Illustration zum Thema „Sozialhilfe“
BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com
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Soziales

Studie: Schlechtes Zeugnis für die Sozialhilfe

Die vor einem Jahr eingeführte Sozialhilfe hat die Situation von armutsgefährdeten Menschen verschlechtert. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Armutskonferenz, die auch Sozialarbeiter aus Vorarlberg befragt hat. Vor allem die Ungleichbehandlung von Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft habe massiv zugenommen.

Seit einem Jahr gibt es für hilfsbedürftige Menschen die Sozialhilfe – das Nachfolgemodell zur Mindestsicherung. Der länderspezifischen Ausgestaltung liegen Vorgaben des Bundes zugrunde. Allerdings gibt es Kritik an dem neuen System. Das Leistungsniveau habe sich verschlechtert, so der Tenor. Auch die Vorarlberger Sozialarbeiter zeichneten in einer Studie nun ein durchwegs schlechtes Bild von der Sozialhilfe.

Drei Viertel sehen Verschlechterung

Die Armutskonferenz hat in ganz Österreich Sozialarbeiter zur Sozialhilfe befragt. Die Ergebnisse sind ernüchternd, auch in Vorarlberg. Fast drei Viertel der Befragten sind der Ansicht, dass sich die Situation von armutsgefährdeten Menschen durch die Einführung der Sozialhilfe verschlechtert hat.

Vor allem die Ungleichbehandlung und Diskriminierung von Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft habe massiv zugenommen. Und auch bei der Wahl der Wohnform und bei Haushaltsgemeinschaften orten die Sozialarbeiter große Verschlechterungen. Aktuell beziehen in Vorarlberg rund 2.000 Familien Sozialhilfe. Das entspricht ungefähr 5.000 Menschen, die verschiedene Sozialleistungen erhalten.

Wiesflecker kann Kritik nachvollziehen

Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) kann die Kritik an der Sozialhilfe nachvollziehen. Das Land werde demnächst in den Mittagsbetreuungen das Mittagessen unterstützen. Außerdem wird sich Wiesflecker dafür stark machen, dass mehr Menschen Wohnungsbeihilfe bekommen.

Sozialhilfe löst Mindestsicherung ab

Die Sozialhilfe stellt das sogenannte dritte oder letzte Netz der sozialen Sicherung dar, das all jene auffangen soll, die ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Erwerbseinkommen, ihren Ersparnissen, durch Leistungen der Sozialversicherung (bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit, im Alter usw.) oder durch die Versorgung seitens unterhaltspflichtiger Angehöriger sichern können. Mithilfe der Sozialhilfe sollen Menschen die laufenden Ausgaben zur Sicherung des Lebensunterhalts wie auch jene fürs Wohnen abdecken, soweit ihnen das ohne die Sozialhilfe nicht möglich ist.

Mit dem neuen bundesweiten Sozialhilfe-Grundsatzgesetz wurde ein neues Leistungsrecht etabliert, das anstelle von Mindeststandards nun Höchstsätze (Maximalbeträge) vorsieht. Weiters erfolgt die Zuerkennung von Sozialhilfe verstärkt in Form von Sachleistungen (bspw. beim Wohnbedarf). Als Sachleistung gilt dabei etwa auch die Überweisung der Miete an den Vermieter.

Ausgestaltung in den Bundesländern unterschiedlich

Beim Grundsatzgesetz handelt es sich allerdings nur um die Grundlagen, diese sollten in Landesgesetzen näher ausgeführt werden. Neben einem verbindlichen Rahmen, den die Bundesländer bei der Umsetzung dieses Grundsatzgesetzes einhalten müssen, kennt das Grundsatzgesetz auch eine Reihe so genannter Kann-Bestimmungen, die den Bundesländern zahlreiche Spielräume bei der Ausgestaltung ihrer neuen Gesetze eröffnen. Vorarlberg gehörte zu den ersten sechs Bundesländern, die ein eigenes Gesetz umgesetzt haben.

Vorarlberg: Wer Sozialhilfe bekommt (Quelle: Land)

Grundsätzlich können nur jene Personen eine Leistung der Sozialhilfe erhalten, die:

  • ihren Bedarf für Lebensunterhalt, Wohnung, den Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung oder den Aufwand für die Bestattung nicht oder nicht ausreichend selbst decken können und dieser auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen gedeckt wird;
  • ihren rechtmäßigen, dauerhaften und mindestens fünfjährigen Aufenthalt im Inland haben (z.B. österreichische Staatsbürgerschaft oder Gleichstellung mit dieser, Fremde mit tatsächlichem mindestens fünfjährigem „Daueraufenthalt – EU“)
  • sowie nur über ein anrechenbares Einkommen verfügen, das den jeweiligen Satz der Sozialhilfeleistung für Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht übersteigt, kein verwertbares Vermögen haben und ihre eigenen Kräfte und Mittel im vorgesehenen Ausmaß einsetzen. Sozialhilfe wird insoweit gewährt, als Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigt werden können

Subsidiär schutzberechtigte Personen können Sozialhilfe maximal auf Höhe der Leistungen der Grundversorgung erhalten.

Bei der Gewährung der Sozialhilfe ist nach Maßgabe des Einzelfalles darauf Bedacht zu nehmen, dass bei möglichst geringer Einflussnahme auf die Lebensverhältnisse des Hilfsbedürftigen und seiner Familie sowie bei möglichst zweckmäßigem, wirtschaftlichem und sparsamen Aufwand der Hilfsbedürftige zur Selbsthilfe befähigt wird und eine gründliche und dauernde Beseitigung der Hilfsbedürftigkeit zu erwarten ist.

Sozialhilfe wird erst dann gewährt, wenn nach Einsatz der eigenen Kräfte, insbesondere der eigenen Arbeitskraft, und eigenen Mittel (Einkünfte, Vermögen) sowie Ausschöpfung vorrangiger Ansprüche der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann (Subsidiaritätsprinzip). Träger der Sozialhilfe ist das Land Vorarlberg. Die finanziellen Mittel werden vom Land zu 60 Prozent und den Gemeinden zu 40 Prozent aufgebracht.