Wallner, Zadra
APA/DIETMAR MATHIS
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Politik

Misstrauensantrag abgelehnt: Wallner bleibt im Amt

Der Landtag hat den Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) abgelehnt. Elf Abgeordnete sprachen Wallner das Misstrauen aus, 25 stimmten gegen den Antrag. Damit hat Wallner weiterhin das Vertrauen des Landtages und kann im Amt bleiben. Bereits zuvor hatte Grünen-Chefin Eva Hammerer angekündigt, dass der grüne Regierungspartner den Antrag nicht unterstützt.

Bei der namentlichen Abstimmung am Ende der Debatte stimmten elf Abgeordnete mit Ja und sprachen Wallner das Misstrauen aus. Dabei handelte es sich um die Abgeordneten der Oppositionsparteien FPÖ, SPÖ und NEOS. 25 stimmten mit Nein, also gegen den Antrag und damit zugunsten von Wallner. Dabei handelte es sich um die 17 Abgeordneten der ÖVP, die sieben Abgeordneten der Grünen sowie den parteilosen Thomas Hopfner.

Bereits zuvor hatte Hammerer die Entscheidung der Grünen bekanntgegeben, nicht gegen Wallner zu stimmen, also den Misstrauensantrag nicht zu unterstützen. Das sagte Hammerer in ihrer Rede bei der Landtagssitzung – jener Rede, auf die alle gewartet hatten. Aber auch im Falle einer Zustimmung der Grünen zum Misstrauensantrag wäre eine Entscheidung nicht klar gewesen, dann hätte gegebenenfalls der parteilose Abgeordnete Thomas Hopfner den Ausschlag gegeben.

Landtag Abstimmung
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Grüne wollen keine Neuwahl

Hammerer jedenfalls sagte, die Grünen hätten sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, wollten aber für Stabilität sorgen. "Es steht die Integrität des Amtes infrage, unser Vertrauen ist erschüttert.“ Aber als Regierungspartei sei die Aufklärung der Geschehnisse am wichtigsten. Sukzessive tauche ein Konstrukt auf, das Jahrzehnte Politik und Wirtschaft fest in der Hand gehalten habe. „Welche Politiker beteiligt sind, wissen wir nicht. Aber es geht um mehr als Markus Wallner.“ Die Justiz sei an der rechtlichen Aufarbeitung dran. Und die Politik habe mit dem Sonderlandtag damit gestartet. Lückenlose Aufklärung bekomme man nicht, wenn man einen Kopf austauscht. „Und es muss klar sein: Wenn wir dem Misstrauensantrag zustimmen, gibt es Neuwahlen.“

Diese wollten die Grünen aber nicht. Dann wäre ein Untersuchungsausschuss in weite Ferne gerückt. Aber es brauche einen U-Ausschuss im Land. „Ich habe vollstes Vertrauen in diesen Landtag.“ Dieser stehe auch kurz vor der Verabschiedung des wichtigen Parteienförderungsgesetzes, das solche Fälle in Zukunft verhindern solle. Die Verantwortung für die Krise liege allein bei der ÖVP, nicht bei den Grünen, so Hammerer weiter. Aufgabe der Grünen sei es, für Aufklärung zu sorgen. Und Wallner habe nun zwei Optionen: „Entweder er bleibt auf dem heißen Stuhl sitzen und muss zu allem Rede und Antwort stehen, was noch kommt. Oder er tritt zurück.“ Aber Hammerer stellte klar: „Wir Grüne haben uns entschieden, dem Misstrauensantrag nicht zuzustimmen.“

Wallner: Alle E-Mails abrufbar

Landeshauptmann Wallner wies im Landtag die Anschuldigungen gegen ihn erneut zurück. Nicht alles, aber den Auslöser des Misstrauensantrags wolle er noch einmal kommentieren. „Es wurde gesagt, ich sei mit persönlichen Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Die persönlichen Anschuldigungen weise ich abermals zurück.“ Da werde gesagt, „es habe an einem anonymen Ort, zu einer unbekannten Zeit im Jahr 2018, an einem unbekannten Unternehmen habe es einen Korruptionsvorfall gegeben“.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stütze sich nur auf Medienberichte. Aber das sei die Entscheidung der Behörde, mit der er eng kooperieren werde: „Ich bin mindestens so an Aufklärung interessiert wie Sie“, richtete er sich an den Landtag. Und an die Staatsanwaltschaft: „Die WKStA kann alle meine Kalenderdaten der letzten zehn Jahre haben. Alle meine E-Mails der letzten Jahre auch. Die sind alle da und für jeden verfügbar, der sie braucht. Wenn sich die Behörden dafür interessieren: Die Tür ist offen. Sie werden keinen Zusammenhang zu diesen Anschuldigungen finden.“

„Werde meine Aufgabe uneingeschränkt fortsetzen“

Wallner beschwerte sich über ein „brutales Klima der Vorverurteilungen“, das herrsche. Er wolle sich nicht auf Rechtsfragen zurückziehen. „Es geht auch darum, wie weit etwas moralisch vertretbar ist.“ Deswegen habe er von Anfang an klargemacht, dass die Vorgänge im ÖVP-Wirtschaftsbund aufgearbeitet und abgestellt werden.

