Polizeiauto mit Blaulicht in der Nacht
APA/Erwin Scheriau
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Chronik

Polizei deckt Menschenhandel auf

Ein 63-jähriger Mann aus dem Bezirk Vöcklabruck in Oberösterreich soll insgesamt 233 irakische Asylwerber als Scheinselbständige an Unternehmen in ganz Österreich vermittelt haben. Auch in Vorarlberg sollen die Asylwerber an Tankstellen zu miserablen Bedingungen eingesetzt worden sein.

Die Polizei hat einen Fall von Menschenhandel, organisierter Schwarzarbeit und schwerem Betrug in großem Stil aufgeklärt. Ein 63-jähriger Deutscher aus dem Bezirk Vöcklabruck soll insgesamt 233 irakische Asylwerber als Scheinselbstständige an Unternehmen in ganz Österreich vermittelt haben, berichtete die oberösterreichische Polizei. Er zahlte einen Bruttostundenlohn von 9,50 Euro, nahm selbst 14,50 bis 16,50 Euro von den Partnerfirmen und verdiente so seinen Lebensunterhalt.

Der Deutsche meldete als Geschäftsführer eines Firmenkonstrukts für die sprachunkundigen Asylwerber das Gewerbe im Facility-Management in ihren Wohnbezirken an. Auch seine 72-jährige Buchhalterin aus Wien war daran beteiligt und wird zur Verantwortung gezogen.

Miserable Bedingungen: keine Ruhezeiten und Zuschläge

Die Asylwerber glaubten, bei der Firma angestellt zu sein. Sie wurden nach einem vom 63-Jährigen erstellten Dienstplan zu Tankstellen bis nach Vorarlberg und Kärnten vermittelt, wo sie bis zu 17 Stunden Dienst verrichteten, ohne Ruhezeiten und Zuschläge. Von ihrem Lohn mussten sie die Sozialversicherung und sonstige Abgaben leisten, die Anreise zu den Arbeitsstätten wurde nicht abgegolten.

Kein Urlaub und zahlreiche Drohungen

Diese Arbeitsausbeutung und die Ausnutzung ihrer Zwangslage, ansonsten keiner rechtmäßigen Arbeit nachgehen zu können, erhärtete den Verdacht des Menschenhandels. Der Beschuldigte zwang die Asylwerber zu arbeiten und drohte ihnen, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie krank werden oder Urlaub wollen.

Ohne Schulungen an Security-Firmen vermittelt

Er beschäftigte auch Asylwerber mit ausreichenden Sprachkenntnissen als ebenfalls scheinselbstständige Sekretäre, die die Dienstpläne verteilten. Wieder andere waren Fahrer und brachten in ihren privaten Autos die Asylwerber zu deren Arbeitsstellen. Der deutschen Sprache nicht mächtige Scheinselbstständige wurden auch ohne Schulung an eine Security-Firma vermittelt und bei Fußball- und Eishockeyspielen eingesetzt.

Ermittlungen dauerten mehrere Monate

Durch Kontoöffnungen ergab sich für die Ermittler der Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betruges. Sieben Konten wurden geöffnet, ein Haus durchsucht und Firmenunterlagen ausgewertet. Insgesamt wurden 57 von 233 irakischen Asylwerbern als Opfer bzw. Zeugen einvernommen. Polizisten aus dem Bezirk Kirchdorf ermittelten über eineinhalb Jahre in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Oberösterreich, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, der Finanzpolizei und dem Sozialversicherungsträger.