Unterflur Bahntrasse
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Verkehr

Zwischenbericht: Oberirdische Trasse bevorzugt

Die Bahnstrecke zwischen Wolfurt und Lochau soll ausgebaut werden. Eine unterirdische Variante wird jedoch laut dem Zwischenbericht einer Studie, die ÖBB und Land in Auftrag gegeben haben, nicht favorisiert. Stattdessen wird zu einem oberirdischen Ausbau geraten. Landesrat Zadra (Grüne) betont, dass es noch kein Ergebnis gebe, aber die Wogen gehen hoch.

Die Bürgermeister aus Bregenz, Lochau, Hörbranz, Wolfurt und Lauterach wollen eine Unterflurtrasse – mehr dazu in Fünf Bürgermeister wollen Unterflurtrasse. Der Wunsch der fünf Bürgermeister dürfte jedoch wohl eher nicht erfüllt werden, wie der Zwischenbericht zeigt. Empfohlen wird, die oberirdische Variante weiter zu prüfen.

Mehrgleisiger oberirdischer Ausbau

Der Zwischenbericht „Variantenstudie ÖBB-Zielnetz 2040 Unteres Rheintal“ favorisiert einen mehrgleisigen oberirdischen Ausbau. Die Strecke zwischen Lochau und Bregenz könnte demnach zweigleisig werden, zwischen Bregenz und Lauterach-Nord ist ein dreigleisiger Ausbau angedacht, zwischen Lustenau und Hard ein zweigleisiger Ausbau.

„Die Machbarkeit einer kompletten Tieflage von Lochau bis Wolfurt wird aus Sicht der Bauphase als nicht gegeben gesehen“, heißt es wörtlich im Zwischenbericht. Stattdessen wird empfohlen, die „Varianten in Niveaulage zu untersuchen“.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Visualisierung der Streckenführung
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Visualisierung der Unterflur-Streckenführung um die Bregenzer Bucht
Der Plan sieht vor, dass die Bahn ab Wolfurt unterirdisch weiter fährt
mehramsee eGen
Ab Wolfurt würde die Bahn unter die Erde verlegt werden
In Lauterach würde laut Plan eine Abzweigung in die Schweiz entstehen
mehramsee eGen
In Lauterach sieht der Plan eine Abzweigung in die Schweiz vor
Visualisierung des unterirdischen Bahnhofs Bregenz
mehramsee eGen
Die Vorstellung der Studie für einen unterirdischen Bahnhof in Bregenz
Pressekonferenz am 5. Juli 2021 im Rathaus Bregenz
Stadt Bregenz
Die Präsentation der Studiendetails am 5. Juli in Bregenz (v.l.): BDO-Partner Michael Grahammer, Leiterin Stadtentwicklung und Mobilität Andrea Krupski von Mansberg, Bürgermeister Michael Ritsch, Hubert Rhomberg von der ARGE Rhomberg-Zierl-BDO

„Eingriffe in Privatgrundstücke“

Grundsätzlich sei der Infrastrukturausbau, also der Ausbau der Bahntrasse, jedenfalls machbar, heißt es in dem Papier. Die Eingriffe seien bei den Ausbaumaßnahmen in Niveaulage – also oberirdisch – am geringsten.

Das könnte aber für Anwohner und Grundstücksbesitzer Folgen haben: „Aufgrund der beengten Platzverhältnisse sind jedenfalls Eingriffe in Privatgrundstücke und Anpassungen bestehender Infrastrukturen erforderlich“.

Zadra: Noch keine Endversion der Präsentation

Der für Verkehr zuständige Landesrat Daniel Zadra (Grüne) betonte, dass es noch keine Endversion der Präsentation zu den Zwischenergebnissen der Variantenstudie gebe. Es handle sich um eine Vorversion der Präsentation, die an die Öffentlichkeit gelangt sei. Er werde „halb- oder dreiviertelfertige Ergebnisse“ nicht kommentieren, so Zadra. Die Variantenstudie zur Zukunft des Bahnverkehrs im Unteren Rheintal sei von einem renommierten Ziviltechnikbüro im Auftrag von ÖBB und Land Vorarlberg erstellt worden.

