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Politik

vkw-Steuerprüfung Thema im U-Ausschuss

Landeshauptmann Markus Wallner(ÖVP) muss am Mittwoch vor dem ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss in Wien aussagen. Es geht vor allem um Fragen zur Wirtschaftsbund-Affäre im Land. Aber auch eine alte Steuerprüfung bei illwerke/vkw dürfte zum Thema werden. Und zwar geht es darum, ob für die sogenannten Heimfallsrechte, für die das Land von den vkw Geld bekommt, Steuern fällig gewesen wären.

Fragen zur komplizierten Steuerrechtsmaterie selbst wird Wallner im U-Auschuss wohl nicht beantworten müssen. Allerdings Fragen zum Umgang mit der Prüfung. Denn sowohl das Land als auch Stromerzeuger illwerke/vkw setzten alles daran, keine Steuern nachzahlen zu müssen. Am Ende mit Erfolg. Wie sehr sich das Land dafür bemüht hat, zeigen Akten aus dem Untersuchungsausschuss, die dem ORF vorliegen.

Was sind Heimfallsrechte?

Darum geht es: Die Kraftwerke werden zwar von illwerke/vkw betrieben, gehören aber dem Land. Vertraglich ist geregelt, dass diese Kraftwerke irgendwann an das Land zurückfallen – das sind die sogenannten Heimfallsrechte. Damit das Land darauf verzichtet, bezahlen illwerke/vkw jährlich mehrere Millionen Euro ins Landesbudget. Dieses Geld sollte versteuert werden, meinte die Großbetriebsprüfung des Finanzamts. Illwerke/vkw sah es anders. Und mit dem Kraftwerksbetreiber auch dessen Eigentümer – das Land Vorarlberg.

Druck auf Finanzamt groß

Kein Wunder also, dass der Druck auf das Finanzamt groß war. Einige Beispiele: Schon im Jahr 2014 schreibt deshalb ein Mitarbeiter im Finanzamt: „Zur Klarstellung erlaube ich mir (…) allfällige künftige Interventionen beim ohnehin belasteten Hr. Sektionschef hintanzuhalten.“ Man soll sich doch direkt an das Finanzamt wenden.

Im Oktober 2014 schaltete sich das Kabinett von Finanzminister Hansjörg Schelling ein. Ein Mitarbeiter schrieb: „Bei der Vorarlberger Illwerke AG wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die dabei getroffenen Feststellungen entsprechen offenbar nicht in allen Punkten der Rechtsansicht der VIW (Anm.: Vorarlberger Illwerke).“ Der Mitarbeiter schickte Dokumente mit der Rechtsansicht von illwerke/vkw weiter und fragte nach Informationen zum Verfahren.

Derselbe Mitarbeiter schrieb im Jänner 2015 erneut an den Sektionschef im Finanzministerium: illwerke/vkw würden sich beschweren, dass die Großbetriebsprüfer ihre Rechtsmeinung immer etwas ändern würden. Und der Mitarbeiter fragte, ob sich ein Vertreter von illwerke/vkw direkt beim Sektionschef melden darf, um einen Termin für eine Besprechen auszumachen.

Der besagte Mitarbeiter befand sich damals bereits auf der Gehaltsliste des Landes Vorarlberg. Er war von 2014 bis 2017 über einen sogenannten Überlassungsvertrag im Finanzministerium tätig und bekleidet mittlerweile eine Führungsposition in der Landesverwaltung.

Der Sektionschef antwortete wenige Minuten später, dass zusätzliche Termine keinen Sinn machen. Er wehrte sich zudem gegen diese Vorwürfe. Auch eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums schrieb: „Ich denke nicht, dass das eine Besprechung im Finanzministerium erforderlich macht.“ Und: „Ich denke auch nicht, dass man von laufend geänderten Rechtsansichten reden kann.“

Mitarbeiter wollte hinwerfen

So ging es hin und her. Bis einer der Prüfer im Mai 2015 schließlich genug hat. Er schreibt an seine Vorgesetzte: „Von der weiteren Mitarbeit an diesem Fall bitte ich dich, mich zu entbinden.“ Im Anhang zu dem Mail schickt er eine Stellungnahme, die er zur Frage schon im Jahr 2013 an die Staatsanwaltschaft Feldkirch geschickt hat.

Im Oktober war der Mitarbeiter aber weiterhin mit der Prüfung betraut. An einer Besprechung fehlte er aber, wie er per Mail an die Vorgesetzte moniert. Er befürchtete Kalkül: „Das Fernhalten von mir bzw. uns beiden an der Besprechung – auf wessen Initiative das auch immer erfolgt sein mag – hatte offensichtlich nur den Zweck, dich auf der Besprechung derart niederzureden, dass du voreilig in derartige Lösungen einwilligst.“

Landeshauptmann meldet sich im Ministerium

Am 23. Dezember meldete sich Landeshauptmann Markus Wallner direkt beim Sektionschef im Ministerium. „Anbei darf ich dir ein Gutachten von Dr. Josef Aicher, das mir die illwerke/vkw übergeben hat, zur Kenntnis übermitteln“, schreibt er. Wallner bestätigte bereits nach ersten Medienberichten zur Causa, dass er als Eigentümervertreter eben die Interessen des Eigentümers vertreten hat. Er sei auch als solcher offiziell aufgetreten.

