Markus Wallner
APA/DIETMAR STIPLOVSEK
APA/DIETMAR STIPLOVSEK
Chronik

WKStA ermittelt jetzt gegen Wallner

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ein Ermittlungsverfahren gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) eingeleitet. Das bestätigte die WKStA auf ORF-Anfrage. Es werde gegen ihn wegen des Verdachts der Vorteilsnahme ermittelt.

Auch der ehemalige Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser und sein Nachfolger, der derzeitige Landesrat Marco Tittler (beide ÖVP), werden als Verdächtige geführt. Gegen sie wird wegen des Verdachts der Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB) ermittelt, gegen Wallner wegen des Verdachts der Vorteilsnahme (§ 305 StGB). Konkret heißt das: Waller könnte versucht haben, als Amtsträger für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften Vorteile zu fordern, Rüdisser und Tittler könnten solche Vorteile angenommen haben. Für alle drei gilt die Unschuldsvermutung.

Ermittlungen gegen Landeshauptmann Wallner

Zum einen hat die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sie jetzt offiziell gegen Wallner ermittelt und zwar wegen Vorteilsnahme. Wallner soll ja für ein Wirtschaftsbund-Inserat geworben und dafür eine Gegenleistung angeboten haben. Zum anderen sorgt auch noch Wallners Handy für Aufregung – es sollte nämlich gelöscht werden.

WKStA sieht Anfangsverdacht erhärtet

Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass die WKStA untersucht, ob in der Vorarlberger ÖVP-Wirtschaftsbund-Affäre ein Anfangsverdacht gegen Wallner und die Landesräte Rüdisser (bis 2019) und Tittler (seit 2019) vorliegt und ob sie zuständig ist. Nun sah sie den Anfangsverdacht erhärtet und leitete das Ermittlungsverfahren ein. Damit kann die WKStA theoretisch auch das Handy von Wallner sicherstellen.

Hintergrund der Ermittlungen seien „im Wesentlichen medial bekanntgewordene Vorwürfe gegen Amtsträger in Vorarlberg rund um das Anwerben von Inseraten für die Wirtschaftsbund-Zeitung unter Inaussichtstellung von Gegenleistungen bzw. die Annahme von Vorteilen“, teilte die WKStA mit. Nähere Angaben zu verdächtigen Personen bzw. zu einzelnen weiteren Ermittlungsmaßnahmen werden derzeit im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht gemacht.

Opposition fordert Wallners Rücktritt

Die Oppositionsparteien sind sich nach den jüngsten Entwicklungen in dieser Sache jedenfalls einig: Wallner muss zurücktreten.

Wallner begrüßt Verfahren im Sinne der Aufklärung

Wallner äußerte sich bereits zu dem Ermittlungsverfahren. Er sehe darin die Möglichkeit, dem „politischen Hochschaukeln einer glatten Lügengeschichte gegen meine Person ein Ende zu setzen“. Er habe nie ein Inserat verhandelt oder verkauft, auch keine Gegenleistung. „Das möchte ich ein für alle Mal klarstellen und ich weise die anonymen Unterstellungen gegen mich auf das Schärfste zurück.“

Er gehe davon aus, dass die anonymen Vorwürfe im Zuge des Ermittlungsverfahrens personalisiert werden. Nur so sei es möglich, die Anschuldigungen zu entkräften, so Wallner, der den Behörden die volle Kooperation bei der Aufklärungsarbeit zusicherte. Wallner schloss auch den Rechtsweg gegen „diese falschen Unterstellungen“ nicht aus.

„Wir haben mittlerweile Akteneinsicht bekommen, und daraus entnehme ich, dass die Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Medienmeldungen, Zeitungsberichte sind“, so Wallner. „Nicht einmal das Vorlegen der Erklärung, sondern bisher sind es Zeitungsberichte. Und aufgrund von Zeitungsberichten wird jetzt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das muss ich wohl zur Kenntnis nehmen.“

Analyse von Gerd Endrich (ORF)

Chefredakteur Gerd Endrich über die Lage innerhalb der ÖVP-Vorarlberg.

„Verfügungsmittel für Veranstaltungen“

Ein namentlich nicht genannter Unternehmer hatte laut „Vorarlberger Nachrichten“ in einer eidesstattlichen Erklärung behauptet, Wallner habe um Inserate für die ÖVP-Wirtschaftsbund-Zeitung geworben und auch Gegenleistungen in Aussicht gestellt.