ÖBB, Land Vorarlberg und Klimaschutzministerium würden wie geplant die Zwischenergebnisse dieser Untersuchung, „die die Faktenlage aufbereitet und erste aussagekräftige Daten liefert“, am Montag den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden und den VerkehrssprecherInnen der Landtagsfraktionen präsentieren. Danach werde man diese Zwischenergebnisse „offen und konstruktiv diskutieren“ und diesen Zwischenstand der Studie unmittelbar nach der Präsentation der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Ritsch: „Größter Widerstand, den die ÖBB je erlebt haben“

Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch (SPÖ) jedenfalls reagierte bereits empört auf das bekannt gewordene ÖBB-Papier und kündigte im ORF-Interview massiven Widerstand gegen einen oberirdischen Ausbau der Trasse an – und zwar den „größten, den die ÖBB je erlebt haben“. „Offensichtlich möchten sich die ÖBB auf die oberirdische Variante festlegen“, das werde man nicht hinnehmen. Die fünf Bürgermeister seien alle „auf einer Linie“ und „wir werden das Land überzeugen, dass das die falsche Variante ist und werden schlussendlich die Bevölkerung dazu aufrufen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass hier Lebensraum zerstört wird“. Die ÖBB spreche in dem Papier von Enteignungen, so Ritsch.

Wenn dann an der Pipeline, die jetzt neu gestaltet sei – „quasi unser Naturjuwel“ – zweigleisig oberirdisch „der Güterverkehr rollen soll“, das werde auch von der Bevölkerung nicht akzeptiert. Da werden „alle Bürgerinnen und Bürger in dieser Region auf die Straße gehen“, ist Ritsch überzeugt. Das werde der größte Aufstand werden, „den die ÖBB wahrscheinlich je erlebt haben“. Für Montag sei eine offizielle Vorstellung der Pläne durch die Landesregierung geplant, so Ritsch.

Bürgermeister Michael Ritsch im Gespräch mit ORF-Redakteur Jürgen Sebö

Kritik kommt auch vom Vorarlberger Nationalratsabgeordneten Reinhold Einwallner (SPÖ). Er appelliert an Mobilitätsministerin Leonore Gewessler (Grüne), dass sie hier „schleunigst die Notbremse“ ziehen soll. Mit den vorliegenden Plänen sei der Lebensraum von Menschen und Tieren gefährdet. Diesem Vorhaben zuzusehen, entbehre jedwedem Grundsatz der Grünen Partei.

NEOS Bregenz: „Nicht zu akzeptieren“

Auch die Bregenzer NEOS reagierten „schockiert und mehr als verwundert“. Die Bregenzer Stadtvertretung arbeite seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich an der Unterflurlösung und habe in wenigen Monaten eine Arbeitsgruppe aus fünf Gemeinden zusammengebracht, so Fraktionsobmann Michael Sagmeister.

„Jetzt will die ÖBB von Wien aus entscheiden, was für unsere Stadt und die Menschen gut ist und welche Pläne weiterverfolgt werden sollen“, so Sagmeister. Das sei nicht zu akzeptieren.

IV-Präsident warnt vor „vertaner Chance“

Der Präsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung, Martin Ohneberg, warnt vor einer „vertanen Chance für eine nachhaltige Lösung“. Der zweigleisige Ausbau zwischen Lochau und Bregenz und ein dreigleisiger Ausbau zwischen Bregenz und Lauterach-Nord sei enorm wichtig für die Wirtschaft zur Verladung der Güter und sichere damit eine gute Logistik am Standort. Die attestierte Machbarkeit dieses Ausbaus sei erfreulich, so Ohneberg.

Den Ausbau jedoch gänzlich oberirdisch auszuführen, sei nur die Minimallösung. „Es darf nicht immer nur der Plan mit dem geringsten Aufwand zum Zug kommen, sondern die zukunftsfähigste Lösung mit dem besten Ergebnis für die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Umwelt“, so Ohneberg.