Die geplante Streckenführung der S18 würde durch den Tunnel nicht überflüssig
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S18: Diepoldsau-Variante zu wenig geprüft

Der ehemalige Verkehrsplaner und Stadtrat Franz Schwerzler ist der Ansicht, das Land habe eine Autobahnverbindung bei Diepoldsau nicht ausreichend untersucht. Im Samstag-Interview von ORF Radio Vorarlberg übt er auch Kritik an der Ostumfahrung von Lustenau, die derzeit im Umweltministerium noch einem geprüft wird.

Die Geschichte der S18 ist keine Erfolgsgeschichte – das kann man wohl behaupten, wenn nach mehr als 30 Jahren Planung noch kein Meter gebaut ist. Die größten Rückschläge waren die Aufhebung der bereits genehmigten Trasse durchs Ried und dann das Aus für die Nachfolgelösung, auf die man sich in einem achtjährigen Planungsverfahren geeinigt hatte.

Die Alternative zur Alternative ist jetzt die Ostumfahrung von Lustenau, auch CP-Variante genannt. Sie wird derzeit im Umweltministerium noch einmal geprüft. Für den ehemaligen Verkehrsplaner im Landhaus und Feldkircher Stadtrat Franz Schwerzler (ÖVP) hat aber auch diese Variante deutliche Schwächen.

ORF Vorarlberg: Es wird immer noch sehr viel über die S18 diskutiert. In Wien im Ministerium wird geprüft, ob es Alternativen zur offiziellen CP-Variante rund um Lustenau gibt. Sie als langjähriger Verkehrs-Stadtrat und Verkehrsplaner sagen, die S18-Trasse, so wie sie derzeit vorliegt, ist nicht die Beste – Diepoldsau wäre besser.

Schwerzler: Ja, zum einen sehe ich die Variante CP schon sehr kritisch und es wundert mich auch nicht, dass es breiten Widerstand gegen diese Lösung gibt – eine neue Autobahn, die auf mehrere Kilometer in Lustenau am Ortsrand verläuft. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass man auf diesem Weg in absehbarer Zeit zu einer Lösung kommt.

ORF Vorarlberg: Sie haben auch schon die Variante Diepoldsau als Verbindung der Autobahnen ins Spiel gebracht. Das haben viele andere natürlich auch. Aber worin sehen Sie da denn grundsätzlich den Vorteil?

Schwerzler: Zunächst sind im mittleren Rheintal ja die Autobahnen nicht einmal zwei Kilometer voneinander entfernt. Gleichzeitig wird schon seit vielen Jahren nach einer Umfahrung für die stark belastete Gemeinde Diepoldsau gesucht. Da wäre es naheliegend, der Frage nachzugehen, ob es für die beiden Funktionen, nämlich eine Spange zwischen den Rheintal-Autobahnen und eine Umfahrungsstraße für Diepoldsau, nicht eine Lösung gibt, die beides abdeckt.

ORF Vorarlberg: Von Seiten der Vorarlberger Landesregierung wird immer wieder behauptet, die Verbindung bei Diepoldsau hätte nur eine lokale Bedeutung und könnte niemals die Verbindung der Autobahnen erfüllen, wie sie zum Beispiel weiter nördlich gegeben wäre, und man habe sie x-mal geprüft.

Schwerzler: Das sehe ich nicht so. Natürlich ist vieles untersucht worden, manches aber auch nicht. Und dass eine Spange bei Diepoldsau nur lokal entlastet, das stimmt nicht einmal, wenn die Spange isoliert gesehen wird. Und es gilt erst recht nicht für Kombinationslösungen.

Es wäre etwa durchaus möglich, den grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr auf dieser Spange zu bündeln und Lustenau damit komplett vom Lkw-Verkehr zu entlasten. Für mich gehört aber auch eine Anbindung aus dem Raum Rheintal, aus dem nördlichen Teil von Lustenau, dem südlichen Teil von Hard zur Autobahn und Richtung Dornbirn dazu.

Hier ein landschaftsökologisches Konzept zu entwickeln, das für diesen Korridor einerseits eine tauglichere L41 beinhaltet, gleichzeitig aber Renaturierungs- und Ausgleichs-Maßnahmen für den Naturschutz vorsieht – ein solcher Ansatz wäre es aus meiner Sicht zumindest wert, geprüft zu werden. Naheliegend sehe ich dort zum Beispiel eine Lösung in Verbindung mit einer großzügigen Renaturierung der Dornbirner Ache, die vom Bereich Senderbrücke abwärts praktisch in einen Kanal übergeht.

ORF Vorarlberg: Der Naturschutz spielt natürlich auch bei der Verbindung Diepoldsau eine Rolle – da ist die Querverbindung von der Schweiz nach Vorarlberg ja nur zwei Kilometer lang. Und dennoch gibt es da massive Bedenken der Naturschützer. Ist das aus Ihrer Sicht nachvollziehbar?

Schwerzler: Vielleicht bräuchten wir eine breitere, eine grundsätzlichere Diskussion zum Naturschutz – zur Frage, ob der Naturschutz, so wie er derzeit bei uns praktiziert wird, als statisch konservierender Biotopschutz – ob dieser Naturschutz den Herausforderungen gerecht wird? Da gibt es auch fachlich sehr unterschiedliche Zugänge.

ORF Vorarlberg: Heißt das bezogen auf den Naturschutz, die Naturschützer sollten eigentlich das große Ganze stärker gewichten als einzelne, vielleicht auch massivere Eingriffe in die Natur?

Schwerzler: Für mich geht es hier in erster Linie um Fragen der Verhältnismäßigkeit. Natürlich ist es gut, dass Eingriffe in Naturschutzgebiete und erst recht in Natura-2000-Gebiete nur auf der Grundlage strenger Verträglichkeitsprüfungen zulässig sind. Aber wenn die Berücksichtigung von Naturschutzinteressen letztlich dazu führt, dass mit Milliardenaufwand Biotope umgangen oder unterfahren werden, dann stimmt für mich etwas nicht mehr.