Photovoltaikpanele auf Hausdach
ORF.at/Georg Hummer
ORF.at/Georg Hummer
Umwelt

Neue Energieformen verändern Landschaftsbild

Raumplanungsexpertin Gerlind Weber ist sich sicher, dass neue Energieformen das Landschaftsbild verändern werden. Ein Windrad sei aber schöner als ein „Betongeschwür“. Themen wie die Versorgung mit sauberer Energie, die Veränderung des Landschaftsbildes durch Windräder, aber auch der Bodenverbrauch kommen derzeit zu kurz, meint Weber.

ORF: Frau Professor Weber, es gibt einige große Unternehmen in Vorarlberg, wie zum Beispiel Blum und Grass, die beklagen, dass sie im Land keine Erweiterungsflächen mehr haben. Grass zum Beispiel verlangt, dass man in Zukunft deutlich mehr in die Höhe bauen kann. Ist das ein geeignetes Mittel?

Weber: Also grundsätzlich würde ich dem zustimmen. Was ich aber dann als Gefahr sehe, ist, dass manche sehr hoch bauen wollen und andere wieder weniger und dadurch sehr große Nachteile haben, was die Belichtung und so weiter anbelangt. Das heißt, man muss schon auch einen Bebauungsplan über Gewerbe- und Industriegebiete drüber ziehen, sodass die Regeln für alle gleich sind. Aber im Sinne auch des Bodensparens ist es schon sehr wichtig, dass hier jetzt Expansionsbedürfnisse so quasi in der dritten Dimension befriedigt werden.

ORF: Kommen wir zum aktuellen Thema Energie. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass Photovoltaik an und auf Gebäuden bei Weitem nicht ausreicht, um die Energieziele, die wir uns gesetzt haben, zu erfüllen. Heißt das, die Photovoltaik muss in die Fläche?

Weber: Also im Prinzip würde das bedeuten, dass wir auch Grünflächen, bzw. spricht man ja hier eigentlich von Alt-Nutzungsflächen wie zum Beispiel von Bergabbaugebieten oder auch Steinbrüchen, nutzt, um Photovoltaikanlagen in größerer Dimension zu errichten. Ich gehe davon aus, dass es einfach eine Illusion ist, zu glauben, dass wir die Landschaft von bestimmten Nutzungsformen der Energiegewinnung freihalten können, wenn wir eben die Energiewende schaffen wollen.

ORF: Photovoltaik auf der grünen Fläche, auf der Freifläche gibt es ja schon, zum Beispiel in Deutschland. Glauben Sie, dass so deutliche Maßnahmen tatsächlich auch bei uns notwendig sein werden?

Weber: Natürlich, die Nutzungskonkurrenz um den Boden wird steigen und daher ist wirklich mein Appell, auch im Zusammenhang mit dem Bauen zu erkennen, dass hier Limits erreicht sind, die wir nicht überspringen dürfen, um eben neue Nutzungsansprüche überhaupt befriedigen zu können. Und da ist einer der Nutzungsansprüche natürlich die Energiegewinnung.

Gerlind Weber: Sie hat bis zu ihrer Pensionierung 2012 das Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung an der Universität für Bodenkultur in Wien geleitet. In Vorarlberg ist sie Mitglied des Naturschutzrates.
Weber
Raumplanungsexpertin Gerlind Weber

ORF: Die Landesregierung bei uns betont immer, dass für uns Wasserkraft und Photovoltaik sehr wichtig sind. Ist ein Windrad mit den Anforderungen an die Raumplanung, an das Ortsbild, grundsätzlich vereinbar?

Weber: Also wenn man sich gerade auch in Vorarlberg Geschosswohnungsbauten gönnt, die man als Betongeschwüre bezeichnen kann, ohne ihnen wirklich nahetreten zu wollen, dann ist ein Windrad für mich wirklich viel ästhetischer und viel weniger störend. Aber es hängt natürlich auch davon ab, was die Konkurrenznutzung wäre, wie zum Beispiel der Tourismus, wo man sagt, in Tourismusgebieten sollen möglichst keine Windräder entstehen. Da müssen eben entsprechende Untersuchungen gemacht werden und die Ausbeute entsprechend groß sein, damit man hier diesen Eingriff überhaupt macht.