Staatsanwaltschaft Feldkirch
ORF Vorarlberg
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Politik

Wirtschaftsbund wird Fall für Justiz

Die Steuerermittlungen im ÖVP-Wirtschaftsbund haben die Staatsanwaltschaft Feldkirch erreicht. Wie diese dem ORF Vorarlberg bestätigte, liegt eine Anzeige der Steuerprüfer nun vor. Die Anzeige richtet sich gegen mehrere Personen und wird nun geprüft. Es geht um den Verdacht der Abgabenhinterziehung.

Auch gegen den Wirtschaftsbund als Organisation laufen Untersuchungen, bestätigte die Staatsanwaltschaft Feldkirch. Zudem sei eine anonyme Anzeige gegen den ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler eingegangen.

Inseratenaffäre ist Fall für Justiz

Die Inseraten-Affäre im Wirtschaftsbund wird jetzt auch ein Fall für die Justiz. Das Ergebnis der Steuerprüfung liegt zwar noch nicht vor, aber die Finanzbehörde hat eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht.

Vorgeschichte: Inseratenpraxis des Wirtschaftsbundes

Damit erreicht die Diskussion über die Inserate im Wirtschaftsbund einen weiteren vorläufigen Höhepunkt. Sie begann im Herbst 2021, als die Inseratenpraktiken des Wirtschaftsbund-Magazins in den Fokus der Öffentlichkeit gelangten. Für Aufregung sorgte, dass auch mit Geld aus den Innungen der Kammer inseriert wird und dass Geld an die Landes-ÖVP fließt.

Im Mittelpunkt der Kritik damals standen Wirtschaftsbund-Direktor Kessler und dessen Verquickung mit dem Unternehmen Mediateam, das wiederum Inserate für die Wirtschaftskammer-Zeitungen verkauft. Kessler übergab darauf seine Anteile an Mitinhaber Russmedia. Doch die Sache beruhigte sich nicht, sondern das Gegenteil passierte.

Gleichzeitig erreichte die Diskussion die Landes-ÖVP. Die Frage, wie viel Geld vom Wirtschaftsbund an die Landespartei geflossen ist, wurde diskutiert. Parteichef und Landeshauptmann Markus Wallner sprach mehrfach von 900.000 Euro. Die Landtagsopposition überlegte zunächst, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Aus Furcht vor mangelnden Ergebnissen entschieden sich FPÖ, SPÖ und NEOS für einen Sonderlandtag. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss im Nationalrat forderte vom Finanzministerium Akten zur Causa an.

Diese Akten zeigten schließlich die wahre Dimension der Causa (ORF Vorarlberg und „Der Standard“ berichteten exklusiv). Die Steuerschuld könnte bis zu 1,3 Millionen Euro betragen. Es geht um Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Steuer auf Zuwendungen an die Landespartei. Und diese Zuwendungen könnten nicht 900.000 Euro ausmachen, sondern bis zu 1,5 Millionen Euro.

Das Finanzamt rechnet nämlich Geldflüsse an Gemeindegruppen und bezahlte Veranstaltungen dazu. Auch Quittungen mit kleinen Beträgen an den ehemaligen Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (zehnmal 500 Euro in vier Jahren) und den aktuellen Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (einmal 1.000 Euro) wurden bekannt. Und es wurde öffentlich, dass sich die ehemaligen Geschäftsführer (Direktoren genannt) ein Darlehen oder eine Lebensversicherung aus Wirtschaftsbund-Geld bezahlt haben sollen.

Als die „Vorarlberger Nachrichten“ schließlich eine eidesstattliche Erklärung anonymisiert veröffentlichten, in der Landeshauptmann Wallner persönlich vorgeworfen wird, Gegenleistungen für Inserate angeboten zu haben, forderte die Opposition geschlossen Wallners Rücktritt. Ein Sonderlandtag wurde einberufen. Nun ist die Justiz an der Reihe.

Was bedeutet das jetzt?

Die Staatsanwaltschaft muss jetzt prüfen, ob eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, erklärt Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien. „Sind es weniger als 100.000 Euro, die an Steuern nachzuzahlen sind, bleibt es ein verwaltungsbehördliches Verfahren“, fährt er fort. Liegt der Betrag drüber, ist es ein Finanzstrafverfahren und die Staatsanwaltschaft ist dafür zuständig. Wie berichtet dürften sich mögliche Steuernachzahlungen bei einem Betrag über einer Million Euro befinden. Die ÖVP hat Zahlen, die etwas darunter liegen, aber ebenfalls weit über 100.000 Euro.

Ein weiterer Aspekt, der jetzt geprüft wird, ist die Frage, ob Vorsatz vorliegt. Also ob vorsätzlich Steuern nicht bezahlt worden. Die Finanzbehörde sieht zumindest bei den Steuern auf die Zuwendung an die Landespartei die Möglichkeit. Sollte der Verdacht bestehen bleiben, ist es ein Fall für die Staatsanwaltschaft, sagt Kert. Es kann sich auch erst während den laufenden Ermittlungen herausstellen, dass kein Vorsatz vorliegt. Auch dann könnte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wieder einstellen und abgeben.

Die Höhe einer möglichen Geldstrafe bemisst sich an der Höhe der nachzuzahlenden Steuern. Die Strafe könnte noch einmal diesen Betrag ausmachen. Im Einzelfall sind sogar Haftstrafen möglich. Laut der Tageszeitung „Standard“ steht auch der Verdacht der Geldwäsche im Raum. Die Untersuchungen führt so oder so die Finanzstrafbehörde, also das Finanzamt, durch. Bei einem Verwaltungsverfahren in Eigenregie, bei einem Strafverfahren unter Leitung der Staatsanwaltschaft.