Moment in Vorarlberg offiziell circa 140 Schlangen-Haltungen gemeldet haben mit rund 240 Schlangen.

Hohe Dunkelziffer

ORF Vorarlberg: Die Dunkelziffer dürfte also wahrscheinlich höher sein?

Norbert Greber: Die Dunkelziffer liegt weit höher. Einzelne gehen sogar davon aus, dass die Meldung vielleicht in zehn Prozent der Fälle beachtet wird und in 90 Prozent nicht. Aber das ist eine vage Schätzung, das ist nicht wirklich belegt.

Hohe Strafen drohen

ORF Vorarlberg: Welche Strafen drohen, wenn jemand einfach so ein exotisches Tier aussetzt?

Norbert Greber: Mit dem Aussetzen bringt man ein Tier sozusagen in Lebensgefahr. Man versetzt es in schwere Angst und kann auch einen tierquälerischen Zustand hervorrufen, weil die Haltungsbedingungen dann nicht mehr gegeben sind. Somit wäre das ein Verstoß gegen §5 des Tierschutzgesetzes und mit erheblichen Strafen bedroht. Das wären einige Tausend Euro, im Wiederholungsfall droht eine Verdopplung.

Schwierig zu ermitteln

ORF Vorarlberg: Nur man kommt den Täterinnen und Tätern schwer auf die Schliche, weil die exotischen Tiere nicht den Besitzern zuordnen kann, wenn sie gefunden werden.

Norbert Greber: Es gibt keine Kennzeichnungspflicht und keine Registrierungspflicht. Die werden also nirgends einzeln dokumentiert und somit ist es schwierig, den tatsächlichen Halter zu ermitteln, wenn das Tier ausgesetzt wird und einfach irgendwo gefunden wird. Im konkreten Fall wäre es vielleicht durch polizeiliche Ermittlungen klärbar, weil ja über den Fundort doch gewisse Rückschlüsse gezogen werden können. Aber es ist ein schwieriges Thema mit solchen Tieren. Einfacher ist es da zum Beispiel bei den Hunden, die müssen ja mit einem Mikrochip gekennzeichnet sein. Die Gemeinden vergeben zudem bei der Einhebung der Hundesteuer eine Marke mit fortlaufender Nummer und somit kann man einen Hund, der aufgefunden wird, meistens in relativ kurzer Zeit einen Besitzer zuordnen. Aber bei anderen Tieren funktioniert dieses System nicht.