Quagga-Muscheln Nahaufnahme
SWR
SWR
Tiere

Rotaugen gegen Quaggamuscheln

Die eingeschleppte Quaggamuschel breitet sich rasant im Bodensee aus, gefährdet den Fischbestand und setzt sich in der Trinkwasserversorgung fest. Fischereiforscher haben nun herausgefunden, dass bestimmte Fischarten wie Rotaugen die Ausbreitung zumindest stellenweise verlangsamen könnten. Ein Problem dabei sind aber die Kormorane.

Quaggamuscheln bevölkern inzwischen den gesamten Bodensee. Da wo die eingewanderten Muscheln siedeln, ist der See zwar klarer, aber die Fische haben kein Plankton und keine Algen mehr als Futter – weil die Muscheln diese aus dem Wasser filtern. Forschende haben deshalb zwei Jahre lang untersucht, ob es nicht auch Fische gibt, die die Muschel als Beute wollen.

„Rotaugen mögen Muscheln“

Rotaugen kämen da zum Beispiel in Frage, erklärt Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen: „Rotaugen mögen Muscheln, die können mit ihren Schlundzähnen die Muscheln knacken. Sie gehen unten an den Grund, nehmen die Muschel auf, knacken und fressen sie.“

Fische allein reichen nicht aus

Im Magen von Rotaugen und Karpfenfischen haben die Wissenschaftler die Muscheln entdeckt. Eine Lösung für die Quagga-Invasion könnten die Fische aber nicht sein: „Das wird nicht reichen. Die Quagga-Muschel gibt es im ganzen See und sie wird sich weiter ausbreiten. Aber regional könnten die Fische, wenn sie gefördert werden, in gewisser Weise die Muscheln eindämmen.“

Fotostrecke mit 6 Bildern

Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen auf einem Fischerboot mit einem gefangenen Rotauge
SWR
Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen auf einem Fischerboot mit einem gefangenen Rotauge
Der Grund des Bodensees ist an manchen Stellen mit Quagga-Muscheln übersät
SWR
Der Grund des Bodensees ist an manchen Stellen mit Quagga-Muscheln übersät
Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen im Labor mit Teilen von Muscheln aus den Bäuchen von Rotaugen und Karpfenfischen
SWR
Fischereiforscher Jan Baer im Labor mit Teilen von Muscheln aus den Bäuchen von Rotaugen und Karpfenfischen
Kormorane am Bodenseeufer
SWR
Kormorane am Bodenseeufer – sie haben wiederum die Rotaugen zum Fressen gern
Kormorane auf Bäumen am Bodenseeufer
SWR
Rund 4.000 Kormorane siedeln im Sommer am Bodensee und fressen jede Menge Fische, die sonst z.B. auch Quagga-Muscheln vertilgen würden
Quagga-Muscheln Nahaufnahme
SWR
Die Quagga-Muschel wurde 2016 zum ersten Mal am Bodensee nachgewiesen und sich seither rasant ausgebreitet

Kormorane dezimieren Fischbestand

Ein Problem dabei sind aber die knapp 4.000 fischfangenden Kormorane, die im Sommer am Bodensee siedeln. Sie lieben die Rotaugen und Karpfenfische – die dann fehlen, um Muscheln zu vertilgen. Den Forschenden bleibt also wenig Hoffnung, meint Baer: „Ansonsten wird die Muschel den Bodensee umkrempeln. Das ganze Nahrungsnetz wird sich ändern.“

Muschel bereitet auch Trinkwassernetz Sorgen

Der kleinen Einwanderin ist also einfach nicht beizukommen, auch wenn die Forscher sich redlich bemühen. Denn die aus dem Schwarzen Meer eingeschleppte Muschel bereitet zum Beispiel auch den Trinkwasserversorgern am Bodensee Probleme.

Die 2016 erstmals im Bodensee festgestellte Muschel setzt sich in den Trinkwasserspeichern und dazugehörigen Ansaugrohren fest. Darin fühlen sich die Muscheln besonders wohl, weil feinster Plankton an ihnen vorbeigesaugt wird – quasi „Essen auf Rädern“ für die sich extrem schnell ausbreitenden Neuankömmlinge.