Viele Besprechungen, Telefonate und Mails

In den folgenden Monaten kommt es immer wieder zu Besprechungen, Telefonaten und Mails. Auch immer wieder mit dem Landeshauptmann, wie aus einem Mailverkehr im Juli 2016 hervorgeht. Ebenfalls im Juli versucht illwerke/vkw-Chef Christof Germann mit dem Sektionschef im Ministerium direkt die Sache zu klären.

Eine Schlussbesprechung zur Steuerprüfung kommt aber nicht zustande, wie ein Mitarbeiter im Finanzamt schreibt: Für die illwerke/vkw sei erst im September ein Termin möglich. Ebenfalls im Juli ist von weiteren Besprechungen mit Landeshauptmann Wallner die Rede. Die Steuerprüfer haben illwerke/vkw demnach einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Illwerke-Chef Germann würde diesen Vorschlag mit seinem Experten besprechen. „Danach spricht er mit LH Wallner“; schreibt der Sektionschef des Finanzministeriums an die Großbetriebsprüfer.

Im September 2016 wird es selbst dem Sektionschef zu bunt. „Er hat Direktor Germann mitgeteilt, dass er sich aller Voraussicht nach aus diesem Fall zurück ziehen wird“, heißt es in einem internen Mail innerhalb der Prüfer.

illwerke/vkw wollten nicht mehr mit Prüfer reden

Im November 2016 reicht es illwerke/vkw dann auch, sie wollen nicht mehr mit dem Steuerprüfer reden. Als der zuständige Prüfer weitere Fragen hat, schreibt der Finanzchef des Kraftwerkbetreibers: Die Aussagen in den Fragen entsprächen in keiner Weise dem, was mit dem Sektionschef besprochen worden sei. „Wir werden daher zu den einzelnen Punkten direkt dem Herrn Sektionschef berichten.“

Die illwerke/vkw beschweren sich, dass es nach ihrer Ansicht nach „neu erfundene Betrachtungsweisen seitens der Betriebsprüfung“ gebe. „Wir werden daher an der Besprechung im Finanzamt Feldkirch am 22. November nicht teilnehmen“, schreibt ein Vertreter des Stromkonzerns weiter. Der Konzern beschwert sich zudem direkt beim Sektionschef, auch Landeshauptmann Wallner erhält diese Mail.

Der betroffene Mitarbeiter der Großprüfung meldet sich darauf. „Ich bin etwas verwundert darüber, dass die Tätigkeit von Mitarbeitern, die für die Finanzverwaltung seit über dreißig Jahren anständig arbeiten und trotz massiver persönlicher Angriffe mehrere „Altlasten“ erfolgreich abgearbeitet haben, nunmehr als inakzeptabel bezeichnet wird.“ Illwerke/vkw hätten sich im ganzen Verfahren kaum bewegt. Und er schreibt: „Ich habe schon mehrmals gebeten, mich von der weiteren Mitarbeit an diesem Fall zu entbinden.“

Die Interventionen scheinen zu wirken: Der Sektionschef teilt immer mehr die Rechtsansicht der illwerke/vkw. Im April 2018 wird wieder ein Kompromiss vorgeschlagen. Der Sektionschef informiert Germann und Wallner direkt. Wenige Tage später schreibt der Sektionschef an einen Kollegen: „LH Wallner hat mich heute angerufen, dass sie den Vorschlag eher nicht annehmen werden. Sie werden uns das aber noch mitteilen.“ Und drei Wochen später: „LH Wallner hat mich angerufen.“ Es geht um einen ähnlichen Fall in Tirol, der bewertet werden muss. Der Sektionschef schreibt weiter: „Ich bräuchte bis Mittwoch-abends eine kurze Rückmeldung, weil am Donnerstag in der Früh beim Minister ein Termin mit LH Wallner ist.“ Die findet offenbar am 17. Mai statt, auch illwerke/vkw-Chef Germann soll dabei gewesen sein.

Sektionschef: „Keine Intervention“

Bereits einmal ist die Causa Thema im Untersuchungsausschuss. Der besagte Sektionschef war am 30. März geladen. Und er erinnert sich an die Vorgänge. Er spricht von einer spannenden Fragestellung, weil Heimfallsrechte eine Ausnahme sind. „Einzelne Großbetriebsprüfer haben einen Extremstandpunkt vertreten“, sagt er. Bei einer Sitzung sei man dann auf die gemeinsame rechtliche Beurteilung gekommen. Wallner habe ihn dann eigentlich nur auf die Problematik hingewiesen. Von Intervention könne keine Rede sein.

Auch innerhalb der Finanz wird das Geschehene reflektiert. Im Jänner 2020 schrieb der ehemalige zuständige Prüfer einem Kollegen: „Ich habe gerade mit dem seinerzeitigen Prüfer gesprochen und wir sind übereinstimmend der Meinung, dass wir heilfroh sind, mit dem Fall nichts mehr zu tun zu haben, weil man dabei unserer Meinung nach nur verlieren kann.“