Es sei gar nicht so einfach, in ein Organ wie den Wirtschaftsbund von außen einzugreifen. Aber er habe veranlasst, die Zeitung einzustellen. „Und ich habe es begrüßt, als die ersten Verantwortlichen Konsequenzen gezogen haben.“ Aber: „Das Fehlverhalten Einzelner stellt nicht den Wirtschaftsbund dar.“

Wallner ortete auf der „innerösterreichischen Ebene“, wie mit „großer Lust irgendwie auf Vorarlberg hingehaut wird“. Und er fuhr fort: „Wenn unser Bundesland in dieser Form dargestellt wird, dann muss ich sagen: Das Land hat das nicht verdient. Wir müssen uns von niemandem von außen, auch nicht von Wien aus, sagen lassen, wie es diesem Land geht und welche Maßstäbe gelte.“ Ein ganzes Bundesland werde durch den Dreck gezogen. Seine Lust am Amt habe er aber nicht verloren. „Ich werde meine Aufgabe uneingeschränkt fortsetzen. Sie werden mir die Freude nicht nehmen, auch nicht mit anonymen Anschuldigungen.“

Zadra: Nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt

Nach Wallner äußerte sich Landesrat Daniel Zadra (Grüne) zu Wort, der einen Gerätetausch des Landeshauptmannes mit einem Ansuchen um Datenlöschung an die Behörden gemeldet hatte, wie er im Landtag erneut bestätigte. Er habe versucht, „nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln“, so Zadra. Er habe für das Land und für seine Mitarbeiter gehandelt.

Er sei am 5. Mai von „ungewöhnlichen Vorkommnissen“ in Kenntnis gesetzt worden und habe gebeten, dass diese Vorkommnisse protokolliert werden. Am gleichen Tag sei er dann über die Prüfung eines Anfangsverdachts der WKStA informiert worden. Nach Rücksprache mit Juristen habe er sich entschieden, die Behörden zu informieren – „nicht mehr und nicht weniger“, eben auch zum Schutz seiner Mitarbeiter.

„Ich wollte sicherstellen, dass ausgeschlossen wird, dass irgendjemand in die Bredouille kommt, und habe versucht, nach bestem Wissen und Gewissen das Beste daraus zu machen.“ Ob es eine Löschung von Daten gegeben habe, darüber habe er keine Kenntnis. Wallner hatte am Dienstag betont, es seien keine Daten gelöscht worden. Bei dem Gerätetausch habe es sich um einen lange geplanten Routinevorgang gehandelt.

Bitschi (FPÖ): „Tatsachen liegen auf dem Tisch“

Zu Beginn der Sitzung war es FPÖ-Chef Christof Bitschi vorbehalten, als Erster hinter das Rednerpult zu treten. Er zählte auf, was seit dem Ausbruch der Affäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund bekannt ist, und endete bei „Korruptionsvorwürfen“, mit denen der Landeshauptmann konfrontiert sei. Wallner habe höchstpersönlich um Inserate geworben, so Bitschi. Er bezog sich dabei auf einen anonymen Vorwurf eines Managers. Wallner wies diese Vorwürfe mehrfach deutlich zurück und bezeichnete sie als Lüge.

„Die Tatsachen liegen auf dem Tisch, und trotzdem braucht es den Misstrauensantrag. Es ist ein Wahnsinn, dass wir überhaupt um den Misstrauensantrag abstimmen müssen“, so Bitschi weiter. Der FPÖ-Chef appellierte an Wallner, er solle noch vor dem Misstrauensantrag zurücktreten. Und er appellierte an die Grünen, dem Misstrauensantrag zuzustimmen: „Die Reden im Sonderlandtag waren offen und ehrlich. Aber am Ende müssen sie die Machenschaften decken, damit die Koalition nicht explodiert. Darum appelliere ich sehr stark an die Grünen, heute ihrem Gewissen zu folgen.“

Frühstück (ÖVP): „Tiefpunkt in der Landespolitik“

Mit ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück folgte schon die erste Verteidigungsrede. „Dass eine anonyme Anzeige zu einem Misstrauensantrag führt, ist ein Tiefpunkt in der Landespolitik“, so Frühstück: erstens, weil ein Medium – die „Vorarlberger Nachrichten“ – dieses Schreiben veröffentlicht habe, zweitens, weil die Opposition damit den Misstrauensantrag begründe gegen einen Landeshauptmann, der über zehn Jahre tadellos für das Land arbeite.

