Hauskrankenpflege
Halfpoint – stock.adobe.com
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Wirtschaft

Hauskrankenpflege: „Gerade noch zu bewältigen“

In vielen Branchen zeigt sich dasselbe Bild: Vorarlbergs Arbeitgebern fehlt das Personal. Auch die Hauskrankenpflege sucht. Elf Stellen sind momentan frei – bei insgesamt 320 Mitarbeitenden. Derzeit sei die Situation so gerade noch zu bewältigen, heißt es. Doch in Zukunft dürfte es schwieriger werden.

Momentan könne man eigentlich noch alle Wünsche erfüllen, bestätigt Wolfgang Rothmund, Obmann der Hauskrankenpflege Vorarlberg. Das sei allerdings nur dadurch möglich, dass man mit dem Personal jongliere und die Teilzeitkräfte aufgestockt hätten.

39-Stunden-Woche als Herausforderung

In den kleineren Talschaften sei es außerdem schwieriger als im Rheintal. Besonders eng werde es dann, wenn Pensionierungen anstünden. Hinzu komme ab dem nächsten Jahr die 39-Stunden-Woche, erläutert Rothmund.

„Ich bin ein totaler Gegner dieser Arbeitszeitverkürzung. Und zwar deshalb, weil wir ja eigentlich zu wenig Personen haben, die im Bereich Pflege arbeiten“, gibt Rothmund zu bedenken. Seiner Meinung nach sei es falsch, eine Verkürzung vorzunehmen. „Aber es ist so. Die Gewerkschaft hat es verhandelt mit dem Arbeitgeberverein und es hat natürlich auch Auswirkungen auf die Hauskrankenpflege“, gibt Rothmund zu bedenken.

Wolfgang Rothmund im Interview

Das Interview hat ORF-Redakteur Michael Prock geführt.

ORF: Wie sieht die Situation grundsätzlich in der Hauskrankenpflege aus?
Rothmund: Die derzeitige Situation in der Hauskrankenpflege stellt sich so dar, dass im Landesverband elf offene Stellen gemeldet sind. Insgesamt beschäftigen wir circa 320 Personen landesweit.

ORF: Sind elf offene Stellen vergleichsweise viel?
Rothmund: Das ist eigentlich normal. Es gibt immer wieder Ausfälle oder Mitarbeiterinnen, die in Karenz gehen. Es ist im Rahmen und noch verkraftbar.

ORF: Ist es Ihnen derzeit noch möglich, alle Wünsche und Anfragen zu erfüllen?
Rothmund: Grundsätzlich ja. Wir bemühen uns. In manchen Talschaften ist es aber schon schwierig. Wir schließen uns dort mit anderen zusammen, man hilft einander aus. Noch funktioniert es gut.

ORF: Wie sieht ihre Prognose für die Zukunft aus?
Rothmund: Der Personalmangel in der ambulanten Pflege wird sich verschärfen. Man braucht sich nur die Jahrgänge anzuschauen. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten Jahren in Pension. Das wird sich verschärfen. Da muss man dann irgendwie schauen, dass man die Situation meistert. Das ist in jedem Bereich so. Wir können Werbung machen, wir können den Arbeitsplatz attraktiv gestalten. Wir versuchen laufend, dass es da zu Verbesserungen kommt.

ORF: Finanzielle Verbesserungen sind wahrscheinlich schwierig?
Rothmund: Bei den finanziellen Verbesserungen sind wir in einem Verbund mit dem Arbeitgeberverein, bei dem alle soziale Verbände in Vorarlberg sind. Diese Frage ist eine gewerkschaftliche Sache. Wir sind dort vertreten und bringen uns ein. Es muss immer mit der Gewerkschaft gemeinsam gelöst werden.

ORF: Wie die 39-Stunden-Woche – sie wird am 1. Jänner 2023 eingeführt…
Rothmund: Das wird ein größeres Problem. Ich bin ein totaler Gegner dieser Arbeitszeitverkürzung. Und zwar deshalb, weil wir ja eigentlich zu wenig Personal haben. Und hier eine Verkürzung der Arbeitszeit durchzuführen, war meiner Meinung nach falsch. Aber es ist so. Die Gewerkschaft hat es mit dem Arbeitgeberverein verhandelt. Es hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Krankenpflege.

ORF: Wo sehen Sie die Rolle der Hauskrankenpflege in der Pflegestruktur im Land?
Rothmund: Die Hauskrankenpflege ist für mich ein ganz zentraler Punkt. Das wird auch in der Politik so gesehen. Jeder spricht davon, dass ambulante Pflege vor stationärer Pflege sein soll. Da haben wir eine große Aufgabe, die noch wachsen wird.
Also für mich ist natürlich die hauseigene Pflege ein ganz zentraler Punkt.

ORF: Wie groß ist Ihr Verein momentan?
Wir haben rund 70.000 Mitglieder, sind also sicher der größte Verein in Vorarlberg. Die Mitgliedschaft beträgt zwischen 30 und 37 Euro pro Jahr. Man leistet damit einen Beitrag zur Solidarität. Und wenn man selbst Pflege braucht, bekommt man für dieses Geld eine Vollversorgung. Das ist wohl einzigartig in der Republik.