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Prock/ORF Vorarlberg
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Politik

Wirtschaftsbund-Prüfer: „Generöser Umgang mit Geld“

Der Vorarlberger Wirtschaftsbund hat am Dienstagvormittag zusammen mit dem externen Prüfer BDO die Ergebnisse der Sonderprüfung zu den Wirtschaftsbund-Finanzen vorgelegt. Die Prüfer sprechen von „generösem Umgang mit Geld“ und zu wenig Kontrolle.

Im Wirtschaftsbund Vorarlberg hat es in der jüngsten Vergangenheit einen „generösen Umgang in der Geschäftsgebarung des Vereins“ gegeben. Das hat die Sonderprüfung des Wirtschaftsbunds Vorarlberg durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Austria ergeben. Einnahmen und Ausgaben seien allerdings im Sinne der Statuten getätigt worden, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Den Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung wies der Wirtschaftsbund abermals zurück.

Wirtschaftsbund gab Geld sehr locker aus

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO hat ihren Prüfbericht über den Wirtschaftsbund Vorarlberg vorgestellt. Die Prüfer sprechen von „generösem Umgang mit Geld“ und zu wenig Kontrolle.

513.000 Euro gingen an die ÖVP Vorarlberg

An die ÖVP Vorarlberg überwies der Wirtschaftsbund Vorarlberg als Teilorganisation der Partei im Zeitraum von 2016 bis 2021 rund 513.000 Euro, dazu kamen 207.000 Euro als Zahlungen an diverse Ortsgruppen der ÖVP. Für Wahlkosten wurden 72.000 Euro ausgegeben. Hinsichtlich der finanziellen Großzügigkeit rückte der zurückgetretene Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler in den Mittelpunkt der Prüfung. Dieser erhielt zwischen 2016 und 2021 unter anderem ein Bruttogehalt von 780.000 Euro. An die 3L consult GmbH (vormals kessler consult GmbH), deren Alleingesellschafter Jürgen Kessler ist, wurden zwischen 2018 und 2021 646.000 Euro für die Vermittlung von Inseratenerlösen bezahlt.

Rüdisser spricht von „Erfolgsbeteiligung“

Darauf angesprochen, ob Jürgen Kessler den Wirtschaftsbund als „Selbstbedienungsladen“ verstanden habe – neben den direkten Zahlungen gab es ab 2021 auch eine Rentenversicherung (1.000 Euro monatlich) bzw. einen Firmen-Pkw oder auch ein 250.000 Euro-Darlehen, das Kessler am 14. Juli zurückbezahlte (255.971,60 Euro) – sprach der geschäftsführende Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser von einer Art „Erfolgsbeteiligung“. Wenn man die Rücklagensituation bewerte, sei es „wirtschaftlich sehr gut gelaufen“. Dem Wirtschaftsbund standen laut Rüdisser Ende 2021 etwa 6,8 Mio. Euro (4,9 Mio. in Form von Wertpapieren, 1,9 Mio. Euro Guthaben) zur Verfügung.

Kessler: Statutenkonform gehandelt

Allerdings sei der Wirtschaftsbund kein Privat-Unternehmen und habe es mit Mitgliedern und halb-öffentlichen Geldern zu tun. Da gebe es sehr viel strengere Maßstäbe und Compliance-Regeln anzusetzen. Bei den unter Kessler als Spende für das Rote Kreuz verbuchten Zahlungen habe es sich um Mitarbeiter-Prämien gehandelt. Die Falschbuchung selbst bezeichnete Rüdisser als „Dummheit“. Betont wurde aber auch, dass Kessler statutenkonform gehandelt und gewirtschaftet habe. An Inseratenerlösen für die inzwischen eingestellte Mitglieder-Zeitung „Vorarlberger Wirtschaft“ wurden etwa 4,308 Mio. Euro eingenommen. Dabei stieg das Inseratenvolumen unter Kessler stark an und wurde im Vergleich zu 2016 verdreifacht. Demgegenüber stand ein Aufwand von 1,708 Mio. Euro.

