Praxis
© Shannon Fagan
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Chronik

Abtreibung: Zehn Prozent sagen Termin wieder ab

In Vorarlberg gibt es nur einen Arzt, der Abtreibungen durchführt. Benedikt Johannes Hostenkamp und seine Frau betreiben die Praxis seit vielen Jahren, nun stehen sie vor der Pension – noch gibt es keine Nachfolgelösung. Im ORF Vorarlberg-Interview erzählt Monika Maria Hostenkamp über den Ordinationsbetrieb.

Ihr Mann arbeite gerne, sagt Hostenkamp. Er wolle die Frauen nicht einfach im Regen stehen lassen, aber es brauche dringend eine Nachfolgelösung für Vorarlberg. Ein Jahr wollen die beiden noch weitermachen.

280 bis 300 Abtreibungen im Jahr

Die Zahl der Abtreibungen – zwischen 280 und 300 im Jahr – sei seit Jahren stabil, sagt Hostenkamp in der ORF Radiosendung „Neues bei Neustädter“. Dieses Jahr seien es im ersten Halbjahr etwas mehr gewesen, das könne auch mit Corona zu tun haben. „Zehn Prozent der Frauen, die bereits einen OP-Termin haben, sagen den Termin wieder ab“, sagt Hostenkamp weiter.

Hier finden Sie Beratung, wenn Sie ungewollt schwanger sind:

Bevor ein OP-Termin steht, gibt es immer eine Voruntersuchung und eine Beratung, die ca. zwei Stunden dauere. Wenn es Verständigungsprobleme gebe, könne es auch länger gehen. „Wir haben viele Patientinnen, bei denen jedes Wort übersetzt werden muss“, sagt Hostenkamp.

Bei diesem Vorgespräch werde natürlich auch über den Schwangerschaftskonflikt gesprochen – das gehöre zur ärztlichen Aufklärung. Bereits beim ersten telefonischen Kontakt mit den Frauen werde auch auf Beratungsstellen im Land verwiesen. In Österreich sei das nicht wie in Deutschland verpflichtend, sondern wird nur dringend empfohlen.

Fristenregelung gilt seit 1975

In Österreich ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach einer Beratung durch eine Ärztin/einen Arzt möglich. Die „Fristenregelung“ gilt seit 1975 und besagt, dass eine Schwangerschaft innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate straffrei abgebrochen werden kann. Die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs ist im Strafgesetzbuch § 97 Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruches geregelt.

Schwangerschaftsabbruch ist auch eine Kostenfrage

Über die Zahl der in Österreich pro Jahr frühzeitig beendeten Schwangerschaften gibt es keine hinreichende Datenlage. Schätzungen gehen von 30.000 bis 40.000 Abbrüchen jährlich aus, in der Vorarlberger Privatpraxis sind es zwischen 280 und 320 pro Jahr.

Da es jedoch keine Kostenübernahme der Krankenkassen gibt, fehlen qualifizierte Gesundheitsdaten. Die Beendigung einer Schwangerschaft ist damit auch immer noch eine Kostenfrage. Die Kosten für einen Abbruch werden in Österreich, im Gegensatz zu allen anderen westeuropäischen Ländern, nämlich nicht von der Krankenkasse übernommen – es sei denn, der Abbruch ist aus medizinischen Gründen notwendig.