Bei Rüdisser und Tittler geht es vor allem um Belege aus der Steuerprüfung. Diese Belege zeigen geringe Beträge, die vom Wirtschaftsbund an Tittler und Rüdisser geflossen sind. Beide geben an, es habe sich dabei um Verfügungsmittel für Veranstaltungen gehandelt, wofür Kosten übernommen worden seien.

Landesrat Zadra informierte Behörden über Löschansuchen

Unter Druck geriet Wallner am Dienstag zusätzlich durch den kürzlich erfolgten Austausch seiner elektronischen Geräte – in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Prüfung des Anfangsverdachts durch die WKStA. Daniel Zadra (Grüne) als Wallners Regierungspartner hielt dazu auf APA-Anfrage fest, dass er als Mitglied der Landesregierung auch für die IT-Abteilung des Landes verantwortlich sei.

Als Vorgesetzter dieser Abteilung sei er über den Wunsch einer Löschung von Daten auf Geräten aus dem Büro des Landeshauptmanns informiert worden. Nach Rücksprache mit Juristen habe er diese Information an die Behörden weitergegeben und damit seine Verantwortung wahrgenommen, so Zadra. Es liege an Landeshauptmann Wallner, nun zu erklären, weshalb er die Daten seiner dienstlichen Geräte löschen lassen wollte, und auch hier für volle Transparenz zu sorgen, sagte der grüne Landesrat.

Wallners Büro: Daten nicht gelöscht

Wallner erklärte am Dienstagvormittag, es seien keine Daten gelöscht worden. Auch Sprecher Simon Kampl erklärte zuvor, dass Wallner zwar ein neues Handy und ein neues Tablet erhalten habe, Handydaten seien aber keine gelöscht worden. Die elektronischen Geräte zu ersetzen sei „seit Längerem vorgesehen gewesen“. Das alte Mobiltelefon sei nicht zurückgesetzt worden und befinde sich weiterhin beim Landeshauptmann, unterstrich Kampl.

Das neue Tablet sei bereits am 13. April geliefert worden, am 19. April habe die Landes-IT die Synchronisation (Kalenderdaten, E-Mail, Kontakte etc.) vorgenommen und das Gerät an Wallner übergeben. Das alte Tablet sei ordnungsgemäß zurückgesetzt worden.

Wallner muss sich Misstrauensantrag stellen

Wallner muss sich am Mittwoch im Landtag einem Misstrauensantrag stellen. Diesen hat die Opposition – FPÖ, SPÖ und NEOS – vor zwei Wochen eingebracht. Für die Oppositionsparteien stand am Dienstag jedenfalls fest, dass „Landeshauptmann Wallner gehen muss“ (SPÖ-Parteichefin Gabriele Sprickler-Falschlunger), „und das noch heute“ (NEOS-Chefin Sabine Scheffknecht).

Den Gerätetausch als Routine zu bezeichnen sei dreist. Wallner versuche, die Menschen in Vorarlberg für dumm zu verkaufen, hielten sie unabhängig voneinander fest. Der Vorfall reihe sich in eine Vielzahl an Skandalen ein, die Wallner und die Vorarlberger Volkspartei derzeit am laufenden Band produzierten.

Auch FPÖ-Landeschef Christof Bitschi forderte Wallner zum Rücktritt auf. Sowohl die Aufnahme von Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Wallner als auch der Austausch dessen elektronischer Geräte zeige, „wie tief der Landeshauptmann im Sumpf" stecke, so Bitschi. Wallner lehnte am Dienstag erneut einen Rücktritt ab: „Das wird auch so bleiben, denn auf Grundlage von anonymen Anschuldigungen steht aus meiner Sicht definitiv kein Rücktritt an.“

Thema auch im Korruptionsausschuss

Auch im ÖVP-Korruptionsausschuss in Wien waren die Vorgänge in Vorarlberg am Dienstag ein Thema: Während die Opposition nicht glauben will, dass es sich beim Gerätetausch um einen „Routineakt“ gehandelt habe, sah ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger einen „ganz normalen Vorgang“. Das passiere in Landesregierungen „sehr oft“. Auch er, Hanger, lösche seine Daten laufend. Kritik übte er daran, dass die Information der Vorerhebungen der WKStA zu Wallner den Weg an die Medien gefunden habe.

Für NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper sind die Vorgänge alles andere als üblich. „Wenn die Kommunikation beruflich ist, ist das nicht zu löschen, beruflich ist beruflich.“ In die gleiche Kerbe schlug auch SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Es sollte in Österreich nicht üblich sein, dass Politiker ihre Daten schreddern, weil sie Angst haben, in politische Schwierigkeiten zu kommen, wenn die Daten an die Öffentlichkeit gelangen.