Laut der von der BDO durchgeführten Zahlungsstromanalyse nahm der Wirtschaftsbund Vorarlberg von 2016 bis 2021 – zusätzlich zu den Inseraten – rund 3,678 Mio. Euro ein, davon 1,791 Mio. Euro durch Mitglieds- und 1,350 Mio. Euro durch Wirtschaftskammerbeiträge. Als Aufwendungen standen 1,790 Mio. Euro für Personal, 895.000 Euro für politische Organisationen, 202.000 Euro an Funktionärsentschädigungen und Sachkosten in Höhe von 1,187 Mio. Euro zu Buche.

Rüdisser: Empfehlungen werden umgesetzt

BDO-Wirtschafsprüfer Josef Schima sagte, dass beim rasanten Anstieg im Zeitungsgeschäft die internen Abläufe nicht adäquat angepasst worden seien. Rüdisser versprach, die von der BDO ausgesprochenen Empfehlungen für den Wirtschaftsbund umzusetzen. Dazu gehöre etwa die Überarbeitung der Statuten, die im Wesentlichen aus dem Jahr 1947 stammen. Es werde wesentlich sein, genauer zwischen der Tätigkeit als Verein und als politischer Organisation zu unterscheiden. Auch eine Straffung der Organisationsstruktur stellte Rüdisser in Aussicht. Im Herbst soll es eine Generalversammlung mit der Neuwahl des Obmanns geben. Auch werde man ein strengeres Auge auf die Bezahlung der Verantwortlichen legen.

Steuerprüfung in der „finalen Phase“

Hinsichtlich der Steuerprüfung – dem Wirtschaftsbund wird vorgeworfen, die Steuern für die Inserate nicht korrekt abgeführt zu haben, befinde man sich in der finalen Phase, so Rüdisser. Der Prüfungszeitraum sei auf die Jahre 2012 bis 2015 ausgedehnt worden. Der Wirtschaftsbund und mehrere Funktionäre haben im Zusammenhang mit der Steuerprüfung Selbstanzeige eingebracht. Neben den Finanzbehörden ermitteln auch die Staatsanwaltschaft Feldkirch und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die gegen Landeshauptmann Markus Wallner, Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und seinen Vorgänger Rüdisser wegen des Verdachts der Vorteilsannahme Untersuchungen einleitete. Wallner setzte die Affäre so zu, dass er sich derzeit in einem mehrwöchigen Krankenstand befindet.

Erste Reaktionen: „Prüfung im Schonwaschgang“

Kurz nach der Pressekonferenz gab es bereits erste politische Reaktionen. Nina Tomaselli (Grüne) bezeichnet die Eigenprüfung des Wirtschaftsbundes als eine „Prüfung im Schonwaschgang“. Die SPÖ spricht von einem reinen Ablenkungsmanöver – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Affäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund

Im Zentrum der Affäre steht die inzwischen eingestellte Zeitung des Wirtschaftsbundes, „Vorarlberger Wirtschaft“, bzw. deren Inseratengeschäft. Im Raum steht eine nicht korrekte Abführung von Steuern für Inserate, die für die Wirtschaftsbund-Zeitung verkauft wurden, und für Zuwendungen des Wirtschaftsbunds an die ÖVP. Der Wirtschaftsbund und mehrere Funktionäre brachten im Zusammenhang mit der Steuerprüfung Selbstanzeige ein.

Für Aufregung sorgten auch üppige Gehälter und Zuwendungen, etwa für die inzwischen ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktoren Jürgen Kessler und seinen Vorgänger Walter Natter. Neben den Finanzbehörden ermitteln auch die Staatsanwaltschaft Feldkirch und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die gegen Landeshauptmann Markus Wallner, Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und seinen Vorgänger Karlheinz Rüdisser wegen des Verdachts der Vorteilsannahme Untersuchungen einleitete. Wallner befindet sich derzeit in einem mehrwöchigen Krankenstand.