eine Hand nimmt Geldscheine auf einer Börse
ORF.at/Dominique Hammer
ORF.at/Dominique Hammer
Soziales

Caritas fordert Anpassung der Sozialleistungen

Die Caritas befürchtet, dass die massiv steigenden Lebenserhaltungskosten die Armutsspirale anfeuern. Einkommensschwache seien von der Teuerung verhältnismäßig stärker betroffen – das habe mehrere Gründe. Die Caritas fordert die Politik auf, Sozialleistungen an die Teuerung anzupassen.

Die Teuerung treffe zwar alle – aber nicht alle würden sie gleich stark spüren, betonten Vertreter der Caritas bei einem Pressegespräch am Mittwoch. Das habe mehrere Gründe: Zum einen könnten einkommensschwache Haushalte weniger Geld auf die Seite legen, weil ein Großteil des Budgets für Lebensnotwendiges ausgegeben werden müsse – wie etwa Miete und Lebensmittel. Menschen mit weniger Einkommen könnten also schlechter auf die Preissteigerungen reagieren.

Zum anderen seien gerade jene Produkte, die bei Einkommensschwachen einen Großteil des Geldes auffressen, noch teurer geworden als andere, betont die Caritas. Beispielsweise hätten sich für Wohnung, Wasser und Energie die Preise im Jahresvergleich durchschnittlich um 9,4 Prozent erhöht – im Gesamtschnitt beträgt die Teuerung 7,2 Prozent. Auch wiege in den einkommensschwachen Haushalten schwerer, dass die Sozialleistungen wie die Familienbeihilfe nicht der Inflation angepasst werden.

Mehr Anfragen bei Beratungsstelle

Auch die Anfragen bei der Beratungsstelle Existenz und Wohnen zeigten das Problem, sagte Caritas-Direktor Walter Schmolly. Hier sei die Steigerung der Erstkontakte auffällig: Diese liege mit 384 Erstkontakten um 23 Prozent über jener des Vorjahres.

„Wir bekommen in unserer Arbeit Tag für Tag mit, wie die aktuelle Teuerungswelle auf Personen in einkommensschwachen Haushalten, insbesondere auch auf Kinder wirkt. Wir machen uns Sorgen, dass die Teuerungswelle zur Armutsfalle wird, wenn nicht entsprechend Maßnahmen gesetzt werden“, so Schmolly. "Die Auswirkungen der Teuerung sind für diese Menschen sehr vielschichtig und reichen von existenziellen Sorgen und psychischen Belastungen über die reduzierte gesellschaftliche Teilhabe bis hin zu gesundheitlichen Folgen“, so Schmolly weiter.

Stimmungsbild offenbart massiven Kostendruck

Eine Umfrage unter den Eltern der Kinder und Jugendlichen in den Caritas Lerncafés habe gezeigt, dass es über 95 Prozent dieser Haushalte deutlich schwerer falle, finanziell über die Runden zu kommen, als dies noch vor einem halben Jahr der Fall gewesen sei.

Neun von zehn Eltern berichteten demnach, dass sie größere Anschaffungen auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschieben müssten. Über 80 Prozent der Befragten blickten angesichts der Entwicklungen besorgt in die Zukunft, wenn sie an die finanzielle Situation ihrer Familie denken.

Caritas: Familienbeihilfe und Arbeitslosengeld erhöhen

Um die Situation zu entschärfen, fordert die Caritas nun Maßnahmen von der Politik. So sollten Sozialleistungen der Teuerung angepasst werden. Bei der Familienbeihilfe sei das zum Beispiel lange Zeit nicht passiert. Mit dem Geld der Familienbeihilfe könne man sich heute um 30 Prozent weniger leisten als noch vor 20 Jahren.

Eine Chance sieht die Caritas in der derzeitigen Neuregelung des Arbeitslosengeldes. Hier fordert sie einen höheren Betrag, 55 Prozent des letzten Nettoeinkommens seien eindeutig zu wenig.

Schmolly: Strukturelle Maßnahmen nötig

Schmolly betonte zudem, dass der Bund mit dem Teuerungs- und Energiekostenausgleich sowie der Erhöhung der Pendlerpauschale und der Streichung der Elektrizitätsabgabe bereits Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung gesetzt hätten. Auch das Land Vorarlberg habe mit dem Anheben des Wohnkostendeckels in der Sozialhilfe und der finanziellen Unterstützung von Mittagessen an der Schule einen Teil beigetragen.

„Damit die Teuerung zu keiner Armutsfalle wird, die die soziale Schwere in unserer Gesellschaft noch weiter öffnet, braucht es neben den Einmalzahlungen vor allem strukturelle Maßnahmen, die diese Haushalte auffangen", so Schmolly.

Fokus auf Kinder legen

Dabei müsse ein besonderer Fokus auf die Kinder gelegt werden. Die Kinderkostenstudie aus dem vergangenen Jahr habe gezeigt, welch große Lücke zwischen den Sozialleistungen und den tatsächlichen Kosten für Familien ohnehin klaffe. Hier müsse an allen verfügbaren Schrauben gedreht werden. Dazu zähle beispielsweise, dass auf Bundesebene der Familienbonus sozial gerechter gestaltet werde, so die Caritas.

Wie die Caritas hilft

  • Beratung, Überbrückungshilfe
  • Erschließung von öffentlichen Unterstützungen
  • Praktische Hilfe, wie beispielsweise der Energiesparcheck: Mit 339 Beratungen war die Nachfrage im vergangenen Jahr so hoch wie noch nie. Auf Basis einer erweiterten Kooperation mit illwerke vkw kann die Caritas nunmehr bei Energiekostenrückständen auch eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen und einen Energiesparcheck veranlassen.