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Welcher Landesrat wie viel für Spesen ausgibt

Der Kaffee beim Wirtschaftslandesrat wird nun nicht mehr vom Wirtschaftsbund übernommen – die Rechnung übernimmt nun das Land, wie auch bei den anderen Landesräten. Den Regierungsmitgliedern steht Geld zur Verfügung für Kleinigkeiten, die Spesenabrechnungen der Politiker fallen unterschiedlich aus.

Laut Landespressestelle erhielten die Vorarlberger Regierungsmitglieder pro Jahr 4.000 bis 6.600 Euro als „Verfügungsmittel“ zum Beispiel für Blumenspenden, Ehrenkarten, Trinkgelder oder kleine Umtrunke. Am meisten Geld sei für Vereinsspenden verwendet worden.

ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner gab im Vorjahr 6.600 Euro aus, Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) 100 Euro weniger. Die anderen Landesräte benötigten weniger als 5.000 Euro. Am sparsamsten war Landesrat Christian Gantner, er gab 4.300 Euro aus. Für alle Ausgaben müssen Belege vorgelegt werden.

Ausgaben 2021:
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP): 6.638,84 Euro
LSth. Barbara Schöbi-Fink (ÖVP): 6.497,08 Euro
Landesrat Johannes Rauch (Grüne): 4.859,70 Euro
Landesrätin Kathrina Wiesflecker (Grüne): 4.758,94 Euro
Landesrat Christian Gantner (ÖVP): 4.306,15 Euro
Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP): 4.613,54 Euro
Landesrat Marco Tittler (ÖVP): 4.867,84 Euro

Verfügungsmittel stehen den Regierungsmitgliedern zu

Wie im Landesvoranschlag vorgesehen ist (wird vom Landtag beschlossen), stehen Regierungsmitgliedern Verfügungsmittel für durch Belege nachgewiesene Ausgaben zur Verfügung. Diese Belege werden von der Abteilung Regierungsdienste kontrolliert. Diese Verfügungsmittel dienen „zur Deckung der Aufwendungen, die sich aus der Führung des Amtes des verfügungsberechtigten Organs ergeben, wie z.B. Aufwendungen für Ehrenkarten, Spenden, Trinkgelder, Blumenspenden, kleine Einladungen sowie sonstige Spenden und Gaben als karitative Zuwendungen“. Der Großteil der Ausgaben bei den Verfügungsmitteln des Landeshauptmannes wird für Vereinsspenden verwendet.

Kaffeegeld vom Wirtschaftsbund „nicht problematisch“

Experten sehen es nicht als sonderlich problematisch an, dass der Wirtschaftsbund die Kaffeerechnung der Wirtschaftslandesräte bezahlt hat. Parteifinanzierungsexperte Hubert Sickinger meint, dass es zwar verwunderlich sei, aber er stellt die Frage, wieso der Wirtschaftsbund einen seiner höchsten Funktionäre anfüttern sollte.

Es gebe wesentlich heiklere Sachen in der Wirtschaftsbund-Affäre, so Sickinger weiter: „Die eigentlich heiklen Sachen sind ja doch die Einnahmen aus den Inseraten und wie die generiert worden sind – und wer die Inseratenaufträge abgewickelt hat und all das. Und ob der Landeshauptmann auch nachgeholfen hat. Das ist der Kern der Affäre.“

Fiedler: „Man sollte solche Dinge unterlassen“

Und Anti-Korruptionsexperte Franz Fiedler betont ebenfalls, dass es bei diesem Betrag der Kaffee-Spesen keine strafrechtlichen Probleme geben dürfte: „Es ist nicht davon auszugehen, dass, wenn der Wirtschaftsbund einem Landesrat den Kaffee oder Süßigkeiten zahlt, dass damit eine echte Bestechung verbunden ist.“

Allerdings sieht er solche Zahlungen im Grundsatz kritisch. "Alle diese Dinge, die vor einigen Jahren noch durchaus als lässliche Sünde gegolten haben, sollten nun angesichts der größeren Sensibilisierung vermieden werden. Man sollte solche Dinge unterlassen“, so Fiedler.

„Angesichts der zahlreichen Verfehlungen, die es auf verschiedenen regionalen Ebenen gegeben hat, egal ob Bund, Land oder Gemeinde“, solle man sehr vorsichtig sein, und mit solchen Dingen überhaupt nicht mehr anfangen. Und "wenn man mal seinerzeit angefangen hat, als Sensibilität nicht so hoch war, sollte man damit aufhören“, so Fiedler weiter.

Land zahlt „Bürokaffee“

Die Kosten für den „Bürokaffe“ im Landhaus sind bei den Verfügungsmitteln nicht dabei, die werden aber ebenfalls vom Land bezahlt. Jetzt auch beim Wirtschaftslandesrat, bisher wurden die Kosten für Kuchen und Süßes in dessen Büro vom Wirtschaftsbund übernommen – mehr dazu in Landesräte müssen Kaffee jetzt selbst zahlen (vorarlberg.ORF.at). Übrigens: Laut Unterlagen der Steuerbehörden, die dem ORF vorliegen, bezahlte der Wirtschaftsbund allein in den Jahren 2017 und 2018 jeweils rund 2.000 Euro Rechnungen für Kaffee im Landhaus.

Experte: Compliance-Regeln für Politiker

Martin Kreutner, früherer Leiter der internationalen Antikorruptionsakademie, nahm in der „Zib2“ am Dienstag Stellung zum angekündigten Entwurf für die neuen Regeln zur Parteifinanzierung. Er bezeichnete diesen als einen „Schritt in die richtige Richtung“, wies aber auf einige Lücken hin. So sollten Wähler schon im Wahlkampf sehen können, woher eine Partei Spenden bekommt.

Auch mit Blick auf den Vorarlberger Wirtschaftsbund regte Kreutner an, dass sich die Politiker Compliance-Regeln auferlegen sollten – wie es der Gesetzgeber für die Privatwirtschaft ja vorgeschrieben habe. Dies gelte auch angesichts der Vorarlberger Inseratenaffäre – wo Kreutner „nur hofft, dass es wirklich zu einem Kulturwandel kommt“.

„Anfütterung mit Kaffee und Kuchen“

Positiv sei, dass immerhin, wie am Dienstag bekannt wurde, Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die Praxis abgestellt habe, dass der Wirtschaftsbund Kaffee und Kuchen für das Büro des Wirtschaftslandesrates finanzierte. Das sei „ein gutes Beispiel wie Anfütterung passiert, mit Kaffee und Kuchen“, schmunzelte Kreutner.

Der Mitinitiator des Antikorruptions-Volksbegehrens geht davon aus, dass die in Vorarlberg nun sichtbar gewordenen „Modi Operandi“ nicht nur in einer einzelnen Partei, sondern auch in breiteren Kreisen vorkommen – und dass hier auch „andere Bundesländern noch ihre Hausaufgaben zu lösen haben“.