„Die Opposition wittert jetzt Morgenluft. Manche wollen alte Rechnungen begleichen“, fuhr Frühstück fort. Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den Anfangsverdacht gegen Wallner festgestellt habe, möge er zwar nicht verharmlosen. Aber: Wer das Verfahren kenne, könne es richtig abschätzen. Es könne nicht sein, dass aufgrund einer anonymen Anschuldigung ein Landeshauptmann zurücktreten müsse – zu einem Zeitpunkt, wo es erst Ermittlungen gebe, aber bei Weitem kein Urteil.

Frühstück widmete sich aber auch den neuesten Vorwürfen gegen Wallner bezüglich des Gerätetauschs. Frühstück bekräftigte im Landtag, dass es sich um einen Routinevorgang gehandelt habe. Die Optik und der Zeitpunkt seien zwar unglücklich. „Aber auch das ist ein Sturm im Wasserglas.“

Frühstück appellierte an die Grünen, sie sollten die Koalition nicht aufs Spiel setzen. „Sie hat viel Gutes für das Land gemacht und ist alternativlos.“ Und – vielleicht als Motivation für die Grünen – schloss Frühstück seine Rede mit einem Zitat des Grünen-Politikers Rudolf Anschober, in dem dieser eine neue politische Kultur für das Land gefordert hat.

Auer (SPÖ) fordert Neuwahlen: „Markus, es ist vorbei“

Manuela Auer, stellvertretende Klubobfrau der SPÖ, ging als dritte Rednerin ans Pult: Wer noch Zweifel am Misstrauensantrag habe, müsse sich spätestens nach Frühstücks Rede sicher sein. „Es geht nicht um eine anonyme Anzeige. Es geht um ein System“, meinte Auer. Aufklärung sei bitter nötig. „Es reicht nicht, wenn zwei Leute beim Wirtschaftsbund gehen. Der Landeshauptmann ist gefordert.“

Sie zählte ebenfalls alles auf, was bisher bekannt ist. Der Schaden sei angerichtet, so Auer, die ebenfalls auf Wallners Handytausch zu sprechen kam und den Vorwurf, Wallner habe die Daten löschen lassen wollen. „Stimmt es, Herr Landeshauptmann?“ Und dann brachte sie als erste Neuwahlen ins Gespräch: „Wir brauchen einen sauberen Schnitt. Wir kommen um Neuwahlen nicht umhin.“ Sie appellierte ebenfalls an die Grünen, sich noch einmal zu überlegen, wie sie sich bei der Abstimmung verhalten. Und wendete sich an Wallner: „Herr Landeshauptmann, Markus, es ist vorbei.“

Scheffknecht (NEOS): Es braucht einen Neustart

Auch Sabine Scheffknecht (NEOS) sprach von einem System. Die Klubobfrau warf Wallner vor, kein Wort des Eingeständnisses und kein Zeichen der Aufklärung zu leisten. „Das System ist am Ende“, so Scheffknecht, die mehr Menschlichkeit in der Politik forderte. Die NEOS-Chefin richtete sich an Landtagsvizepräsidentin Monika Vonier: „Letztes Mal haben Sie gesagt: Wir als Opposition würden alles zusammenmischen, was nicht zusammengehöre. Das ergebe eine giftige Mischung. Aber Sie bemerken gar nicht, dass die Zutaten für diese Mischung aus der ÖVP kommen.“

Fehler passierten, das sei keine Frage, fuhr Scheffknecht fort. „Aber was wir kritisieren, ist der Umgang mit diesen Fehlern.“ Und sie widmete sich wieder der Systemfrage: „Vertraut man jemandem an der Spitze des Systems, der nicht gewillt ist, für Aufklärung zu sorgen? Oder nicht mehr?“ Es brauche einen Neustart. „Die Frage ist: Wie ist er möglich?“ Ohne Austausch der Verantwortlichen eher nicht, so Scheffknecht. Und auch sie wandte sich an die Grünen: „Im Moment sorgen Sie dafür, dass dieses Altsystem weiter stabil bleibt. Sie können heute entscheiden, ob Sie zu Ihren Werten stehen.“ Und: „Wir alle können heute entscheiden, wie es weitergehen soll.“

1992: Misstrauensantrag gegen Purtscher

Nach Purtscher ist Wallner der zweite Landeshauptmann Vorarlbergs, der sich einem Misstrauensantrag stellen musste. 1992, also vor 30 Jahren, war der Antrag gegen Purtscher von ÖVP und FPÖ abgelehnt worden.

Der schlimmste Fall für Wallner wäre gewesen, dass er seinen Schreibtisch als Landeshauptmann heute hätte räumen müssen. Das wäre dann der Fall gewesen, wenn der Misstrauensantrag angenommen worden wäre, also mindestens 19 von 36 Stimmen bekommen hätte. In diesem Fall wäre die Vertretungsregel angewendet worden, das heißt, Statthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) wäre die erste Landeshauptfrau Vorarlbergs geworden.